Retaxgefahr durch Abgabe vor Listung in der Datenbank

Der Retax-Newsletter sieht es nicht nur als seine Aufgabe, auf unberechtigte Retaxationen hinzuweisen, sondern hilft gerne auch mit allgemeinen Hinweisen, wenn uns Kolleginnen und Kollegen aus dem DAP-Forum um Hilfe bei meist sehr teuren Verordnungen bitten, bei denen sie eine Retaxation befürchten.

Entscheidend ist dabei, dass diese Hinweise anschließend auch für die Forumsgemeinschaft zur Verfügung stehen, da die Forumsdiskussionen auf der gegenseitigen Hilfe zur Problemlösung beruhen, denn nur gemeinsam können wir der Retaxproblematik etwas entgegensetzen.

Ein häufiges Problem ist die Abgabe von Arzneimitteln kurz vor Veröffentlichung in der offiziellen ABDA-Datenbank.

Verständlicherweise möchten die pharmazeutischen Hersteller nach erfolgreicher Bewältigung sämtlicher rechtlicher und vertraglicher Probleme ihr neues Arzneimittel möglichst bald in den Handel bringen. Daher werden die Apotheken beim Inverkehrbringen zwischen den offiziellen Aktualisierungen der ADBA-Datenbank zum 1. und 15. des Monats mit entsprechenden Artikel-Informationen per Hersteller-Fax oder Mitteilungen der MGDA (Marketing-Gesellschaft Deutscher Apotheker mbH) versorgt. Nicht selten stellen die Mitarbeiter des Herstellers ihre Innovation bereits in den Arztpraxen vor, ohne auf die noch nicht erfolgte Listung hinzuweisen.

Die Apotheken haben jedoch Bedenken, ob sie ein noch nicht gelistetes Arzneimittel zulasten der GKV abgeben dürfen oder sie damit letztlich Gefahr laufen, die ärztliche Verordnung nicht oder nur teilweise bezahlt zu bekommen. Schließlich enthalten die entsprechenden Herstellerinformationen meist nur die für die Abrechnung erforderlichen Daten (PZN und Preise), häufig fehlen jedoch Informationen zu ggf. gleichzeitig erscheinenden wirkstoffgleichen Konkurrenzprodukten, vorrangig zu beachtenden Rabattverträgen oder bestehenden Verordnungseinschränkungen.

Eine Verordnung zu dieser Thematik erreichte kürzlich das DAP-Team.
Da es sich nicht um eine bereits erfolgte Retaxation handelte, verzichten wir auf die Angabe der Krankenkasse:

Ursprüngliche Verordnung:

Skyrizi 75 mg 2 Fertigspritzen PZN: 15373617 4 St.,
Tag 0 2 Spritzen, Tag 28 2 Spritzen, schwere, ansonsten therapieresistente Psoriasis

Es handelt sich um das grundsätzlich erstattungsfähige, biologisch hergestellte verschreibungspflichtige Antipsoriatikum Risankizumab. Wie zu erkennen ist, wurde das Verordnungsdatum vom 29.05.19 manuell nach Rücksprache auf den 01.06.19 geändert und mit Unterschrift bestätigt:

Zum ursprünglich angegebenen Datum (29.05.19) war das Arzneimittel noch nicht in der ABDA-Datenbank gelistet.

Da für die Krankenkasse nicht erkennbar war, wer das Verordnungsdatum geändert hat und da eine solche Änderung der Apotheke nur in wenigen Fällen gestattet ist, wäre eine Retaxation nicht auszuschließen. In Bayern wäre der Apotheke eine Datumsänderung nur erlaubt, wenn es sich um ein offensichtlich falsches oder fehlendes Ausstellungsdatum handelte.

3 (2) Bayern

e) Datum der Ausstellung der Verordnung durch den Vertragsarzt; ein fehlendes oder ein offensichtlich falsches Ausstellungsdatum darf vom Apotheker aufgrund einer Rücksprache mit dem Vertragsarzt ergänzt bzw. korrigiert werden. Das Ergebnis der Rücksprache hat der Apotheker auf dem Verordnungsblatt zu vermerken.

Da hier beides nicht der Fall war und angesichts der hohen Taxsumme über 2 Packungen ohne N-Bezeichnung auch weitere Klarstellungen und Kennzeichnungen erforderlich bzw. wünschenswert waren, hat die Apotheke von der verordnenden Klinik eine neue, eindeutigere Verordnung erbeten und auch erhalten:

Allgemein gibt der Arzneiliefervertrag Bayern bei vorzeitiger Ausbietung Folgendes vor:

6 (4a) Arzneiliefervertrag Bayern

Wird ein Arzneimittel vor dem Termin der Ausbietung im ABDA-Artikelstamm vom Hersteller in den Markt gebracht und vom Apotheker abgegeben, wird die Verordnung zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abrechnung erst ab dem Tag der Ausbietung im ABDA-Artikelstamm bedruckt; das tatsächliche Abgabedatum im Sinne des Buchstabens c) ist in diesem Ausnahmefall zusätzlich auf der Verordnung zu vermerken.

Falls ihr Regionalvertrag ähnliche Regelungen enthält und eine dringende ärztliche Verordnung vorliegt, empfehlen wir in diesem Sinne zu verfahren.

Tipp

  • Die Verordnung erst am Tag der Aufnahme in den ABDA-Artikelstamm bedrucken.
  • Das tatsächliche Abgabedatum ist auf der Verordnung handschriftlich zu vermerken.

Der retaxsicherste Weg wäre natürlich, wenn die Versorgung des Patienten bis zur Veröffentlichung der Arzneimitteldaten in der ABDA-Datenbank warten kann.

Zu hoffen ist in diesem Fall auch, dass bei nächster Gelegenheit auch eine Einteilung in die Packungsgrößenverordnung vorgenommen wird.
Nach Inkrafttreten des neuen Rahmenvertrags ab 01.07.19 wäre eine Aufteilung auf zwei Verordnungszeilen erforderlich.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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