Retaxfall(e) Vergleich Original versus Import
Der Vergleich zwischen Original und Import stellt Apotheken weiterhin vor Herausforderungen. Denn trotz der Retaxverbote, die mittlerweile im SGB V verankert sind, kommt es im Bereich Original/Import immer noch zu Retaxationen. Dies zeigt auch das folgende Beispiel.
Originale mit Aut-idem-Kreuz verordnet
Eine Apotheke hatte im September 2023 ein Rezept zulasten einer AOK erhalten, auf dem Folgendes verordnet war:
2 x Prograf 0,5 mg Kapseln N3, PZN 03053793, 2 x 100 St., 1 x Prograf 1 mg HKP N3, PZN 06896457, 100 St., sowie Tamsulosin Heu 0,4 HVW N3, PZN 12582177, 100 St.
Die beiden Verordnungszeilen zu den Prograf-Originalen waren jeweils mit einem Aut-idem-Kreuz versehen. Die Apotheke gab die Prograf-Präparate wie verordnet ab und das Tamsulosin-Generikum ebenfalls, da hierzu der Rabattpartner nicht lieferbar war. Für die dritte Verordnungszeile wurde die Nichtverfügbarkeit mit Sonder-PZN und Vermerk auf dem Rezept dokumentiert.
Retax trotz Aut-idem-Kreuz
Allerdings erhielt die Apotheke im Mai dieses Jahres eine Retax, da zu den Prograf-Verordnungszeilen keine Rabattverträge berücksichtigt wurden. Die Apotheke wurde nun stutzig und fragte nach, warum bei einer Verordnung mit Aut-idem-Kreuz dennoch ein Austausch stattfinden sollte, zumal der Wirkstoff Tacrolimus auch noch auf der Substitutionsausschlussliste geführt wird.
Das Problem in diesem Fall ist, dass die Rabattartikel zum Abgabezeitpunkt Importe waren – grundsätzlich hätten diese vorrangig vor den nicht rabattierten Originalen abgegeben werden müssen. Original und bezugnehmend darauf zugelassene Importe gelten gemäß § 2 Abs. 7 Rahmenvertrag als identische Präparate:
2 Abs. 7 Rahmenvertrag
„[…] Die zugelassenen Anwendungsgebiete des Importarzneimittels entsprechen denen des Referenzarzneimittels. Importarzneimittel und ihre Referenzarzneimittel bzw. die entsprechenden Importarzneimittel untereinander gelten als identische Arzneimittel.“
Aus diesem Grund reicht ein gesetztes Aut-idem-Kreuz allein nicht aus, um einen Austausch zwischen Original und Import zu verhindern. Dies gilt auch für Arzneimittel der Substitutionsausschlussliste.
Im Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen wurde mittlerweile vereinbart, dass bei der Verordnung zusätzlich zum Kreuz ein ärztlicher Hinweis angegeben werden kann, der das Austauschverbot unterstreicht („kein Austausch aus medizinisch-therapeutischen Gründen“ oder ähnlich). In den Regionallieferverträgen fehlt solch eine Regelung meistens, sodass hier immer auf möglicherweise in Frage kommende Import-Rabattarzneimittel geprüft werden muss.
Im vorliegenden Fall war sich die Apotheke recht sicher, dass die rabattierten Importarzneimittel zum Abgabezeitpunkt nicht lieferbar waren, jedoch wurde die entsprechende Nachweisführung versäumt. Resultat war die Retax, wobei zumindest im Einklang mit dem Retaxverbot im SGB V nicht wie zuvor bei Rabattvertragsverstößen auf null retaxiert, sondern die Rechnung gekürzt wurde. Dennoch ist dies ein finanzieller Einschnitt.
Falls die Apotheke im Nachhinein noch belegen kann, dass die rabattierten Importe nicht lieferbar waren, könnte sie die entsprechenden Nachweise im Einspruchsverfahren nachträglich einreichen – diese Möglichkeit sieht der Rahmenvertrag auch bei zunächst fehlender Dokumentation auf dem Rezept vor.
Übrigens sind seit Anfang Februar die Prograf-Originale bei der vorliegenden Krankenkasse rabattiert. Mittlerweile wäre die durch die Apotheke gewählte Versorgung also im Einklang mit dem Rahmenvertrag.
Augen auf beim Original-Import-Vergleich
Falls an der vorliegenden Retax nun mangels Nichtverfügbarkeitsbelegen kein Einspruch mehr in Frage kommt, sollte zumindest zukünftig zur Retaxvorbeugung Folgendes beim Vergleich zwischen Original und Import beherzigt werden:
- Original und bezugnehmend darauf zugelassene Importe gelten als identische Präparate (selbst dann, wenn sie abweichende Namen tragen).
- Ein Aut-idem-Kreuz allein verhindert nicht den Austausch zwischen Original und Import, dies gilt auch im Hinblick auf Rabattverträge.
- Ist ein verordnetes Original nicht rabattiert und gibt es rabattierte Importe, so sind letztere bevorzugt abzugeben.
- Umgekehrt hat ein rabattiertes Original Vorrang vor nicht rabattierten Importen. Gibt es in beiden Gruppen Rabattarzneimittel, kann die Apotheke frei unter diesen wählen.
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