Retaxfall: vermeintlich wirtschaftliche Abgabe wird zur Retaxfalle

Wenn ein Arzt mehrere kleinere Arzneimittelpackungen auf einem Rezept verordnet, es aber eine wirtschaftlichere (größere) Packung gibt, so wirft dies weiterhin Fragen auf. Früher war in den Vertragsvorgaben vereinbart, dass die Apotheke dann die größere Packung abgeben sollte, weil dies sowohl für die Krankenkasse als auch für den Patienten (weniger Zuzahlung) günstiger war. Da es damit aber auch immer wieder Verwirrung bei der Abgabe gab, wurde im Rahmenvertrag nachgebessert. Ein aktueller Retaxfall zeigt, dass trotzdem noch Probleme bei der Abgabe auftreten – teils auch durch irreführende Hinweise der EDV.

 

Retaxfall DesmoGalen

Eine Apotheke erhielt eine Verordnung zulasten der Siemens BKK (IK 108433248) über „4 x DesmoGalen Spray NAS N2 5 ml PZN: 00601573 >>Dj<<“. Die Apotheke schildert die Vorgehensweise, die letztlich zur Retax führte, so:

„Unser Apotheken-Computerprogramm […] lässt uns in eine Falle laufen, wenn man es aktuell durchspielt, denn es wird zuerst bei der Übernahme der einzelnen Packung zwar der Rabattdialog angezeigt, aber danach wird nach Eingabe der Menge 4 Stück der Alternativvorschlag gemacht, gegen die 4er-Packung N3 auszutauschen, die dann aber leider nicht mehr rabattiert ist, obwohl im VK ja eigentlich wirtschaftlicher (ca. 110,– € versus 137,– €) und auch in der Zuzahlung für den Patienten wirtschaftlicher (10,– € für 1 x N3 versus 20,– € für 4 x N2). Wenn wir also im guten Glauben, uns mehrfach wirtschaftlich zu verhalten, die N3 abgeben, folgt von der Kasse die Nullretax. Sehr ärgerlicher Fall.“

Ein erstes Rezept wurde der Apotheke auch schon auf null retaxiert, da anstelle der vier rabattierten N2-Packungen einmal die nicht rabattierte N3-Packung abgegeben wurde. Der Apotheke wurden so gut 100 Euro nicht erstattet, obwohl die Arzneimittelsicherheit nicht in Gefahr war.

Die Apotheke legte zwar mit Hinweis auf die Wirtschaftlichkeit Einspruch gegen die Retaxation ein, aber aufgrund der Rahmenvertragsvorgaben hat dieser vermutlich leider wenig Aussicht auf Erfolg.

Im Rahmenvertrag ist zu dieser Abgabesituation Folgendes zu lesen:

8 Packungsgrößen

(1) Enthält eine papiergebundene Verordnung mehrere Verordnungszeilen, ist jede Verordnungszeile einzeln zu betrachten. Verordnungen sind mit der jeweils verordneten Anzahl von Packungen zu beliefern.

Im DAV-Kommentar ist dazu anhand eines konkreten Beispiels nachzulesen, dass bei einer Verordnung über „Avamys 27,5 µg 60 Hub N2 x 2“ genau diese beiden verordneten Packungen abzugeben sind und eben nicht die größere (und wirtschaftlichere) Doppelpackung.

Grundsätzlich sollte diese Vorgehensweise mittlerweile den Apotheken bekannt sein, doch eine EDV-Darstellung wie sie oben beschrieben ist, trägt durchaus zur Verwirrung bei.

Im vorliegenden Fall hätte die Apotheke daher 4 x die verordnete und rabattierte N2-Packung abgeben müssen. Die Abgabe der großen Packung wäre nur dann möglich, wenn der Arzt diese auf dem Rezept verordnet.

 

Fazit

Bei Verordnung mehrerer Packungen eines Arzneimittels muss nach Rahmenvertrag genau diese Anzahl an Packungen abgegeben werden; dabei sind natürlich die vorliegenden Rabattverträge zu beachten. Gibt es Großpackungen, die an sich wirtschaftlicher sind, darf die Apotheke nicht einfach austauschen, auch wenn die EDV einen entsprechenden Hinweis anzeigt. Wie im zuvor beschriebenen Fall droht dann eine Nullretax, vor allem, wenn dabei noch Rabattverträge nicht umgesetzt werden. Ein Abweichen von der Anzahl der verordneten Packungen ist grundsätzlich nur in Ausnahmefällen erlaubt und muss dann auf dem Rezept dokumentiert werden (z. B. nach SARS-CoV-2-AMVersVO, wenn keine aut-idem-konforme Abgabeoption vorrätig oder lieferbar ist, oder nach § 17 Rahmenvertrag, wenn im dringenden Fall keine Rücksprache mit dem Arzt möglich ist).

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