Teure Kanülen: 720 Euro Retax für Grippeimpfstoff

Mit der Ausschreibung von Rabattverträgen für Grippeimpfstoffe häuften sich nicht nur kritische therapeutische Stellungnahmen von Ärzte- und Apothekerverbänden, sondern auch Retaxationen der Krankenkassen, wenn Apotheken Lieferfristen oder die unterschiedlichen Vorgaben der jeweiligen Krankenkassen nicht genau einhalten konnten.

Da bald wieder Vorbestellungen für die Produkte der Ausschreibungsgewinner für die Saison 2017/18 abzuwickeln sind, möchten wir dieses Thema nochmals in einem Retax-Newsletter aufgreifen, damit Sie nicht wie die nachfolgende Apotheke die Grippevorsorge Ihrer Kunden aus eigener Tasche bezahlen müssen.

Die Apotheke wurde bei dieser Sprechstundenbedarfsverordnung zulasten der AOK Rheinland-Pfalz auf Null retaxiert, da nach Mitteilung der AOK-Rezeptprüfung kein Rabattimpfstoff abgegeben wurde.

In der Apotheke war man sich sicher, den Vertragsimpfstoff Vaxigrip® abgegeben und lediglich die falsche PZN 10311250 (Vaxigrip®mit Kanülen) aufgedruckt zu haben. Daher erhob die Apotheke Einspruch:

Die Rezeptprüfstelle machte jedoch in ihrer Einspruchsablehnung klar, dass man sogar eine nachträglich beigebrachte Rechnung bzw. Einkaufsbestätigung nicht als „Ausnahmetatbestand“ anerkennen würde, da

  • „eine ordnungsgemäß ausgestellte Verordnung“ u. a. „das Kennzeichen nach § 4 der Vereinbarung nach § 300 SGB V zu enthalten habe“ [Anm.: die PZN]

  • und „es sich beim Aufbringen eines falschen Kennzeichens […] nicht um einen Ausnahmetatbestand nach § 3 Rahmenvertrag“ handelte.

Auch auf einen weiteren Einspruchsversuch der Apotheke, mit dem diese anbot, die taxierten Kanülen aus eigener Tasche zu bezahlen, ging die Rezeptprüfung erwartungsgemäß nicht ein:

Fazit:

Das Verhalten der Krankenkasse ist hier nicht zu beanstanden, da sie sich vertraglich und rechtlich auf sicherem Boden bewegt.

2015/16 gab es für Rheinland-Pfalz zwei Ausschreibungsgewinner:

  • Fertigspritzen ohne Kanüle: Vaxigrip® Sanofi Pasteur MSD
  • Fertigspritzen mit Kanüle: Influvac® Abbott

Bestärkt durch das „Nullretax“-Urteil des BSG vom Juli 2013 und die Nichtzulassung einer Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil haben sich die Einspruchsmöglichkeiten gegen Nullretaxationen betroffener Apotheken insgesamt drastisch verschlechtert.

Was bleibt, ist das bittere Gefühl, dass Rezeptprüfstellen durch dieses Urteil darin bestätigt werden, den Apotheken die komplette Impfstoffversorgung trotz Abgabe des Ausschreibungsgewinners lediglich wegen irrtümlicher Abgabe oder auch irrtümlicher Falschtaxierung des gleichnamigen Kanülenpäparates nicht erstatten zu müssen, und dass diese gerichtliche Vorgabe auch durch den neuen Rahmenvertrag im Schiedsverfahren leider nicht mehr auf ein erträgliches Maß (Ersatz des entstandenen Schadens) abgemildert werden konnte.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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