Das „letzte Wort“ hat in solch einem Fall mal nicht der verschreibende Arzt, sondern der Apotheker. Er allein – als letzte Kontrollinstanz in der Arzneimittelversorgung und weil er die hierzu notwendige pharmazeutische Kompetenz besitzt – beurteilt die Plausibilität der Rezeptur und entscheidet über ihre Herstellung.
Vor einer abschließenden Beurteilung ist oft aber eine Rücksprache mit dem verordnenden Arzt sinnvoll. Es ist ja zum Beispiel durchaus möglich, dass Abweichungen (etwa eine höhere Dosierung) für den betreffenden Patienten indiziert sind und die Rezeptur für diesen individuellen Fall dann doch plausibel ist. Es gibt aber auch Fälle, bei denen der Apotheker den Arzt nicht kontaktieren muss: Laut § 7 ApBetrO ist der Apotheker bei der Wahl der Ausgangsstoffe, die keine eigene arzneiliche Wirkung haben und die arzneiliche Wirkung nicht nachteilig beeinflussen können, nämlich frei. So bedürfen beispielsweise Pufferzusätze oder der Austausch der Grundlage nicht zwangsläufig einer Rücksprache beziehungsweise Zustimmung des Arztes. Die Apotheke hat also teilweise die Möglichkeit, eine zunächst unplausible Rezeptur eigenverantwortlich zu „heilen“.
Die grundsätzliche Pflicht des Apothekers, Verschreibungen in angemessener Zeit – das heißt in der Regel unverzüglich – auszuführen (Kontrahierungszwang, § 17 ApBetrO), greift im Falle einer unplausiblen Rezeptur also nicht.
Uns liegt eine Rezeptur vor, die uns nicht plausibel erscheint. Nach Rücksprache mit dem Arzt weigert sich dieser, die Rezeptur zu ändern beziehungsweise eine Alternative zu verordnen – wir sollen die Rezeptur einfach genau so herstellen und dem Patienten geben. Aber sind wir dazu gezwungen, wenn der Arzt auf seiner Verordnung beharrt? Besteht ein Kontrahierungszwang?
Antwort:
Die Rechtslage ist in solch einem Fall ziemlich eindeutig: Eine nicht plausible Rezeptur darf nicht hergestellt werden. Das Arzneimittelgesetz (AMG) enthält nämlich nicht nur ein Abgabeverbot für bedenkliche Arzneimittel (§ 5 AMG), sondern auch für alle „Arzneimittel oder Wirkstoffe, die durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind“ (§ 8 AMG). Als eine nicht unerhebliche Qualitätsminderung kann die gemeinsame Verarbeitung von inkompatiblen Stoffen oder zum Beispiel auch der Wirkstoffeinsatz außerhalb des rezeptierbaren pH-Bereichs verstanden werden. Eine solche Rezeptur darf daher nicht hergestellt und in Verkehr gebracht werden. Eine ärztliche Bestätigung der Rezepturverordnung beziehungsweise sein erklärter Wille zur Herstellung dieser ändert nichts am Herstellungs- und Abgabeverbot.