Retardarzneimittel
Austauschbarkeit von Retardarzneimitteln
Retardarzneimittel werden in der Leitlinie „Gute Substitutionspraxis“ der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft e.V. unter den Darreichungsformen genannt, für die eine Substitution als kritisch zu beurteilen ist.
Es gibt verschiedene pharmazeutisch-technologische Wege, eine verlangsamte Wirkstofffreisetzung zu erzielen, z. B. mit Retardtabletten, -kapseln, -granulaten oder dragees. Retardarzneimittel haben aufgrund ihrer komplexen Galenik ein sehr spezifisches Freisetzungs- und Resorptionsverhalten. Bezüglich einer Arzneimittelsubstitution ist hier Vorsicht geboten. Verschiedene Retardformen gelten laut der Großen Deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) und der Anlage 7 der Arzneimittelrichtlinie als austauschbar. Dabei unterscheiden sie sich in ihren biopharmazeutischen Eigenschaften oft erheblich. Beispielsweise sind bei vielen Wirkstoffen Kapseln, Tabletten, Lutschtabletten oder auch Brausetabletten untereinander austauschbar.
Pharmazeutische Bedenken bei Retardarzneimitteln
Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft e.V. empfiehlt für eine Einstufung, ob eine Darreichungsform austauschbar im Sinne der Aut-idem-Substitution ist, Folgendes: Die Präparationen sollten in demselben Aggregatzustand zur Anwendung kommen (z. B. orale Lösungen und – aufgelöste – Brausetabletten). Die Präparationen sollten auf demselben Applikationsweg (z. B. oral, rektal, nasal) angewendet werden. Die Präparationen sollten analoge (z. B. schnell freisetzende) biopharmazeutische Eigenschaften aufweisen. Bei der Substitution auf eine andere Arzneiform ist dies daher genau zu prüfen, um relevante Unterschiede in der Bioverfügbarkeit zu vermeiden. Der Arzt kann eine Arzneimittelsubstitution verhindern, indem er bei der Verordnung durch Setzen des Aut-idem-Kreuzes einen Austausch des Präparats in der Apotheke untersagt. Tut er dies nicht, so kann der Apotheker dennoch einen Austausch im Sinne der Regelungen nach § 130 SGB V verhindern, indem er Pharmazeutische Bedenken geltend macht. Pharmazeutische Bedenken bezüglich der Substitution von Retardarzneimitteln ist in der unterschiedlichen Bioverfügbarkeit der Darreichungsformen gut begründet.