T-Rezept-Retax: Rechtfertigt ein fehlender Arztstempel eine Nullretax?
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Wird in einer Apotheke ein T-Rezept vorgelegt, so sollte die Apotheke wie bei jeder Verordnung sorgfältig prüfen, ob alle geforderten Formalien erfüllt sind. Die verordneten T-Substanzen sind in der Regel hochpreisig und eine Retaxation trifft die Apotheke dann empfindlich. Und die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Krankenkassen bei formalen Fehlern nur selten Kulanz zeigen, obwohl dies gemäß Rahmenvertrag möglich ist. Heute möchten wir Ihnen solch ein abschreckendes Beispiel vorstellen.
T-Rezept: Arztstempel fehlt
Eine Apotheke erhielt im April 2022 ein T-Rezept über „Revlimid 5 mg Hartkapseln HKP 21 St. N1 PZN 01875255 >>1 x 1<<“. Die Kreuze waren korrekt gesetzt, die Arztunterschrift ebenfalls vorhanden und die Apotheke gab mit dem verordneten Revlimid auch ein zu diesem Zeitpunkt bei der DAK-Gesundheit rabattiertes Arzneimittel ab.
Allerdings übersah die Apotheke, dass der eigentlich vorgeschriebene Arztstempel fehlte. Das bemerkte auch die Krankenkasse und so erhielt die Apotheke leider im November 2022 eine Retax in Höhe von weit mehr als 6.000 Euro. Die Begründung lautete: „Der Arztstempel fehlt bzw. ist unvollständig. Es müssen die Angaben gem. § 2 Abs. 1.1 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) vorhanden sein.“
Unbestreitbar ist, dass die Apotheke dies hätte bemerken müssen – bei einem T-Rezept mit den besonderen Sicherheitsvorgaben sollte selbstverständlich sein, dass diese Rezepte genauestens überprüft werden. Gemäß dem von der Krankenkasse angeführten Absatz aus der AMVV gehören „Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden ärztlichen, tierärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person) einschließlich einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme“ zu den Angaben, die eine Verschreibung enthalten muss.
Handlungsspielraum für die Krankenkasse?
Doch es stellt sich die Frage, ob ein Fehlen des Arztstempels eine Nullretax in dieser Höhe rechtfertigt. Gemäß § 6 Abs. 1 Buchst. c Rahmenvertrag können Krankenkassen selbst entscheiden, die Apotheke trotz eines Fehlers ganz oder teilweise zu vergüten:
6 Zahlungs- und Lieferanspruch
„(1) Der durch Normverträge näher ausgestaltete gesetzliche Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht im Gegenzug für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht mit Belieferung einer gültigen ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung in papiergebundener oder elektronischer Form. Der Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […]
c) die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten,
d) es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt.“
Vielleicht könnte man auch folgendermaßen argumentieren: Anhand der auf dem T-Rezept angegebenen Arztnummer ist der Arzt eindeutig zu ermitteln. Außerdem hat der Arzt das Rezept selbst unterschrieben und die Verordnung so bestätigt. Somit könnte man davon ausgehen, dass weder die Arzneimittelsicherheit noch die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wesentlich tangiert wurden und es sich um einen rein formalen Fehler handelt. Nach dem oben abgebildeten § 6 Abs. 1 Buchst. d Rahmenvertrag stünde der Apotheke damit durchaus eine Vergütung zu.
Diese Argumente könnte die Apotheke in einem Einspruch anführen, gegebenenfalls zusätzlich mit einer Bestätigung des Arztes, dass die Verordnung in dieser Form korrekt und gewollt war und „nur“ der Stempel vergessen wurde. Wie solch ein Einspruch ausgeht, bleibt abzuwarten – aber dass ein fehlender Stempel eine Retax in solch einer Höhe verursacht, ist von der Verhältnismäßigkeit her fraglich, zumal der Patient korrekt versorgt wurde.
Vorsicht ist besser als Nachsicht
Wie schon so oft an dieser Stelle kann nur dazu aufgerufen werden, vor allem Rezepte über hochpreisige Präparate auf Herz und Nieren bzw. alle erforderlichen Formalien zu prüfen – bestenfalls im Vier-Augen-Prinzip, damit nichts übersehen wird, und dies am besten sowohl direkt bei der Rezeptvorlage als auch nochmals direkt vor der Rezeptabrechnung.
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