Substitutionsausschlussliste:
Arzt lehnt eindeutige Verordnung ab

Auf Weisung des Gesetzgebers hat der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA) in der Anlage VII Teil B (Substitutionsausschlussliste) der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) Wirkstoffe in genau definierten Darreichungsformen gelistet, bei denen ausschließlich der verordnende Arzt das abzugebende Präparat bestimmen darf. Auch Rabattverträge sind hierbei nachrangig, denn es handelt sich um Wirkstoffe mit kritischen Indikationen, die eine enge therapeutische Breite haben. Jeder Wechsel des ärztlich verordneten Präparates könnte kritische Therapieprobleme zur Folge haben, da schon geringste Schwankungen bezüglich des Wirkstoffes bzw. der Bioverfügbarkeit die Therapie gefährden können.

Daher hat der Gesetzgeber die Versorgung mit den in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 genannten Wirkstoffen, ausschließlich in die Verantwortung des behandelnden Arztes gestellt:

129 (1a) SGB V (Auszug)

„Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 erstmals bis zum 30. September 2014 die Arzneimittel, bei denen die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b ausgeschlossen ist; dabei sollen insbesondere Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite berücksichtigt werden.“

Was aber, wenn der behandelnde Arzt gar keinen Wert darauf legt, diese Verantwortung wahrzunehmen und eine eindeutige Produktverordnung grundsätzlich ablehnt?

Kaum zu glauben, aber genau von diesem Problem berichtet ein Mitglied des DAP-Retaxforums seinen Kolleginnen und Kollegen:

Gibt es tatsächlich keine Verpflichtung zur eindeutigen namentlichen Verordnung?

1. Stellungnahme der Kassenärztlichen Vereinigung:

Die Kassenärztliche Vereinigung hat der Apotheke mitgeteilt, dass der Arzt keinen Hersteller nennen muss, auch nicht nach telefonischer Rücksprache der Apotheke.

Gleichwohl findet sich auf der Webseite der KVWL folgende empfehlende Information an die Ärzteschaft zu Verordnungen von Arzneimitteln der Substitutionsausschlussliste:

In der Tat hat diese „Soll-Information“ lediglich den Charakter einer Empfehlung, denn eine Verpflichtung zur namentlich eindeutigen Verordnung des benötigten Arzneimittels besteht für den Arzt tatsächlich nicht:

2. Stellungnahme des Apothekerverbandes:

Hierzu schreibt uns die Apotheke:

§ 4 (13) vdek-Versorgungsvertrag:

Hier hilft somit weder der vdek-Vertrag, noch der eigene Apothekerverband der Apotheke weiter, da sich der Arzt ausdrücklich weigert, die Apotheke, bei der ihr vorgeschriebenen Eindeutigkeit der Verordnung, zu unterstützen.

3. Stellungnahme der vdek-Kasse:

Auch bei der betroffenen vdek-Kasse hat sich die Apotheke erkundigt und leider auch hier keine hilfreiche Auskunft erhalten:

Diese Auskunft mag aus Sicht der kostenbewussten Krankenkasse verständlich sein, jedoch ist sie weder rechtlich noch vertraglich begründbar.

Zudem liegt uns eine Substitutions-Retaxation einer anderen vdek-Kasse vor, die trotz Einspruch genau die hier empfohlene Abgabe eines preisgünstigen Präparates retaxierte. Trotz Begründung der Lieferprobleme durch die abgebende Apotheke in Rücksprache mit dem Arzt, beanstandete die Kasse, dass die Rezeptänderung ausschließlich durch den Arzt erfolgen durfte:

Man sieht, auch unter den Ersatzkassen gibt es hierzu keine einheitliche Meinung.

Was bleibt, ist die Frage der betroffenen Apotheke:

Fazit:

  • Es gibt für den Arzt bezüglich Arzneimittel der Substitutionsauschlussliste tatsächlich, selbst bei Nachfrage der Apotheke, keine Verpflichtung, diese Arzneimittel eindeutig (namentlich) zu verordnen.

  • Fakt ist, dass die Arzneilieferverträge der Apotheken jedoch eine eindeutige Verordnung erfordern.

  • Auch die Apothekenbetriebsordnung erlaubt in § 17 (5) keine Abgabe einer unklaren Verordnung, ohne vorherige Beseitigung des Problems.

Es ist kaum zu glauben, aber wenn der Arzt sich weigert, solche Verordnungen zu präzisieren, darf die Apotheke den Patienten nicht versorgen, solange hierzu nicht eine entsprechende Verpflichtung der Ärzte in der AMVV, den AM-RL oder zumindest in den Bundesmantelverträgen vorgeschrieben wird.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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