Retaxfalle Mehrkosten – Aussicht auf Besserung!
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In den vergangenen Monaten ist uns immer wieder von Retaxationen berichtet worden, bei denen Mehrkosten, die der GKV in Rechnung gestellt wurden, durch diese beanstandet und nicht übernommen wurden. Nun wirft ein aktuelles Schreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung ein neues Licht auf diese Situation.
Bei der Rezeptbelieferung soll die Apotheke nach den Vorgaben des Rahmenvertrags die Abgabe mehrkostenpflichtiger Arzneimittel vermeiden, so steht es unter anderem in § 7 Abs. 5: „Die Abgabe mehrkostenpflichtiger Arzneimittel ist zu vermeiden.“
Mehrkosten, die fällig werden, wenn der Preis eines Arzneimittels oberhalb des Festbetrags liegt, müssen in der Regel durch den Versicherten gezahlt werden – die GKV trägt nur den Preis bis zum Festbetrag. Daher sollte bei der Arzneimittelauswahl ein Arzneimittel ohne Mehrkosten gewählt werden, es sei denn, der Patient besteht auf der Abgabe eines teureren Arzneimittels und ist auch bereit, die anfallenden Mehrkosten zu zahlen.
Ausnahme bei Nichtlieferbarkeit von Rabattverträgen
Eine Ausnahme ist jedoch im Rahmenvertrag verankert: Wenn Rabattarzneimittel nicht lieferbar sind und auch kein anderes aut-idem-fähiges Präparat ohne Mehrkosten abgegeben werden kann, so kann die Apotheke die nun unweigerlich entstehenden Mehrkosten der GKV berechnen.
11 Abs. 3 Rahmenvertrag
„Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Fertigarzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten. Bezugsgröße für die Bemessung der Zuzahlung nach § 61 Satz 1 SGB V ist der Abgabepreis des Fertigarzneimittels.“
Diese Vereinbarung deckt demnach nur Fälle ab, in denen grundsätzlich Rabattarzneimittel zur Verfügung gestanden hätten, diese sowie andere mehrkostenfreie Alternativen aber nicht lieferbar sind. Doch es gibt nachweislich zahlreiche andere Fälle, bei denen keine Rabattverträge bestehen, aber dennoch bei der Arzneimittelauswahl aufgrund von Lieferschwierigkeiten mehrkostenfreier Alternativen nur ein Arzneimittel oberhalb des Festbetrags zur Abgabe in Frage kam.
Aktuelles Schreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung
Nun liegt uns ein Schreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung vor, das sich mit dieser Situation befasst. Nachfolgend ein Auszug aus diesem Schreiben (Rundschreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung, „Mehrkosten bei Abgabe eines Arzneimittels“; 19. Januar 2022, AZ: 211-5411.3-1982/2020):
Rundschreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung
„Seit dem 1. April 2020 gilt mit Einfügung des Absatzes 4c in § 129 SGB V (aufgrund des Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz, GKV-FKG) eine Neuregelung zur Abgabe von Arzneimitteln für die Versorgung bei Lieferengpässen von Rabattarzneimitteln. Geregelt wird hierfür explizit auch die Nichtgeltung von Festbeträgen, wenn die Versorgung nur mit einem Arzneimittel oberhalb des Festbetrages möglich ist. Hierfür gilt ausdrücklich das Sachleistungsprinzip.
Eine gleichartige Situation kann sich jedoch auch ergeben, wenn notwendige festbetragsgeregelte Arzneimittel, für die keine Rabattvereinbarung besteht, nicht verfügbar sind. Nach uns vorliegenden Hinweisen aus der Praxis berufen sich dann die Krankenkassen zum Teil auf das Wirtschaftlichkeitsgebot und sehen ihre Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten mit dem Festbetrag als erfüllt an (vgl. § 12 Abs. 2 SGB V, § 31 Abs. 2 Satz 1 SGB V).
Allerdings sehen wir an dieser Stelle eine Verletzung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten nach § 2 SGB V. Die Abgabe des Arzneimittels über dem Festbetrag erfolgt hier nicht etwa auf Wunsch des Versicherten, sondern nur wegen der Lieferschwierigkeiten. Diese liegen nicht im Verantwortungsbereich des Versicherten.“
Letztlich geht aus dem Schreiben hervor, dass Mehrkosten auch dann nicht vom Patienten zu zahlen sind, wenn diese aufgrund von Lieferschwierigkeiten anderer Präparate die einzige Abgabemöglichkeit darstellen. In diesem Fall sollten die Patienten nach aktuellem Stand die Mehrkosten zunächst in der Apotheke bezahlen und dann die Quittung mit den ausgewiesenen Mehrkosten bei ihrer Krankenkasse einreichen, damit ihnen diese erstattet werden.
Zukünftig sollte nach Aussage des Schreibens eine entsprechende Regelung im Rahmenvertrag ergänzt werden, damit die Vorgehensweise analog der jetzigen Regelung in § 11 Abs. 3 erfolgen kann und damit die Abrechnung direkt über die GKV möglich wird.
Einspruch bei entsprechenden Retaxationen?
Unter diesen Voraussetzungen kann es in unseren Augen auch erfolgversprechend sein, auf Basis dieses Schreibens gegen solche Retaxationen Einspruch einzulegen. Dies gilt natürlich nur dann, wenn aufgrund von Lieferschwierigkeiten nur die Abgabe eines mehrkostenpflichtigen Arzneimittels in Frage kam, und nicht, wenn der Patient auf der Abgabe eines teureren Arzneimittels beharrte, obwohl es andere Abgabemöglichkeiten gegeben hätte. Wenn Sie dabei Erfolg haben, teilen Sie uns dies gerne unter abgabeprobleme@extradeutschesapothekenportal.de mit.
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