Retaxfalle: Lieferengpass in Kombination mit AV-Artikel

Liefer­eng­pässe bestimmen weiter­hin das Tages­geschäft in Apotheken. Wird ein Rezept vor­gelegt und das verordnete Präparat ist nicht verfüg­bar, so geht die Suche nach Alternativen los. Die Apotheke möchte das Rezept natürlich zeit­nah beliefern, doch der im Folgenden vorge­stellte Fall zeigt, dass die Patienten­versorgung häufig nicht ohne Weiteres möglich ist – trotz der mit dem ALBVVG festge­legten Abgabe­erleichterungen.

Liefer­bare Alternative AV mit Nachfolge­artikel

In einem aktuellen Fall wurde ein Rezept über „Risedronat 35 mg Film­tabletten 12 St. N3“ vorgelegt. Aufgrund von Liefer­eng­pässen bei den Generika ist offenbar das Original Actonel 35 mg einmal wöchentlich Film­tabletten 12 Stück die preis­günstigste verfügbare Alternative. Allerdings stellte die Apotheke fest, dass das genannte Präparat AV gekenn­zeichnet und eben­falls nicht mehr erhältlich ist. Die EDV zeigte daher den im System hinter­legten Nach­folger an: Actonel einmal wöchentlich 35 mg magen­saft­resistente Tabletten 12 Stück.

Die Apotheke stellte sich nun die Frage, ob dieser Nach­folger problem­los abge­geben werden kann – in der Aut-idem-Suche wurde er nämlich nicht dargestellt.

Achtung bei nicht aut-idem-konformen Nachfolgern!

Die Antwort auf diese Frage lautet: Nein – der Nachfolger kann nicht ohne Weiteres auf das vor­liegende Rezept abge­geben werden, da der Ursprungs­artikel mit der Darreichungs­form Film­tabletten (FTA), der Nachfolger aller­dings mit magen­saft­resistenten Tabletten (TMR) gemeldet ist. Da es auch in Teil A der Anlage VII (Hinweise zur Austausch­barkeit von Darreichungs­formen) der Arznei­mittel-Richtlinie des G-BA keinen Eintrag zu Risedronat gibt, ist zwischen den genannten Darreichungs­formen kein Aut-idem-Austausch möglich. Nun sollte man meinen, dass in Zeiten von Liefer­eng­pässen erweiterte Abgabe­möglichkeiten der Apotheke den Aus­tausch erlauben sollten. Aller­dings ist der vorliegende Fall nicht durch die Abgabe­erleichterungen abge­deckt, die mit dem ALBVVG in § 129 Abs. 2a SGB V verankert wurden:

129 Abs. 2a SGB V

„[…] Apotheken dürfen ohne Rück­sprache mit dem ver­ordnenden Arzt von der ärztlichen Ver­ordnung im Hin­blick auf Folgendes ab­weichen, sofern hier­durch die ver­ordnete Gesamt­menge des Wirk­stoffs nicht über­schritten wird:

  1. die Packungs­größe, auch mit einer Über­schreitung der nach der Packungs­größen­ver­ordnung maß­ge­blichen Mess­zahl,
  2. die Packungs­anzahl,
  3. die Abgabe von Teil­mengen aus der Packung eines Fertig­arznei­mittels, soweit die ver­ordnete Packungs­größe nicht liefer­bar ist, und
  4. die Wirk­stärke, sofern keine pharma­zeutischen Bedenken bestehen.“

Ein Aut-simile-Austausch ist demnach nicht vor­ge­sehen – dieser wäre nur bei Kinder­arznei­mitteln der Dringlich­keits­liste möglich.

Die Apotheke sollte noch prüfen, ob gegeben­enfalls im Liefer­vertrag der vor­liegenden Kranken­kassen eine Regelung vorhanden ist, die im Zuge von Liefer­eng­pässen einen Aut-simile-Austausch nach ärztlicher Rück­sprache mit ent­sprechender Dokumentation erlaubt. Teilweise haben diese Regelungen, die noch der Corona­pandemie ent­stammen, weiterhin Bestand, dies gilt jedoch nicht für alle Kranken­kassen (beispielsweise nicht für die Ersatz­kassen).

Ist diese Möglichkeit nicht gegeben, muss die Apotheke ein neues Rezept ausstellen lassen. Anders ist die Ver­sorgung mit dem Alternativ­arznei­mittel auf­grund der abweichenden Darreichungs­form nicht retaxsicher möglich.

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