Retaxfall: Wann ist eine Verordnung unklar?
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Wenn Apotheken eine Verordnung erhalten, auf der möglicherweise missverständliche Angaben gemacht sind, ist immer die Frage, wie sie dieses Problem lösen können, vor allem dann, wenn der Verordner nicht erreichbar ist. In manchen Fällen wird der Patient versorgt, ohne dass die Arzneimittelsicherheit gefährdet ist, und trotzdem erhält die Apotheke eine Retax. So auch in einem Fall, den wir nachfolgend vorstellen möchten.
Unklare Verordnung trotz eindeutiger Mengenangabe?
Eine Apotheke wurde Anfang des Jahres vor folgende Aufgabe gestellt: Auf dem Rezept einer Klinik war „Ontozry 50 mg PZN 17259311 2 x 84 Stück ! Dj“ verordnet. Der Apotheke stellte sich nun die Frage, was hier ausschlaggebend für die Belieferung ist: die angegebene PZN, die für eine Packung mit nur 28 Stück steht, oder die unmissverständliche Mengenangabe von 2 x 84 Stück, die sogar noch durch ein „!“ untermauert wurde. Die Apotheke entschied sich dazu – auch in dem Wissen, dass die Kontaktaufnahme mit Klinikärzten oft schwierig bis unmöglich ist –, die gewünschte und verordnete Menge von 2 x 84 Stück abzugeben und abzurechnen.
Allerdings erhielt sie einige Monate später leider eine Retax der Krankenkasse, die auf den Betrag einer Packung zu 28 Stück kürzte. Als Begründung wurde angegeben, dass es sich bei der vorliegenden Verordnung um eine unklare Verordnung handele, die vor der Belieferung eine Rücksprache mit dem Arzt erfordert hätte.
Nun stellt sich die Frage, wie weiter vorgegangen werden kann. Die Apotheke setzte alle Hebel in Bewegung, um doch an eine Aussage des verordnenden Arztes zu gelangen. Dies klappte schließlich auch und der Arzt stellte einerseits ein korrigiertes Rezept mit der zu der verordneten Menge passenden PZN (Ontozry 50 mg PZN 17259328 2 x 84 Stück ! (korrigierte PZN)“ und bescheinigte zusätzlich noch, dass die Verordnung in dieser Form wirtschaftlich und in dieser Form gewollt war, um die Einstellung auf eine individuell passende Dosierung zu ermöglichen.
Der Rahmenvertrag legt in § 7 Abs. 3 fest, wie bei einer unklaren Verordnung vorzugehen ist:
7 Abs. 3 Rahmenvertrag
Ist das verordnete Arzneimittel für die Abgabe nicht eindeutig bestimmt, hat die Apotheke Rücksprache mit der verschreibenden Person zu nehmen und sich hieraus ergebende Korrekturen und Ergänzungen bei papiergebundenen Verordnungen auf dem Arzneiverordnungsblatt zu vermerken und separat abzuzeichnen, bei der elektronischen Verordnung im elektronischen Abgabedatensatz aufzunehmen und mittels qualifizierter elektronischer Signatur zu signieren.
Doch was ist zu tun, wenn ein Arzt nicht zu erreichen ist? Dazu findet sich ein Hinweis in § 17 Punkt 2 des Rahmenvertrags:
17 Sonderregelungen für den dringenden Fall (Akutversorgung, Notdienst)
Macht ein dringender Fall die unverzügliche Abgabe eines Fertigarzneimittels erforderlich und ist eine Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht möglich, gilt:
1. Die Regelungen nach den §§ 10 bis 15 gelten für die nach den folgenden Vorschriften auszuwählende Packung.
2. Widersprechen sich die verordnete Stückzahl und die verordnete N-Bezeichnung, gilt die Stückzahl.
Hier wird zwar nicht der Fall aufgeführt, dass eine verordnete Stückzahl einer ebenfalls auf dem Rezept aufgebrachten PZN widerspricht, jedoch legt diese Formulierung nahe, dass im Zweifel die verordnete Stückzahl maßgeblich sein sollte.
Jetzt kann man der Apotheke gegebenenfalls noch anlasten, dass eine entsprechende Dokumentation auf dem Rezept fehlte. Da weder die Arzneimittelsicherheit noch die Wirtschaftlichkeit gefährdet waren und der Arzt dies im Nachhinein zusätzlich auch noch einmal bestätigte, sollte man dies als formalen Fehler werten, welcher im Sinne des Rahmenvertrags keine Retax erfordert:
6 Zahlungs- und Lieferanspruch
(1) Der durch Normverträge näher ausgestaltete gesetzliche Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht im Gegenzug für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht mit Belieferung einer gültigen ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung in papiergebundener oder elektronischer Form. Der Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […]
c) die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten,
d) es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt.
Mit den genannten Argumenten legte die Apotheke Einspruch ein – man darf gespannt sein, ob dieser anerkannt wird.
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