Vorsicht: Probleme beim Zuzahlungsinkasso

Apotheken sind gesetzlich verpflichtet, die Zahlungen der Versicherten nach §§ 31 Abs. 3 und 61 Satz 1 SGB V für die Krankenkassen einzuziehen (Inkassoverpflichtung). In der Apotheke handelt es sich bei diesen Zahlungen überwiegend um die sogenannte „Rezeptgebühr“. Kann die Apotheke die Zuzahlungen vom Versicherten nicht einbringen, verpflichtet der Gesetzgeber die Krankenkasse, die Zuzahlungen selbst einzuziehen:

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20.12.1988, BGBl. I S. 2477)
§ 43c Zahlungsweg

„(1) Leistungserbringer haben Zahlungen, die Versicherte zu entrichten haben, einzuziehen und mit ihrem Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse zu verrechnen. Zahlt der Versicherte trotz einer gesonderten schriftlichen Aufforderung durch den Leistungserbringer nicht, hat die Krankenkasse die Zahlung einzuziehen.“

In der Regel ist für den Fall, dass der Versicherte die Zuzahlung nicht leistet, mit den GKV-Kassen folgender Inkassoweg vereinbart (gem. § 5 (2) ALV Bayern):

  • Die Apotheke fordert den Versicherten schriftlich zur Zahlung auf und setzt dabei eine Frist von acht Tagen.
  • Erfolgt keine Zahlung innerhalb von 14 Kalendertagen nach dieser Zahlungsaufforderung, vermerkt die Apotheke auf der Verordnung z. B. „Zuzahlung trotz Mahnung nicht geleistet“.
  • Die Verordnung bleibt weiterhin als gebührenpflichtig gekennzeichnet, das Zuzahlungsfeld wird jedoch mit dem Betrag „0,00“ bedruckt.
  • Die Einziehung der Forderung erfolgt dann durch die Krankenkasse, wobei die Apotheke die hierfür nötigen Abgaben und Unterlagen auf Abruf an die Krankenkasse liefert.
  • Der Zahlungsanspruch des Apothekers gegenüber der Krankenkasse bleibt hiervon unberührt.

Da in dieser Regelung nicht vorgeschrieben ist, dass die Apotheke die schriftliche Zahlungsaufforderung unmittelbar bei der Arzneimittelabgabe auf den Weg bringen muss, entsteht bei den Apotheken der Eindruck, dass sie auf die gesetzliche Abwicklung durch die Krankenkassen vertrauen darf und nicht auf der ausstehenden Zuzahlung „sitzen bleibt“.

Dass dieser Eindruck trügen kann, zeigt unser heutiger Fall aus dem DAP-Retaxforum:

Da in der Regel keine ausdrückliche Zuzahlungsverweigerung durch die Versicherten vorliegt, sondern meist andere Gründe verhindern, dass der Patient die Zuzahlung sofort entrichtet, wird keine Apotheke sofort eine schriftliche Zahlungsaufforderung zustellen, sondern etwas abwarten bis der Patient die ausstehende Zuzahlung begleicht.
So war es auch im folgenden Fall. Daher haben sich ausstehende Forderungen über einen Zeitraum von vier Monaten angehäuft, bis klar war, dass mit deren Zahlung nicht mehr zu rechnen ist. Daher hat die Apotheke die Krankenkasse des Versicherten gebeten, die uneinbringlichen Forderungen gemäß der gesetzlichen Vorschrift direkt mit ihrem Versicherten zu regeln:

Zum Erstaunen der Apotheke wurde die Inkassoübernahme durch die Krankenkasse für alle Zuzahlungen abgelehnt, die 3 Monate oder länger zurücklagen:

Die AOK Niedersachsen beruft sich dabei auf einen § 8 Abs. 1 einer Ergänzungsvereinbarung zum ALV Niedersachsen, der jedoch im Internet unter „AOK-Gesundheitspartner.de/nds/“ nicht einsehbar ist. Die Apotheke vermutet, dass es sich hierbei um den § 7 Abs. 1 des ALV handeln könnte:

Dieser Paragraph bezieht sich jedoch auf die Weiterleitung der Verordnungsblätter innerhalb von drei Monaten, da ansonsten der Anspruch der Apotheke auf Bezahlung erlischt, aber nicht auf die gesetzliche Weiterleitung der Inkassoverpflichtung bei Zuzahlungen. Zudem sind die entsprechenden Verordnungsblätter natürlich längst bei der Krankenkasse eingegangen.

Auf Nachfrage der Apotheke bei ihrem Apothekerverband wurde dieser jedoch bestätigt, dass die Erstattungsverweigerung der Krankenkasse tatsächlich vertragsgemäß sei! Die Weiterleitung des Zuzahlungsinkassos würde zu der grundsätzlichen Rechnungslegungsfrist zählen und die Einreichung sei daher nur innerhalb der 3-Monatsfrist möglich.

Obwohl es dafür nach dem § 43 c SGB V keine gesetzliche Grundlage gibt, kann man den Apotheken anderer Bundesländer nur empfehlen zu prüfen, ob auch in ihrem Bundesland solche Verfallsfristen vereinbart sind.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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