Substitutionstherapie

Im Rahmen der Substitutionstherapie sind vor allem die Regelungen des § 5 der BtMVV sowohl für den verschreibenden Arzt als auch für die beliefernde Apotheke relevant. Praxisrelevante Aspekte für die Abgabe in der Apotheke werden im Folgenden zusammengefasst.

Themen im Überblick

  • Voraussetzungen für eine Substitutionstherapie
  • Zulässige Substitutionsmittel
  • Sichtbezug in der Arztpraxis, Apotheke oder einer anderen Einrichtung
  • Take-home-Rezept
  • Abrechnung von Einzeldosen

Voraussetzungen für eine Substitutionstherapie

Die substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger kann für folgende Indikationen zulasten der GKV abgerechnet werden:

  1. Behandlung der Opiatabhängigkeit mit dem Ziel der Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes
  2. Unterstützung der Behandlung einer neben der Opiatabhängigkeit bestehenden schweren Erkrankung
  3. Verringerung der Risiken einer Opiatabhängigkeit während einer Schwangerschaft und nach der Geburt

Der Apotheker hat keine Prüfpflicht hinsichtlich der Indikation. Ergeben sich dennoch Zweifel oder Bedenken, so empfiehlt es sich, Rücksprache mit dem Arzt zu halten.

Anforderungen an den Arzt

Der verschreibende Arzt muss Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation erfüllen, deren Bedingungen von den Ärztekammern festgelegt werden (vgl. § 5 Abs. 3 BtMVV).

Erfüllt ein Arzt nicht die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation, muss er zusätzlich zu den Meldepflichten an das BfArM nach § 5b Abs. 2 BtMVV

  1. sich zu Beginn der Behandlung mit einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt abstimmen sowie
  2. sicherstellen, dass sich sein Patient zu Beginn der Behandlung und mindestens einmal in jedem Quartal dem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt nach Nummer 1 im Rahmen einer Konsiliarbehandlung vorstellt.

Ein suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt darf gleichzeitig höchstens zehn Patienten mit Substitutionsmitteln behandeln. Er darf keine Behandlung nach § 5a (Diamorphin) durchführen (vgl. § 5 Abs. 4 BtMVV).

Zulässige Substitutionsmittel

Als Substitutionsmittel darf der Arzt nach § 5 Abs. 6 der BtMVV verschreiben:

  1. ein zur Substitution zugelassenes Arzneimittel, das nicht den Stoff Diamorphin enthält,
  2. eine Zubereitung von Levomethadon, von Methadon oder von Buprenorphin oder
  3. in begründeten Ausnahmefällen eine Zubereitung von Codein oder Dihydrocodein.

Die in Satz 1 genannten Substitutionsmittel dürfen nicht zur intravenösen Anwendung bestimmt sein. Die Verschreibung eines Substitutionsmittels ist mit einem „S” zu kennzeichnen.

Einnahme zum unmittelbaren Verbrauch (Sichtbezug)

Die Einnahme zum unmittelbaren Verbrauch (Sichtbezug) kann erfolgen:

  • in der Arztpraxis oder
  • in anderen geeigneten Einrichtungen (z. B. Apotheke).

In der aktuellen Fassung der BtMVV werden konkret Einrichtungen genannt, z.B. Gesundheitsamt, Alten- oder Pflegeheime, Anstalten und Einrichtungen des Justizvollzugs oder Hospize, in denen der Sichtbezug von einer geschulten Person durchgeführt werden darf. Das Rezept wird in der Regel von der Praxis an die Apotheke gegeben, die die Einrichtung beliefert, in der die Vergabe durchgeführt wird. Das grundsätzliche Verbot, BtM-Verschreibungen für die Substitutionstherapie zum unmittelbaren Verbrauch an Substitutionspatienten auszuhändigen, wurde mit bereits 2017 gestrichen.

Wenn die Vergabe nicht in der Arztpraxis erfolgen soll, kann die Arztpraxis nach vorheriger Einweisung die Aufgabe an eine andere medizinische Einrichtung oder auch die Apotheke übertragen. Es gibt keine Verpflichtung für die Apotheke, die Verabreichung zu übernehmen.

Grundsätzlich dürfen Substitutionsmittel sowohl patientenbezogen als auch für den Praxisbedarf verordnet werden.

Wichtig

Wenn die Apotheke die Verabreichung der Substitutionsmittel bei Sichtbezug übernimmt, muss vorab eine schriftliche Vereinbarung mit dem Arzt getroffen werden.

Take-home-Rezept

Take-home-Rezepte dürfen stabilen Patienten übergeben werden, damit eine eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels erfolgen kann. Take-home-Rezepte dürfen über eine maximale Reichdauer von 7 aufeinander folgenden Tagen (in Einzelfällen bis zu 30 aufeinander folgende Tage, siehe unten) ausgestellt sein und werden mit den Buchstaben „ST” gekennzeichnet. Es handelt sich häufig um Rezepturen, die nur in kindergesicherter Verpackung und in Einzeldosen abgegeben werden dürfen.

In begründeten Einzelfällen kann der Arzt für bis zu 30 aufeinander folgende Tage Take-Home-Substitutionsmittel verordnen. Dieser Einzelfall kann entweder medizinisch begründet sein oder aber aufgrund der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder die Erwerbstätigkeit des Patienten betreffend vorliegen. Der Patient hat dem Substitutionsarzt diese Sachverhalte glaubhaft zu versichern.

Wichtig

Der Arzt kann zusätzlich patientenindividuelle Zeitpunkte festlegen, zu denen Teilmengen des verschriebenen Substitutionsmittels in der Apotheke an den Patienten oder die Praxis des substituierenden Arztes abgegeben oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden. In einem solchen Fall muss die Anweisung bzw. ein Hinweis auf das Vorliegen der schriftlichen Anweisung auf dem Rezept vorhanden sein.

Angabe der Reichdauer

Die BtMVV fordert die Angabe der Reichdauer in Tagen.

9 BtMVV

„[...] im Falle des § 5 Abs. 8 zusätzlich die Reichdauer des Substitutionsmittels in Tagen.”

Da nur die Angabe der Reichdauer in Tagen gefordert wird, sind mehrere Schreibweisen möglich.

Beispiele für Angaben der Reichdauer

  • Reichdauer für 7 Tage
  • Reichdauer für 7 Tage von Montag bis Sonntag
  • Reichdauer für 7 Tage vom 06.04.2016 bis 12.04.2016
  • Take-Home für 7 Tage, Einnahme ab dem 06.04.16

Der Beginn der Reichdauer muss nicht mit dem Ausstellungsdatum übereinstimmen, sondern kann von diesem abweichen. Grundsätzlich kann der Patient mit dem Ausstellungsdatum das Rezept einlösen und seine Einzeldosen bekommen. Da aber der Patient einmal pro Woche den Arzt konsultieren muss und in diesem Zusammenhang sein Rezept ausgehändigt bekommen soll, muss kritisch hinterfragt werden, in welchem Zusammenhang Ausstellungsdatum und Beginn der Reichdauer stehen. Eine Reichdauer, die z. B. 6 Tage nach dem Arzttermin beginnt, sollte von der Apotheke hinterfragt und die Bedenken gegebenenfalls in Rücksprache mit dem Arzt geklärt werden. Ein Beginn der Reichdauer bis 2 Tage nach dem Arztbesuch gilt als unproblematisch.

Abrechnung von Einzeldosen

Bei der Abrechnung von Take-home-Rezepten werden häufig Mengen aus Fertigarzneimitteln entnommen, die dann entsprechend der Verschreibung mit den Krankenkassen abgerechnet werden müssen.

Die Preise wurden zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband vereinbart und finden sich in den Anlagen der Hilfstaxe, die auf der Internetseite des GKV-Spitzenverbandes eingesehen werden kann.

Die richtigen Preise zur Abrechnung der Take-home-Verordnung finden sich für das vorliegende Rezeptbeispiel in der jeweiligen Anlage der Hilfstaxe, genauer im L-Polamidon-Tableau:

Zur Abrechnung der Einzeldosen auf dem Rezept ist folgendermaßen vorzugehen:

  • Verwendung des Sonderkennzeichens 02567107
  • Auswahl des Preises für die Anzahl der verordneten Einzeldosen aus der jeweiligen Anlage der Hilfstaxe (hier Bruttoabgabepreis)
  • zzgl. des Preises für kindergesicherte Verschlüsse
  • zzgl. der Betäubungsmittelgebühr nach § 7 AMPreisV
  • ggf. zzgl. der Mehrwertsteuer (ausgehend von Nettopreisen)

Die jeweiligen Details zur Preisberechnung finden sich in den dazugehörigen Tableaus der Hilfstaxe. Es sind Preisbtableaus für Methadon, L-Polamidon, Buprenorphin, Subutex und Suboxone hinterlegt.

Kein Preis in der Hilfstaxe

Wenn kein Preis in der Hilfstaxe hinterlegt ist, muss die Apotheke mit der zuständigen Krankenkasse die Abrechnungsmodalitäten im Einzelfall klären.