Unberechtigte Retax wegen angeblicher Nichtabgabe der Rabattarznei

Im DAP Retax-Newsletter haben wir schon öfters darauf hingewiesen, dass die bloße Existenz eines Rabattvertrags nicht automatisch bedeutet, dass die Rabattarznei in jedem Fall von der Apotheke abgegeben werden darf, muss oder soll. Besonders problematisch wird es bei Kassenfusionen, wenn sich deren Rabattverträge unterscheiden. Denn selbst wenn die Fusion schon länger zurückliegt, tauchen immer wieder Retaxationen wegen angeblicher Nichtbeachtung von Rabattverträgen auf, die für die betroffenen Apotheken nicht mehr nachvollziehbar sind.

Die IKK classic entstand bereits Anfang 2010 aus einer Fusion der IKKs Baden-Württemberg und Hessen, Hamburg, Thüringen und der IKK Sachsen. Somit ist es unwahrscheinlich, dass sich die folgende Retaxation noch auf einen alten Rabattvertrag der ehemaligen IKK Sachen bezieht.

Krankenkasse: IKK classic Sachsen (IK 107202793)
Verordnung:Remicade 100 mg Pulver PIK 3 St. N1 PZN 01359654
Versorgungsdatum:22.02.19

Die IKK classic verweigert der Apotheke die Erstattung der Versorgung ihres Versicherten in Höhe von 4407,60 Euro, da angeblich ein Rabattvertrag der Kasse nicht beachtet wurde:

Dies ist für die betroffene Apotheke und ihre Kollegen im DAP Forum nicht nachvollziehbar, denn zum Abgabezeitpunkt gab es nach Recherchen im DAP Retaxierungs-Checkplus und in der Lauer-Taxe kein austauschbares Rabattarzneimittel für die IKK classic:

Falls die Krankenkasse bzw. ihr Retax-Dienstleister (DAVASO GmbH Leipzig) das bei dieser IKK rabattierte Biosimilar Inflectra im Auge hat, dann wäre dem entgegenzuhalten, dass kein Austausch gegen Inflectra erlaubt ist und war. Grund: Das verordnete Remicade ist kein gegen Inflectra austauschbares Bioidentical, da es nicht in der Anlage 1 des Rahmenvertrags gelistet war oder ist!

Was bleibt, ist eine Versorgung, die alle zum Abgabezeitpunkt gültigen vertraglichen und rechtlichen Bedingungen erfüllte:

  • Die Krankenkasse IKK classic ist eindeutig auf der Verordnung genannt und daher gelten auch nur deren Rabattverträge.
  • Hier ist eindeutig – verteilt auf zwei Verordnungszeilen – das Original Remicade (mit PZN und Herstellerangabe) verordnet.
  • Es handelt sich um ein biologisch hergestelltes Arzneimittel und diese sind nur substituierbar, wenn die entsprechenden Präparate in der Anlage 1 des Rahmenvertrags zum Abgabezeitpunkt als austauschbar aufgeführt werden. Dies war und ist nicht der Fall.

Auch nach dem neuen Rahmenvertrag von Juli 2019 wäre diese Retax nicht berechtigt:

9 Auswahlbereich

„(1) Hat der Vertragsarzt […]

d) ein biotechnologisch  hergestelltes Fertigarzneimittel verordnet, das nicht von der Anlage 1 dieses Rahmenvertrages erfasst ist, hat die Apotheke nach Maßgabe des § 11 eine Auswahl gemäß den folgenden Sätzen zu treffen:

1.  Bei Verordnung eines Referenzarzneimittels umfasst der Auswahlbereich dieses Fertigarzneimittel sowie dessen Importarzneimittel. […]“

Diese Retaxation war somit nicht berechtigt und eine zertifizierte Rezeptprüfstelle der IKK classic wäre gut beraten, diese zurückzunehmen, wenn sie keine Klage riskieren möchte.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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