Retaxfalle Rezeptfrist: Gilt Abgabe- oder Vorlagedatum?

Bei der Rezeptbelieferung müssen bekanntlich zahlreiche Formalien geprüft werden – eine der wichtigsten ist dabei sicherlich das Ausstellungsdatum, denn anhand dessen ergibt sich die Rezeptgültigkeit.

Bei Überschreitung der vorgegebenen Frist ist in der Regel eine Retax die Folge, darüber mussten wir schon häufig berichten. Wichtig ist natürlich die Kenntnis darüber, dass unterschiedliche Rezeptformulare bzw. spezielle Verordnungstypen verschiedene Rezeptgültigkeiten aufweisen.

Aktuelle Fragestellung

Da uns dazu auch immer wieder Fragen erreichen, möchten wir heute noch einmal die Eckpunkte diesbezüglich vorstellen. Kürzlich fragte eine Apotheke das DeutscheApothekenPortal Folgendes:

„Wir haben folgenden Fall: Ein BtM-Rezept wurde innerhalb der vorgesehenen Frist in der Apotheke vorgelegt, bei der Abgabe war jedoch die Frist überschritten und dieses Datum wurde auf das Rezept gedruckt. Wie kann man das ‚heilen‘?“

Für BtM-Rezepte gibt es bezüglich der Gültigkeit eigene Vorgaben, die der BtMVV zu entnehmen sind:

12 Abgabe

„(1) Betäubungsmittel dürfen vorbehaltlich des Absatzes 2 nicht abgegeben werden:

1. auf eine Verschreibung,

a) die nach den §§ 1 bis 4 oder § 7 Abs. 2 für den Abgebenden erkennbar nicht ausgefertigt werden durfte,

b) bei deren Ausfertigung eine Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2, des § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 oder des § 9 nicht beachtet wurde,

c) die bei Vorlage vor mehr als sieben Tagen ausgefertigt wurde oder

d) die mit dem Buchstaben ‚K‘ oder ‚N‘ gekennzeichnet ist […]“

Im vorliegenden Fall sollte die Apotheke also das Vorlagedatum auf dem Rezept dokumentieren, dann sind bei der Abrechnung auch keine Probleme zu erwarten, da die Vorlage fristgerecht erfolgte. Bei BtM-Rezepten ist die Vorgabe bewusst in dieser Form gefasst, da nur so bestimmte Rezepte im Rahmen der Substitutionstherapie beliefert werden können (Mischrezepte, bei denen sowohl Dosen für Take-home als auch Dosen zur Vergabe unter Sicht verordnet werden können).

Bei anderen Rezepten ist in der Regel das Datum der Belieferung maßgeblich – eventuelle Abweichungen dazu sollten im entsprechenden Liefervertrag nachgeschlagen werden. So gibt es bei Ersatzkassenrezepten beispielsweise in § 5 Abs. 2 des Arzneiversorgungsvertrags den Hinweis, dass auch hier das Datum der Rezeptvorlage maßgeblich ist:

5 Abs. 2

„Die Mittel dürfen nur abgegeben werden, wenn die Verordnung innerhalb der in den Arzneimittel-Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 SGB V bestimmten Gültigkeitsfrist nach Ausstellung der Verordnung in der Apotheke vorgelegt wird.“

Die Versorgungsverträge sehen teilweise eine Regelung für eine verspätete Rezepteinreichung bei der Abrechnungsstelle vor. In solch einem Fall wird keine Retax auf null erfolgen. Folgendermaßen ist es für die Ersatzkassen in § 11 des AVV vereinbart:

11 Rechnungslegung

„(1) Die Rechnungslegung der Apotheke erfolgt monatlich bis spätestens einen Monat nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung erfolgte, an die von den Ersatzkassen benannten Stellen. Eine Überschreitung der Frist nach Satz 1 befreit die Ersatzkasse nicht von der Zahlungsverpflichtung. Werden einzelne Verordnungsblätter gemäß § 3 mehr als einen Monat nach Ablauf dieser Frist abgerechnet, sind die Ersatzkassen berechtigt, den Gesamtbruttobetrag dieser Verordnungsblätter gemäß § 3 um fünf Euro je Verordnungszeile, bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und den anderen Mitteln nach § 1 Absatz 1 Ziffer 2 um zehn Prozent des Apothekenabgabepreises, zu kürzen, insgesamt jedoch je Abrechnungsmonat und Ersatzkasse höchstens um 50 Euro, es sei denn, die Apotheke und die Abrechnungsstelle haben die Fristüberschreitung nicht zu vertreten; weitergehende Vertragsmaßnahmen nach § 27 Absatz 1 Ziffer 2 des Rahmenvertrages sind ausgeschlossen.“

Für eine Fristüberschreitung bei der Rezeptbelieferung muss jeweils geprüft werden, ob es dazu Ausnahmeregelungen gibt. Im Rahmenvertrag ist festgehalten, dass nach Rücksprache mit dem Arzt und entsprechender Dokumentation auf der Verordnung auch eine verspätete Belieferung nicht retaxiert werden darf. Dazu ist in § 6 Abs. 2 g7 Rahmenvertrag Folgendes festgehalten:

6 Abs. 2 g7 Rahmenvertrag

Um einen unbedeutenden Fehler im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Buchstabe d) handelt es sich insbesondere:[…]

g) Wenn bezogen auf den Rahmenvertrag […]

(g7) die Apotheke ein Arzneimittel nach Ablauf der in § 11 Absatz 4 Satz 1 Arzneimittel-Richtlinie vorgesehenen Belieferungszeit von derzeit 28 Tagen nach Ausstellung abgibt. Hierbei gilt, dass die Rücksprache mit der verschreibenden Person und die Gründe für die Fristüberschreitung

  • auf einem papiergebundenen Verordnungsblatt dokumentiert und von der Apothekerin / vom Apotheker abgezeichnet werden oder

bei einer elektronischen Verordnung im elektronischen Abgabedatensatz entsprechend der Regelungen nach § 2 Absatz 17 Satz 4 zur Rezeptänderung ergänzt und mittels qualifizierter elektronischer Signatur signiert werden.

Übersicht der wichtigsten Abgabefristen

Nachfolgend finden Sie noch einmal die wichtigsten Abgabefristen auf einen Blick.

RezeptGültigkeitGrundlageHinweise
Normales GKV-RezeptBelieferung innerhalb von 28 Tagen nach Ausstellungstag§ 11 Abs. 4 AM-RL; ArzneimittellieferverträgeJe nach Arzneiliefervertrag Unterscheidung zwischen Belieferungs- und Vorlagedatum
EntlassrezeptBelieferung innerhalb von 3 Werktagen, Ausstellungstag zählt mit.§ 11 Abs. 4 AM-RL; Anlage 8 § 3 RahmenvertragUnterscheidung zwischen Werktagen und Sonn-/Feiertagen
BtM-RezeptVorlage innerhalb von 7 Tagen nach dem Ausstellungstag§ 12 Abs. 1 BtMVVMaßgeblich ist das Vorlagedatum; gilt auch für Privatrezepte.
T-Rezept6 Tage nach Ausstellungstag gültig§ 3a Abs. 4 AMVVGilt auch für Privatrezepte
Verordnungen über Acitretin-, Alitretinoin- oder Isotretinoin-haltige Arzneimittel6 Tage nach Ausstellungstag gültig für Frauen im gebärfähigen Alter§ 3b Abs. 2 AMVVDie Einschränkung gilt nicht für Verordnungen für Männer bzw. nicht mehr gebärfähige Frauen; Vorgabe gilt auch für Privatrezepte.
PrivatrezepteBis zu 3 Monate gültig, sofern keine Angabe zur Gültigkeit gemacht worden ist§ 2 Abs. 5 AMVVAuch für Privatrezepte gelten die Vorgaben für BtM- und T-Rezepte sowie für Verordnungen über Acitretin-, Alitretinoin- oder Isotretinoin-haltige Arzneimittel.

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