Verweigerung einer Rezeptänderung trifft letztlich die Patienten

Verweigerungen von erforderlichen Rezeptänderungen beziehungsweise -ergänzungen oder auch von Nachweisen (beispielsweise über eine Nichtlieferbarkeit) sowohl durch Hersteller als auch durch Arztpraxen gehören leider zum Alltag jeder Apotheke.

Keinem Apothekenmitarbeiter macht es Freude, wegen gesetzlich oder vertraglich erforderlichen Rezeptänderungen in der Arztpraxis vorstellig zu werden. Davon abgesehen kostet das Arbeitszeit und Geld - was keine Krankenkasse erstattet. Umso ärgerlicher ist es, wenn Apothekenmitarbeiter gar nicht erst zum Verordner vorgelassen werden, sondern telefonisch oder persönlich mit der pauschalen Begründung „Wir ändern grundsätzlich keine Rezepte“ abgewiesen werden.

Letztlich gehen solche Pauschalverweigerungen leider zulasten des zu versorgenden Patienten. Selbst wenn die erforderlichen Änderungen oder Belege beigebracht werden können, werden diese zunehmend nur noch dann anerkannt, wenn diese vor der Patientenversorgung erfolgen. Denn nach Ansicht einiger Kassen bedeutet eine nachträglich beigebrachte Änderung oder Ergänzung, dass der damit bestätigte Sachverhalt zum Abgabezeitpunkt noch nicht vorlag. Daran ändert sich meist auch nichts, wenn der Arzt das Vorliegen des Sachverhalts zum Abgabezeitpunkt nochmals schriftlich bestätigt. Nach Meinung mancher Krankenkassen und deren Dienstleister lag dann zum Abgabezeitpunkt keine „ordnungsgemäße“ Verschreibung vor und somit bestünde auch keine Erstattungspflicht.

Das nachfolgende Beispiel soll dies deutlich machen. Den Namen der Krankenkasse werde ich diesmal nicht nennen, da es sich lediglich um eine Apothekenanfrage und (noch) nicht um eine Retaxation handelt. 

Verordnung:Etanercept 50 mg FS N3
(Wirkstoffverordnung einer Hochschulambulanz)
Verordnungsdatum:11.07.2018

Nun handelt es sich hier um ein biotechnologisch hergestelltes Arzneimittel, für das damit neben der allgemeinen Vorschrift zum Austausch „gleicher Wirkstoffe“ weitere besondere Vorsichtsmaßnahmen hinsichtlich eines Austauschs gegen Alternativpräparate zu beachten sind:

  1. Gemäß § 4 (1) a Rahmenvertrag gilt, dass verschiedene Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen von Isomeren, Komplexe und Derivate eines Wirkstoffes als ein und derselbe Wirkstoff gelten, es sei denn, ihre Eigenschaften unterscheiden sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erheblich hinsichtlich der Unbedenklichkeit und der Wirksamkeit.
  2. Zusätzlich gilt für „Biologicals“, dass diese nur gegeneinander ausgetauscht werden dürfen, sofern sie in der Anlage 1 Rahmenvertrag namentlich als „Bioidenticals“ aufgeführt werden:

4 (1) a Rahmenvertrag – Gleicher Wirkstoff

„Wirkstoff­gleich sind auch bio­technologisch hergestellte Arznei­mittel, sofern diese auf das jeweilige Referenz­arznei­mittel Bezug nehmend zugelassen sind und sich in Ausgangs­stoffen und Herstellungs­prozess nicht unterscheiden; die Verpflichtung der Apotheke zur Berücksichtigung dieser Arznei­mittel bei der Auswahl besteht für in Anlage 1 in der jeweils gültigen Fassung als untereinander wirkstoff­gleich aufgeführte Arznei­mittel.“

Die Anlage 1 des Rahmenvertrags hilft hier jedoch nicht weiter, da dort bislang keine Etanercept-Präparate gelistet sind und zudem nur konkrete Präparatenamen aufgeführt werden:

Zu dem verordneten Wirkstoff Etanercept sind seit einiger Zeit auch sogenannte „Biosimilars“ (nicht wirkstoffidentisch, sondern „nur“ wirkstoffähnlich zum Erstanbieterpräparat) auf dem Markt, die nicht automatisch gegen das Original Enbrel ausgetauscht werden dürfen. Austauschbar wären bei einer Enbrel-Verordnung gegenwärtig nur die als wirkstoffidentisch geltenden Enbrel-Importe.

Zudem gäbe der Arzt bei einer unbestimmten reinen „Wirkstoffverordnung“ auch keinen Preisanker vor.

Unerlässlich für die korrekte Versorgung des Patienten ist daher eine eindeutige namentliche Präparate­verordnung. Die hier vorliegende Wirkstoff­verordnung reicht nicht aus.

Aus diesem Grund hat die versorgende Apotheke versucht, den verordnenden Arzt zu kontaktieren, wurde jedoch telefonisch nicht mit ihm verbunden und mit der Aussage „Wir ändern grundsätzlich keine Rezepte“ abserviert.

Die Apotheke hatte somit keine Möglichkeit, die pharma­zeutischen Bedenken auszuräumen oder die Preis­wünsche des Arztes abzuklären und entschloss sich daher, gemäß Paragraph 17 (5) Apotheken­betriebs­ordnung die Versorgung abzulehnen.

17 (5) ApBetrO

„(5) Die abgegebenen Arznei­mittel müssen den Verschreibungen und den damit verbundenen Vorschriften des Fünften Buches Sozial­gesetzbuch zur Arzneimittel­versorgung entsprechen. Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arznei­mittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist.“

Dass hier bei Preisen zwischen vier und fünf Tausend Euro durchaus ein erhebliches Retaxrisiko bestanden hätte, zeigt ein Auszug aus einer früheren „Biological“-Retaxation aus dem DAP-Archiv:

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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