Was gilt als objektivierbarer Nachweis?
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Gemäß § 4 Absätze 2 und 3 Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Absatz 2 SGB V wird bei der Nichterfüllung von Rabattverträgen aufgrund von:
- Nichtlieferbarkeit des rabattbegünstigten Arzneimittels durch den pharmazeutischen Unternehmer,
- Vorliegen einer Akutversorgung bzw. Versorgung im Notdienst oder
- Pharmazeutischen Bedenken,
der Auftrag eines Sonderkennzeichens und zusätzlich – in den beiden letztgenannten Fällen – ein erklärender Vermerk auf der Verordnung von der Apotheke gefordert.
Seit der Neufassung von § 3 Rahmenvertrag im Juni 2016 gilt, dass nunmehr in den Fällen b und c das Fehlen einer der beiden Angaben unschädlich ist. Das heißt, dass sowohl bei fehlendem Sonderkennzeichen als auch bei fehlendem Vermerk eine Retaxation ausgeschlossen ist. Zudem gilt für alle drei Fälle (a bis c), dass bei Fehlen jeglicher Angaben auf dem Verordnungsblatt (Sonderkennzeichen und Vermerk) ein stichhaltiger Nachweis im Beanstandungsverfahren zulässig ist, der die Notwendigkeit einer Abweichung vom Rabattvertrag belegt:
3 Zahlungs- und Lieferanspruch
„(1) Der durch Normverträge näher ausgestaltete gesetzliche Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht im Gegenzug für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht mit Belieferung einer gültigen ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung. Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn
- es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn
7. bezogen auf den Rahmenvertrag
c. die Apotheke in den Fällen des § 4 Absatz 2 Satz 2 (Nichtverfügbarkeit), des § 4 Absatz 3 Sätze 1 und 2 (Akutversorgung, Notdienst) sowie des § 4 Absatz 3 Satz 2 i. V. m. § 17 Absatz 5 ApBetrO (pharmazeutische Bedenken) dieses Vertrages
(1) entweder nur das vereinbarte Sonderkennzeichen oder
(2) nur einen Vermerk auf der Verordnung aufträgt oder
(3) im Fall, dass Vermerk und Sonderkennzeichen auf der Verordnung fehlen, einen objektivierbaren Nachweis im Beanstandungsverfahren erbringt […].“
Dem DAP Retaxforum ist keine Kasse bekannt, die diese Vereinbarung offiziell nun wieder in Frage stellt, aber wie zu befürchten war, bestehen bei einigen Krankenkassen offenbar Vorbehalte, was man als „stichhaltigen Nachweis“ im Beanstandungsverfahren anerkennen möchte.
Zum Thema „Ablehnung im Beanstandungsverfahren gem. § 3 Rahmenvertrag“ erreichten das DAP mehrere Retaxationen von verschiedenen Krankenkassen, die wir hier nur beispielhaft aufführen wollen.
Hinweis
Alle hier beschriebenen Fälle wurden von den Apotheken im „Beanstandungsverfahren“ nachträglich begründet und jeweils von den betroffenen Versicherten bestätigt und unterschrieben.
1. Fall: IKK Classic – 1 Ablehnung
„Akutversorgungen“ werden nur anerkannt, wenn sie sofort eingelöst werden!
Die betroffene Apotheke versuchte darzustellen, dass es in der Apotheke durchaus zahlreiche Fälle geben kann, in denen auch „Akutversorgungen“ nicht sofort eingelöst werden, jedoch für den Fall der Fälle sofort verfügbar sein müssen.
Dieser Argumentation zeigte sich die Rezeptprüfung nicht zugänglich und lehnte den Einspruch ab, obwohl die Apotheke laut Rahmenvertrag § 3 (1) 7c im Beanstandungsverfahren Anspruch auf eine Vergütung hat, wenn sie nachträglich einen „objektivierbaren“ Nachweis beibringt.
2. TK Hamburg – 1 Ablehnung
Hier begründete die Apotheke ihre Nichtabgabe der Rabattarznei damit, dass der Patient auf andere wirkstoffgleiche Arzneimittel bereits Nebenwirkungen hatte, was der Patient auch hier mit seiner Unterschrift bestätigte:
Gleichwohl hält auch die TK die unterschriebene Bestätigung durch ihren Versicherten für nicht objektivierbar und lehnte den Nachweis ab:
3. KKH – 1 Ablehnung
Hier ging es um eine multimorbide Patientin mit Complianceproblemen, aber auch dies wurde trotz Bestätigung der Patientin nachträglich nicht anerkannt.
4. AOK Baden Württemberg – 10 Ablehnungen
In diesen Fällen sind gleich mehrere Gründe zur Anwendung „Pharmazeutischer Bedenken“ in der Apotheke vertreten, unter anderem:
- Eilige Akutversorgung mit Antibiotika
- Complianceprobleme
- Multimorbidität
Und auch hier wurden im Beanstandungsverfahren ausschließlich unterschriebene Patientenbestätigungen vorgelegt, die aber dennoch – bis auf eine Ausnahme – abgelehnt wurden.
Akzeptiert wurde lediglich der Einspruch gegen eine angeblich zusätzlich zu dem Vermerk ebenfalls fehlende Sonder-PZN 02567024, obwohl diese aber deutlich auf der Verordnung aufgedruckt war:
Man sieht: Mit entsprechendem Sonderkennzeichen wurde die Beanstandung der Apotheke anerkannt. Im Beanstandungsverfahren – ohne vorherigen Vermerk und ohne Sonder-PZN – wäre vermutlich aber auch dieser Einspruch abgelehnt worden.
Daher unser Tipp:
Angesichts dieser Schwierigkeiten in der Umsetzung, empfiehlt es sich, auch weiterhin die Sonder-PZN und einen Vermerk anzubringen (vgl. § 4 Absätze 2 und 3), um von vorneherein eine Beanstandung seitens der Krankenkasse zu vermeiden.
DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus
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