Retaxfalle Entlassrezept
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Wenn Krankenhäuser Entlassrezepte ausstellen, so haben sie – und anschließend auch die Apotheke – besondere Formalien zu beachten: Unter anderem ist ein Rezeptformular zu verwenden, das die Kennzeichnung „Entlassmanagement“ trägt. Doch wer übernimmt die Verantwortung, wenn dies in der Klinik nicht umgesetzt wird, die Apotheke das Entlassrezept nicht als solches erkennt und es dann unwissentlich zu spät beliefert? Offenbar die Apotheke, wie aktuelle Retaxbeispiele zeigen, die an das DeutscheApothekenPortal gesendet wurden.
Mehrere retaxierte Entlassverordnungen
Eine Apotheke berichtet über gleich mehrere Retaxationen durch eine AOK, die offenbar bei Rezepten aus Kliniken ganz genau hingeschaut hat. Der Retaxationsgrund war jeweils: „860) Entlassmanagement - Überschreitung der maximal zulässigen Belieferungsfrist.“
Die Apotheke legte auch die Images der retaxierten Rezepte vor: Keines der (rosa) Rezepte war auf einem Formular für das Entlassmanagement ausgestellt worden. Die Verordnungen stammen aus verschiedenen Krankenhäusern. Die Apotheke schreibt, dass für sie so nicht erkennbar war, ob der Patient stationär behandelt wurde, in der Notaufnahme war oder die Verordnung nach einem geplanten Termin dort erhalten hat. Die Rezepte wurden jeweils zeitnah beliefert, die für Entlassrezepte vorgegebene Frist, die ja sogar im Rahmen der Coronasonderregelungen zeitweise verlängert worden war, wurde letztlich nur um wenige Tage überschritten.
Merkmale eines Entlassrezeptes
In Anlage 8 zum Rahmenvertrag nach § 129 SGB V, „Ergänzende Bestimmungen für die Arzneimittelversorgung im Rahmen des Entlassmanagements nach § 39 Absatz 1a SGB V“ ist definiert, wie ein Entlassrezept auszusehen hat:
1 Arzneiverordnungsblätter und elektronische Verordnungen im Entlassmanagement
(1) Eine Verordnung gilt als Entlassverordnung, wenn die papiergebundene Verordnung auf einem Vordruck erfolgt, der dem Arzneiverordnungsblatt (Muster 16) der Anlage 2/2a des BMV-Ä in der jeweils gültigen Fassung entspricht, mit der Sonderkennzeichnung ‚Entlassmanagement‘ gemäß Anlage 2 – Technische Anlage zum Rahmenvertrag Entlassmanagement von Krankenhäusern nach § 39 Absatz 1a Satz 9 SGB V – versehen ist und die Betriebsstättennummer (BSNR) in der Codierleiste mit den Ziffern ‚75‘ beginnt. Elektronsiche Verordnungen sind entsprechend den Vorgaben der Anlage 2b des BMV-Ä gekennzeichnet.
Da die Rezepte nicht auf dem vorgeschriebenen Formular ausgestellt wurden, fehlte eindeutig eine Voraussetzung, die ein Entlassrezept als solches kennzeichnet – damit galten die vorliegenden Rezepte nicht als Entlassrezepte.
Die Apotheke hätte das Rezept in den fraglichen Fällen dann allenfalls an der mit der 75 beginnenden BSNR sowie der 4 am Ende des Statusfelds erkennen können. Doch ob Apotheken das bei jedem Muster-16-Rezept so genau prüfen, ist fraglich. Lediglich bei BtM- und T-Rezepten muss genauer hingesehen werden, da diese Entlassrezepte in der Tat nur an diesen Ziffern erkannt werden können.
Dieser Fall zeigt, dass auch in Krankenhäusern scheinbar immer noch nicht angekommen ist, wie ein korrekt ausgestelltes Entlassrezept aussehen muss, um Apotheken die schnelle und unkomplizierte Versorgung der Patienten zu ermöglichen. Hier haben gleich drei Kliniken falsche Rezeptformulare verwendet – wenn es denn wirklich Verordnungen im Rahmen des Entlassmanagements sein sollten.
Nun ist weder den Patienten ein Schaden entstanden (ganz im Gegenteil, sie wurden jeweils mit den benötigten Arzneimitteln versorgt), noch der Krankenkasse – so wurde weder die Arzneimittelsicherheit noch die Wirtschaftlichkeit wesentlich tangiert. Dies könnte die Apotheke im Rahmen eines Einspruchs anbringen:
6 Rahmenvertrag: Zahlungs- und Lieferanspruch
(1) Der durch Normverträge näher ausgestaltete gesetzliche Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht im Gegenzug für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht mit Belieferung einer gültigen ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung in papiergebundener oder elektronischer Form. Der Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […]
c) die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten,
d) es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt.
Zusätzlich sollte auf den oben zitierten § 1 der Anlage 8 des Rahmenvertrags verwiesen werden, der definiert, dass ein Rezept nur dann als Entlassverordnung gilt, wenn es auf einem entsprechenden Rezeptformular ausgestellt wurde.
Ist Vorsicht besser als Nachsicht? Aber wie wird dann der Patient versorgt?
Um einer Retax vorzubeugen, hätte die Apotheke die fraglichen Rezepte gar nicht erst beliefern können und beim Krankenhaus zunächst um neue Rezepte bitten müssen – ein Vorgang, der in der Praxis vermutlich in vielen Fällen fast unmöglich ist, zumindest dann, wenn ein Patient schnellstmöglich versorgt werden soll. Gegebenenfalls wäre noch die Abwicklung als Privatrezept denkbar gewesen.
Die Apotheke hat den Patienten versorgt und wurde nachträglich für die Fehler der Kliniken bestraft. Nun hat sie Einspruch eingelegt und es bleibt abzuwarten, wie dieser ausgeht.
Festzuhalten bleibt, dass Apotheken bei jedem Rezept Detektiv spielen müssen und offenbar auch detailliert die BSNR und die Statusfelder prüfen müssen, um Entlassrezepte auch als solche zu erkennen, wenn ein falsches Rezeptformular verwendet wurde. Aber Achtung: bei BtM- und T-Rezepten ist dies in jedem Fall erforderlich, denn hier gibt es keine eigenen Rezeptformulare und diese beiden Merkmale sind die einzigen, die ein Entlassrezept als solches kennzeichnen!
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