Retaxfalle Biologika
Für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel gibt es genaue Vorgaben für einen Austausch in der Apotheke. Trotz zahlreicher Diskussionen zu einem allgemeineren, automatischen Austausch auch in der Apotheke haben bisher die Vorgaben des Rahmenvertrags weiterhin Bestand, die einen Austausch nur dann erlauben, wenn Biologika in Anlage 1 des Rahmenvertrags als austauschbar definiert sind. Voraussetzung für eine korrekte Abgabeentscheidung ist eine eindeutig spezifizierte Verordnung durch die verordnende Person. Außerdem ist eine Dokumentation auf dem Rezept unerlässlich, selbst wenn letztlich ein Rabattarzneimittel abgegeben wird.
Retax bei nicht eindeutiger Verordnung
Eine Apotheke hatte aus einem Krankenhaus eine Verordnung über „Epoetin 40.000 i. E. 6 St. 1 x wöchentlich“ erhalten. Recherchen im Rahmen der Rezeptbearbeitung ergaben, dass zum Abgabezeitpunkt zu diesem Wirkstoff nur ein Präparat lieferbar war, nämlich Binocrit 40.000 6 FS. Dieses Präparat war gleichzeitig Rabattartikel bei der vorliegenden Krankenkasse (einer AOK). Eine Rücksprache mit der verordnenden Klinik ergab, dass man dort mit dem Austausch einverstanden war – schließlich sollte der Patient zeitnah versorgt werden.
Die Apotheke gab also das Rabattarzneimittel ab. Leider folgte im Nachgang eine Retax, denn die Apotheke hatte die Dokumentation auf dem Rezept nicht vorgenommen. Die Krankenkasse bemängelt einerseits die fehlenden Angaben zur Firma auf dem Rezept, andererseits die fehlende Dokumentation zum Austausch.
Welche Argumentation für einen Einspruch?
Eine reine Wirkstoffverordnung über ein Biological gilt als unklare Verordnung und muss vor der Abgabe spezifiziert werden. Im vorliegenden Fall war nur der Wirkstoff, aber keine Firma bzw. PZN angegeben. Daher wäre hier zunächst eine eindeutige Verordnung erforderlich gewesen. Basierend darauf kann dann ermittelt werden, welche Präparate zur Abgabe in Frage kommen, vorausgesetzt, sie sind verfügbar. Für Epoetin gibt es in Anlage 1 des Rahmenvertrags mehrere Einträge: Für Epoetin alfa sind Abseamed®, Binocrit® sowie Epoetin alfa Hexal® untereinander austauschbar, für Epoetin zeta Retacrit® sowie Silapo® und für Epoetin theta Biopoin® und Eporatio®. Allerdings musste hier vorab geklärt werden, welches Epoetin von ärztlicher Seite gewünscht war.
Die Apotheke hatte aber ohnehin festgestellt, dass es bei den fraglichen Arzneimitteln Lieferschwierigkeiten gab, und dementsprechend den Kontakt zur Klinik gesucht. Da die Apotheke offensichtlich Rücksprache mit der Praxis gehalten hat und dabei gleichzeitig auch klärte, welches Präparat gemeint war, sollte der Einspruch dahingehend formuliert werden, dass eine fehlende Dokumentation, die wegen Nichtverfügbarkeit/im Akutfall/bei Pharm. Bedenken notwendig wird, im Beanstandungsverfahren mit einem objektivierbaren Nachweis ergänzt werden kann. So ist es im Rahmenvertrag festgehalten:
6 Abs. 2 Buchst. g3
„Um einen unbedeutenden Fehler im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Buchstabe d) handelt es sich insbesondere [...]
g) Wenn bezogen auf den Rahmenvertrag [...]
(g3) die Apotheke in den Fällen des § 14 Absatz 1 (Nichtverfügbarkeit), des § 14 Absatz 2 (Akutversorgung, Notdienst) sowie des § 14 Absatz 3 i.V.m. § 17 Absatz 5 ApBetrO (‚pharmazeutische Bedenken‘) dieses Rahmenvertrages
- entweder nur das vereinbarte Sonderkennzeichen oder
- nur einen Vermerk auf der papiergebundenen Verordnung aufträgt oder
- im Fall, dass Vermerk und Sonderkennzeichen auf der papiergebundenen Verordnung fehlen, einen objektivierbaren Nachweis im Beanstandungsverfahren erbringt […]“
Das bezieht sich natürlich vor allem auf den Nachweis der Nichtverfügbarkeit, dazu sollte die Apotheke, sofern vorhanden, bestenfalls auch noch die Nichtverfügbarkeitsbelege beilegen.
Mit der Rücksprache zum vorliegenden Rezept wurde gleichzeitig auch die Verordnung spezifiziert – die Arzneimitteltherapiesicherheit war also zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Es wurde lediglich die Dokumentation vergessen, sodass man hier von einem formalen Fehler sprechen darf. Zudem bedeutet die Abgabe des Rabattarzneimittels auch, dass der Krankenkasse hier kein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Daher sollte dem Einspruch der Apotheke mit der nachgereichten Dokumentation stattgegeben werden.
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