Vorsicht: Ärztliche „Aut-idem“-Verordnung kann teuer werden

In der täglichen Apotheken­praxis kommt es vor dem Hinter­grund, dass die thera­peutischen Notwendig­keiten der Ärzte­schaft nicht immer mit den wirtschaft­lichen Wünschen der gesetzlichen Krankenkassen konform gehen, immer wieder zu lang­wierigen Diskus­sionen zwischen Patient, Arzt und Apotheke.
Das Aut-idem-Kästchen wurde schon vor vielen Jahren wegen mangelnder ärztlicher Nutzung auf Wunsch der Kranken­kassen de facto in ein Non-aut-idem-Kästchen umgewandelt, ohne dass dies bei den inzwischen mehrmals geänderten Muster-16-Rezept­formularen ebenfalls ange­passt wurde. Dieser Wider­spruch wurde kurzer­hand damit erklärt, dass das Aut-idem-Kreuz mittler­weile vom üblichen Verständnis als „Ankreuzen“ in ein „Durch­streichen“ umdefiniert wurde, was natürlich nicht für die übrigen Kästchen auf der linken Rezept­leiste und schon gar nicht für unsere Lotto­scheine gilt.

Um die ärztliche Therapie­freiheit noch weiter im Sinne der „kranken­kässlichen“ (nach Erich Kästner) Wirtschaft­lichkeit einzu­schränken, wurden nach und nach weitere Begrenzungen eingeführt.

Obwohl das DAP-Team in zahlreichen Beiträgen und Arbeits­hilfen auf diese Einschränkungen hinge­wiesen hat, erreichen uns immer wieder Anfragen, die – wie im folgenden Fall – zu teuren Retaxationen geführt haben.

Krankenkasse: Siemens BKK (IK 108433248)
Verordnet:Faslodex 250 mg/5 ml Haematopharm 2 St. N2 Fertigspr. PZN 08458276
Verordnung ärztlich bestätigt mit zusätzlicher Unterschrift und Arztstempel
Verordnungs- und Abgabedatum:11.07.18

Leider hat der ausdrücklich formulierte ärztliche Therapiewunsch hier keinerlei Bedeutung. Die Apotheke wurde für die wunschgemäße Versorgung entsprechend der vertraglichen Gleichstellung von Importen und Erstanbieterprodukt erwartungsgemäß trotzdem auf „Null“ retaxiert:

Das geschah sehr zum Unverständnis der retaxierten Apotheke, wie ihrem Schreiben an das DAP-Team zu entnehmen ist:

Es tut mir in der Seele weh, dass die Apotheke trotz der zahlreichen DAP-Informationen in diese 800 Euro teure „Retaxfalle“ getappt ist.

Denn leider ist die Rezept­prüfstelle der Siemens BKK in diesem Fall gemäß § 5 Absatz 1 Satz 3 Rahmen­vertrag im Recht.

5 Abs. 1 Rahmenvertrag

„Die Apotheken sind zur Abgabe von preis­günstigen importierten Arznei­mitteln an Versicherte nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 verpflichtet. Dies gilt nicht für Arznei­mittel, die aufgrund von Sprech­stunden­bedarfs­verordnungen an Vertrags­ärzte abge­geben werden. Die Abgabe eines rabatt­begünstigten Arznei­mittels hat Vorrang vor der Abgabe eines nicht rabatt­begünstigten importierten Arznei­mittels. § 4 Absatz 2 und 3 gelten entsprechend. Kommt eine vorrangige Abgabe rabatt­begünstigter Arznei­mittel nicht zustande, gelten die Sätze 1 und 2.“

Dabei haben trotz der vertraglichen Vereinbarung schon Gerichte im Sinne der ärztlichen Therapiefreiheit entschieden.

Hier die entsprechende Vertragsvereinbarung für die Ersatzkassen im vdek-Vertrag.

4 Abs. 12 vdek-AVV (gültig seit Jan. 2015)

„Hat der Vertragsarzt ein Fertigarzneimittel unter seinem Produktnamen und / oder seiner Pharmazentralnummer unter Verwendung des Aut-idem-Kreuzes verordnet, ist dies im Verhältnis von importiertem und Bezugsarzneimittel mangels arzneimittelrechtlicher Substitution unbeachtlich. Dies gilt nicht, wenn der Arzt vermerkt hat, dass aus medizinisch-therapeutischen Gründen kein Austausch erfolgen darf.“

Zum Abgabezeitpunkt waren für die BKK Siemens (Regionalkasse) folgende Präparate rabattiert:

  • Das Produkt des Erstanbieters AstraZeneca
  • und das Importpräparat von EMRAmed.

Dabei spielt hier keine Rolle, dass beide Rabattartikel im regulären Verkaufspreis teurer erscheinen als das verordnete, nicht rabattierte Präparat, da der von der Kasse tatsächlich zu bezahlende Preis den Apotheken nicht bekannt ist.

Da die versorgende Apotheke die Nichtabgabe der beiden möglichen Rabatt­präparate nicht begründet hat und eine nachträgliche Bestätigung beispiels­weise bei Liefer­problemen meist nicht anerkannt wird, können wir der retaxierten Apotheke hier leider keine Hoffnung auf einen erfolgreichen Einspruch machen.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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