Unberechtigte Retaxation eines Entlassrezeptes
Seit es die Friedenspflichten bezüglich des Entlassrezeptes gibt, ist es um dieses Thema etwas ruhiger geworden. Dennoch sollten die Fristen im Hinterkopf behalten werden: Die Friedenspflicht für Entlassrezepte bei den Ersatzkassen gilt zwar bis zum Jahresende, doch bei Primärkassen sieht es teilweise anders aus – in NRW gilt diese nach aktuellem Stand nur bis Ende September. Hier sollten Apotheken also aufmerksam verfolgen, ob diese Frist nochmals verlängert wird, denn an der komplizierten Sachlage hinsichtlich des Nummernchaos mit Betriebsstättennummer und Standortkennzeichen hat sich bislang nichts geändert.
Neben diesen formalen Problemen kämpfen Apotheken bei Entlassrezepten weiterhin mit den Vorgaben zur abgabefähigen Packungsgröße und mit der verkürzten Gültigkeit. Letzteres wurde einer Apotheke kürzlich zum Verhängnis – doch die Prüfung der Retax ergab, dass nicht die Apotheke, sondern die Krankenkasse falsch gerechnet hatte.
Gültigkeit Entlassrezept: 3 Werktage
Eine Apotheke hatte im vergangenen Jahr ein an einem Samstag ausgestelltes Entlassrezept am darauffolgenden Dienstag erhalten und beliefert – es handelte sich dabei um das Pfingstwochenende mit Pfingstmontag als gesetzlichem Feiertag. Die Apotheke belieferte das Rezept, erhielt allerdings ein knappes Jahr später die Retax mit der Begründung „Entlassmanagement – Überschreitung der maximal zulässigen Belieferungsfrist“.
Nun war die Prüfung für die Apotheke in diesem Fall denkbar einfach. Auf den ersten Blick ist ersichtlich, dass hier die zulässige Frist nicht überschritten war. Entlassrezepte sind innerhalb von 3 Werktagen zu beliefern, dabei zählt das Ausstellungsdatum mit, sofern es sich dabei um einen Werktag handelt. So steht es in § 3 der Anlage 8 des Rahmenvertrags:
3 Belieferungsfrist
„Verordnungen nach § 39 Absatz 1a SGB V dürfen gemäß § 11 Absatz 4 der Arzneimittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 SGB V nur innerhalb von 3 Werktagen zu Lasten der Krankenkasse beliefert werden. Hierbei ist der Ausstellungstag mitzuzählen, sofern er ein Werktag ist.“
Dass die Apotheke korrekt gerechnet hat, lässt sich an den Fingern einer Hand abzählen: Das Rezept wurde samstags ausgestellt (Werktag = Tag 1 der Frist). Es folgten Sonntag und Montag, beide zählen aber nicht für die Frist, da Sonntag kein Werktag ist und der fragliche Montag als gesetzlicher Feiertag ebenso wenig. Bleibt der Abgabetag Dienstag: Ein Werktag und damit Tag 2 der Frist. Die Abgabe erfolgte somit fristgerecht.
Übrigens wäre auch in einer normalen Woche – ohne den Feiertag am Montag – ein samstags ausgestelltes Entlassrezept dienstags noch gültig, da sich die Frist wie zuvor geschrieben nur auf Werktage bezieht. Dienstag wäre also auch bei einem „normalen“ Montag Tag 3 der Frist und damit ein gültiger Abgabetag.
Einspruch anerkannt?
Die Apotheke hat demnach alles korrekt umgesetzt – der Rechenfehler liegt augenscheinlich aufseiten der retaxierenden Krankenkasse. Nun zeigt sich allerdings, wie sorgfältig Apotheken bei der Prüfung und Bearbeitung von Retaxationen vorgehen müssen.
Es wurde fristgerecht ein Einspruch zur eingegangenen Retax an die Krankenkasse gesendet, dieser blieb jedoch vorerst unbeantwortet und die Apotheke wartet weiter auf das Ergebnis. Hier sollte es nur eine Frage der Zeit sein, bis der Einspruch positiv beschieden wird, denn der Sachverhalt ist ja eindeutig. Dennoch muss die Apotheke weiterhin prüfen und nachhalten, ob es mittlerweile ein Ergebnis gab, schließlich steht der Apotheke die Vergütung für das Rezept zu und dieser Verpflichtung sollte die Krankenkasse unbedingt nachkommen. Übrigens: Bekommt die Apotheke zu ihrem Einspruch keine Rückmeldung, so gilt der Einspruch nach den aktuellen Lieferverträgen als anerkannt. So ist es auf jeden Fall im Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen festgehalten und auch in den Lieferverträgen der Primärkassen finden sich zumindest teilweise ähnlich lautende Regelungen – auch dies sollten Apotheken für den jeweils geltenden Bereich prüfen.
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