Retaxationen wegen angeblich unwirtschaftlicher PC-Versorgungen

Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch die Apotheken liegt im gemeinsamen Interesse von Patienten, Krankenkassen und Apotheken. Daher hat der Gesetzgeber die grundsätzliche Wirtschaftlichkeitsverpflichtung auch ins Sozialgesetzbuch SGB V aufgenommen.
Nun ist es aber vernünftigerweise nicht so, dass die Vertragspartner GKV und Apotheken stets nur die preisgünstigste Versorgung aufspüren müssten, um der Wirtschaftlichkeit zu entsprechen, denn eine Reihe weiterer Kriterien bestimmen ebenfalls, ob eine Versorgung „wirtschaftlich“ im Sinne der §§ 12 und 70 SGB V ist.

Daher mussten sich die Spitzenverbände der GKV und der Apotheken auf zahlreiche Vereinbarungen einigen, die näher definieren, ob eine Versorgung „wirtschaftlich“ ist oder nicht. Sowohl im Rahmenvertrag als auch in den Regionalverträgen steht daher einleitend, dass die nachfolgenden Vereinbarungen die Wirtschaftlichkeit der Versorgung näher regeln.
Diese Vereinbarungen berücksichtigen neben der Verfügbarkeit und Qualität auch einen vereinbarten Durchschnittspreis aller in Frage kommenden Anbieter, da es nicht durchführbar wäre, stets tagesaktuell nur den günstigsten Hersteller herauszusuchen.

Ärgerlich wird es für die Apotheken immer dann, wenn eine Rezeptprüfstelle Monate nach der erfolgten Versorgung genau dieses verlangt und die taxierten Vertragspreise entsprechend kürzt. Dies betrifft naturgemäß oft Versorgungen des ärztlichen Praxisbedarfs im Verbandstoff- und Hilfsmittelbereich, in dem die benötigten Mittel meist in größeren Mengen benötigt werden und Retaxationen häufig höhere Beträge betreffen. 

Nachfolgend drei beispielhafte PC-Verordnungen zulasten der AOK Bayern, die dem DAP-Team zugesandt wurden:

Retax 1: Verordnungsmenge retaxiert

Obwohl hier sowohl der Arztpraxis als auch der Apotheke klar war, dass mit den verordneten „Pck“- Mengen nicht nur Stückzahlen sondern die entsprechenden Packungszahlen gemeint waren und diese auch geliefert wurden, wurden nur Stückzahlen erstattet.

Beispiel Verordnungszeile 3:

5 Packungen Idealbinden à 10 Stück, 10 cm breit, PZN 01913961 zu 226,50 Euro wurden gekürzt auf 5 Stück zu insgesamt 35,10  Euro.

Im Versorgungsvertrag Bayern ist für Idealbinden, 10 cm breit, in der 10er-Packung im Sprechstundenbedarf folgendes vereinbart:

Und diesen Packungspreis hat die Apotheke der Kasse für fünf Packungen à 10 Stück mit 5 x 45,30 € = 226,50 Euro berechnet. Erstattet hat die Rezeptprüfung der AOK BY allerdings nur fünf Einzelbinden zu insgesamt 35,10 Euro.

Hier die analogen Kürzungen der übrigen Verordnungszeilen:

Zusammen beläuft sich die Erstattungskürzung bei dieser einen Verordnung somit auf 1.018,29 Euro.

Aber diese Apotheke hat noch zwei weitere PC-Retaxationen erhalten.

Retax 2: Kürzung auf günstigeren Anbieter bei prozentualem Aufschlag

Hier hat das verordnende Orthopädiezentrum die obige „Retaxfalle“ erfreulicherweise ausgeschlossen, da die verordnete Angabe „Pck“ jeweils mit einer exakten Stückzahlangabe pro Packung ergänzt wurde:

Gleichwohl wurde auch diese Praxisversorgung um 191,79 Euro gekürzt:

Auch diesmal wurde die Erstattung aller Verbandstoffe trotz vertraglicher Preisvereinbarungen wegen angeblich unwirtschaftlicher Versorgung retaxiert:

Beispiel Verordnungszeile 1: Idealbinden 6 cm x 5 m 2 Pck à 10 St.

Hier hat die Rezeptprüfung jedoch einen Hersteller gefunden, der die abgegebenen 10er-Packungen Idealbinden, 6 cm breit, PZN 01913949, zu einem günstigeren EK anbietet (PZN 01847750) und die Vergütung von 72,56 auf 46,10 gekürzt.

Laut Apotheken-EDV ist hier kein Festpreis sondern ein prozentualer Aufschlag vereinbart, daher ergibt sich somit bei einem niedrigeren Einkaufspreis auch für die Kasse ein niedrigerer Taxpreis.

Mit der gleichen Retaxbegründung wurden auch die übrigen Verordnungszeilen wegen „unwirtschaftlicher Abgabe“ gekürzt:

Retax 3: Ebenfalls Kürzung auf günstigeren Anbieter bei prozentualem Aufschlag

Hier wurde der Preis der abgegebenen Idealbinden der dritten Verordnungszeile ebenfalls per Retax auf den Preis eines günstigeren Anbieters gekürzt:

2 x PZN 01913961 mit 90,60 Euro ersetzt durch 2 x PZN 01847773 zu 75,54 Euro.

Auch hier reklamierte die Rezeptprüfungsstelle eine „unwirtschaftliche Abgabe“ und kürzte die Erstattung um 15,06 Euro.

Fazit

  1. Auch wenn zwischen Arztpraxis und Apotheke kein Zweifel besteht, was verordnet wurde, achten Sie bitte bei PC-Verordnungen besonders auf eine mengenmäßig eindeutige Verordnung. So hat die Krankenkasse keine Möglichkeit, die verordneten und belieferten Mengen nachträglich anzuzweifeln.
    Nachträgliche ärztliche Bestätigungen werden von manchen Kassen nicht mehr anerkannt!
  2. Prüfen Sie bei Vertragspreisen mit prozentualen Aufschlägen immer auch auf den für die Kasse günstigsten Einkaufspreis. Um dieses Problem zu vermeiden, sollten zukünftig vorzugsweise immer feste Durchschnittspreise vereinbart werden.

Zumindest die erste Retaxation sollte im Einspruchsverfahren zurückgenommen werden, da diese Verordnung von „Pck“ im Rahmen einer PC-Verordnung erkennbar keine Stückzahlen bezeichnet, sondern tatsächlich Packungszahlen benennt.  

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

Neuen Kommentar schreiben

Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentarfunktion nutzen zu können.

DAP Newsletter

Immer aktuell informiert mit dem DAP Newsletter: zur Newsletter-Anmeldung