Weiterhin Probleme mit Anbruchsretaxationen

Die Rezepturherstellung gehört zu den typischen Aufgaben einer jeden Apotheke. So können Patienten mit individuell auf sie zugeschnittenen Arzneimitteln versorgt werden. Die korrekte Abrechnung von Rezepturen war schon immer eine Retaxfalle und die Einführung der Abrechnung per Hash-Code mag zwar die Abrechnung letztlich transparenter machen, verursacht aber momentan in vielen Apotheken aufgrund von technischen Schwierigkeiten teils eher Probleme, statt Erleichterung zu verschaffen.

Unabhängig davon steht immer noch die Frage im Raum, wie Apotheken mit Anbrüchen umgehen können, die bei der Rezepturherstellung unweigerlich entstehen. Laut Arzneimittelpreisverordnung ist eigentlich unmissverständlich festgehalten, dass der Apotheke die Abrechnung solcher Anbrüche erlaubt ist, dennoch wird dies von Krankenkassen immer wieder anders umgesetzt.

Aktuelle Anbruchsretaxation

Eine Apotheke berichtete uns nun über solch eine Retaxation seitens der BARMER.

Verschrieben wurden in diesem Fall Zäpfchen nach NRF mit Aldara Creme: „Aldara Zäpfchen 6,25 mg NRF mit Mulleinlage 24 Stück, Rezeptur: Aldara Creme 5 % 0,13 g, Adeps solidus 1,79 g, Polysorbat 20 0,01 g“.

Insgesamt benötigte die Apotheke 15 Sachets für die Rezeptur, daher rechnete sie die Packung mit 24 Stück ab. Dies wurde von der Krankenkasse retaxiert. Auch ein Einspruch der Apotheke wurde abgelehnt, und zwar mit der Begründung, dass die Absätze 1 und 2 von § 5 der Arzneimittelpreisverordnung zusammen zu betrachten seien. Demnach hätte die Apotheke den Preis der abzurechnenden Packungsgröße durch Herunterrechnen auf die verwendete Menge ermitteln müssen. Die Apotheke stellt diese Rezeptur nicht regelmäßig her, daher ist nicht zu erwarten, dass sie die restlichen Sachets noch verwenden/abrechnen könnte. Nach dieser Vorgehensweise würde die Apotheke nun auf den Kosten für diesen Anbruch sitzen bleiben.

Was besagt die AMPreisV?

Da es immer wieder zu solchen Retaxationen kommt, wollen wir nochmal einen Blick auf die aktuelle Sachlage werfen. In § 5 der Arzneimittelpreisverordnung ist Folgendes festgelegt:

5 Apothekenzuschläge für Zubereitungen aus Stoffen

(1) Bei der Abgabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen, die in Apotheken angefertigt wird, sind
1. ein Festzuschlag von 90 Prozent auf die Apothekeneinkaufspreise ohne Umsatzsteuer für Stoffe und erforderliche Verpackung,
2. ein Rezepturzuschlag nach Absatz 3,
3. ein Festzuschlag von 8,35 Euro für Zubereitungen nach Absatz 3, die nicht Absatz 6 unterfallen sowie die Umsatzsteuer zu erheben.

(2) Auszugehen ist von den Apothekeneinkaufspreisen der für die Zubereitung erforderlichen Mengen an Stoffen und Fertigarzneimitteln. Maßgebend ist
1. bei Stoffen der Einkaufspreis der üblichen Abpackung,
2. bei Fertigarzneimitteln der Einkaufspreis nach § 3 Abs. 2 der erforderlichen Packungsgröße, höchstens jedoch der Apothekeneinkaufspreis, der für Fertigarzneimittel bei Abgabe in öffentlichen Apotheken gilt. […]

Die Arzneimittelpreisverordnung spricht in § 5 Abs. 1 von der Preisberechnung von Stoffen und differenziert dann in Abs. 2 zwischen Stoffen und Fertigarzneimitteln.

Aus Abs. 2 Punkt 2 geht eindeutig hervor, dass bei Verwendung von Fertigarzneimitteln der Einkaufspreis der erforderlichen Packungsgröße maßgeblich ist. Die Apotheke hat die wirtschaftlichste Versorgung gewählt und würde natürlich auch die Reste des Anbruchs in einer erneuten Rezeptur verwenden, ohne diese dann dort abzurechnen. Der Patient wurde zeitnah mit dem benötigten Arzneimittel versorgt. Bislang gibt es unseres Wissens keine eindeutige Vereinbarung, dass die verbleibenden Anbrüche nicht vollständig abgerechnet werden dürfen – hierzu wäre eine Klarstellung in den Verträgen bzw. in der Hilfstaxe wünschenswert.

Ergänzend ist in § 7 Abs. 6 des Arzneiversorgungsvertrags der Ersatzkassen Folgendes zu finden:

7 Allgemeine Bestimmungen zur Preisberechnung

(1) Für den zu berechnenden Preis ist der Tag der Abgabe des Mittels maßgeblich.

(2) Soweit im Preis- und Produktverzeichnis nach § 131 Absatz 4 SGB V kein Preis aufgeführt ist, sind der Herstellerabgabepreis und der Name der Lieferfirma (Hersteller) auf der Vorderseite des Verordnungsblattes gemäß § 3 zu vermerken.

(3) Stoffe und Zubereitungen von Stoffen (Rezepturen), die nicht verschreibungspflichtig sind und die zu Lasten der Ersatzkasse abgegeben werden dürfen, sind entsprechend §§ 4 und 5 Arzneimittelpreisverordnung zu berechnen.

(4) Die Preisberechnung weiterer Mittel richtet sich nach den Anlagen dieses Vertrages. Die dort festgelegten Zuschläge sind auf den Apothekeneinkaufspreis gemäß Preis- und Produktverzeichnis nach § 131 Absatz 4 SGB V anzuwenden, soweit für die Mittel nicht gesonderte Preise vereinbart sind. Weitere als die dort vorgesehenen Abschläge sind nicht zu gewähren.

(5) Bei der Preisberechnung der auf Sprechstundenbedarfsverordnung gelieferten Arzneimittel, die der Apotheker hergestellt bzw. zur Abgabe hergerichtet hat, sind die Gefäße zu Lasten der Ersatzkassen grundsätzlich nicht berechnungsfähig.

(6) Ist die verordnete Menge geringer als der Inhalt der kleinsten Packung, so ist der Apotheker berechtigt, die kleinste im Handel befindliche Packung zu berechnen. […]

Zwar bezieht sich nur § 7 Abs. 3 auf die Abrechnung von Rezepturen, jedoch gilt nach § 7 Abs. 6 allgemein, dass der Apotheker die kleinste im Handel befindliche Packung berechnen darf, auch wenn die verordnete Menge geringer ist als der Inhalt der kleinsten Packung. Hieraus könnte sich noch ein Anhaltspunkt ergeben, dass die Abrechnung der Apotheke korrekt war und sowohl dem Arzneiversorgungsvertrag als auch der Arzneimittelpreisverordnung gerecht wurde.

Daher wäre es wünschenswert, wenn die Krankenkasse die Retaxierung nach einem weiteren Einspruch überdenken würde. Damit auch zukünftig die Versorgung mit Rezepturarzneimitteln gewährleistet bleibt, sollten die Verträge hinsichtlich der Abrechnung von Anbrüchen Klarheit schaffen, damit die Apotheken vor allem bei hochpreisigen Rezepturarzneimitteln kein wirtschaftliches Risiko durch die Rezepturherstellung eingehen müssen. Die Einführung des Hash-Codes könnte hierbei für mehr Transparenz sorgen, da die Krankenkasse mehr Informationen darüber erhält, welche Packungen tatsächlich in der Apotheke verwendet wurden (neue Packung/Anbruch).

Tipps zum Umgang mit Anbrüchen, die bei Rezepturen entstehen:

  • Substanzanbrüche nicht grundsätzlich sofort verwerfen, sondern entsprechend der Haltbarkeit, den Lagerungsvorschriften und den Sicherheitsrichtlinien für eine eventuelle künftige Verordnung aufbewahren.
  • Um die Menge eines möglichen Verwurfs möglichst klein zu halten, empfiehlt es sich, von der kleinsten benötigten Packung auszugehen. Der spätere Verwurf größerer Mengen kann zu Diskussionen mit der Kasse führen, wenn nicht zu begründen ist, dass die Entstehung der Verwurfsmenge aufgrund der Verordnungssituation nicht zu erwarten war.
  • Rezeptkopie der Erst- und Folgeverordnungen aufbewahren.
  • Datum des Anbruchs dokumentieren.
  • Unterlagen zur Haltbarkeit und Aufbrauchfrist besorgen und aufbewahren.

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