Retaxationen: Verspätete Abrechnung

Vermutlich ist es jeder Apotheke schon mal passiert, dass eine Verordnung wegen einer noch notwendigen Änderung aufgrund einer separierten Aufbewahrung aus der „normalen“ Abrechnung genommen wurde. Dies kann letztlich dazu führen, dass die Verordnung wegen Zeitüberschreitung nicht mehr abgerechnet werden kann.

Mittlerweile haben jedoch viele Ergänzungs- und Regionalverträge für diesen Fall besondere Vereinbarungen, so dass zumindest eine vollständige Erstattungskürzung bis zu einem akzeptablen Zeitraum nicht mehr möglich ist.

11 vdek-Abrechnung

„§ 11 Rechnungslegung

(1) Die Rechnungslegung der Apotheke erfolgt monatlich bis spätestens einen Monat nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung erfolgte, an die von den Ersatzkassen benannten Stellen. Eine Überschreitung der Frist nach Satz 1 befreit die Ersatzkasse nicht von der Zahlungsverpflichtung. Werden einzelne Verordnungsblätter mehr als einen Monat nach Ablauf dieser Frist abgerechnet, sind die Ersatzkassen berechtigt, den Gesamtbruttobetrag dieser Verordnungsblätter um fünf Euro je Verordnungszeile, bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und den anderen Mitteln nach § 11 Absatz 1 Ziffer 2 um zehn Prozent des Apothekenabgabepreises, zu kürzen, insgesamt jedoch je Abrechnungsmonat und Ersatzkasse höchstens um 50 Euro, es sei denn, die Apotheke und die Abrechnungsstelle haben die Fristüberschreitung nicht zu vertreten. […]“

Auch Regionalverträge sehen diese Versorgungserleichterung vor, mitunter jedoch mit einer Ablauffrist:

Beispiel ALV Bayern

7 Rechnungsstellung

„(1) Der Apotheker rechnet spätestens einen Monat nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung erfolgte, mit den Krankenkassen oder den von diesen benannten Stellen ab. Eine Überschreitung der Frist nach Satz 1 um bis zu zwölf Monate befreit die Krankenkassen nicht von ihrer Zahlungspflicht. Werden jedoch Verordnungsblätter mehr als einen Monat nach Ablauf der Frist nach Satz 1 abgerechnet, sind die Krankenkassen berechtigt, den Gesamtbruttobetrag dieser Verordnungsblätter (ggf. bereinigt um Taxkorrekturen) um 5 Euro je Packung zu kürzen, jedoch höchstens um 50 Euro je Verordnungsblatt, es sei denn, die Apotheke hat die Fristüberschreitung nicht zu vertreten; weitergehende Vertragsmaßnahmen nach § 11 sind ausgeschlossen. […]“

Leider finden sich solche Vereinbarungen noch nicht in jedem Arzneiliefervertrag.

Nun mag es vorkommen, dass eine Verordnung nicht den fristgerechten Weg in die Abrechnung findet. Wenn dies jedoch für mehrere Verordnungen durch eine Regionalkasse, die keine Regelung wie die vdek-Kassen anbietet, beanstandet wird, dann ist dies schwer nachvollziehbar.

In der nachfolgenden Retaxation erreichten die betroffene Apotheke gleich vier Verordnungen, bei denen die Erstattung wegen „Überschreitung der Abrechnungsfrist“ verweigert wurde.
Es handelt sich in allen Fällen um Verordnungen für Versicherte der AOK Niedersachsen (IK 102114819).

Die erste Verordnung hat die betroffene Apotheke mit einem „?“ versehen:

Retax 1:

Die Versorgung erfolgte am dritten Tag nach der Rezeptausstellung.

Das Fragezeichen der Apotheke können wir hier leicht aufklären, denn die Kasse geht davon aus, dass es sich hier um eine „Entlassverordnung“ handelt, obwohl nur zwei der für Nicht-BtM vorgeschriebenen Kennzeichen auf der Verordnung vorhanden sind: die mit „75“ beginnende Betriebsstätten-Nr. und die Arztnummer „444444440“.

Wir hatten erst kürzlich im Retax-Newsletter darüber berichtet, dass die Apotheke nicht finanziell für solche „Verordnungsfragmente“ zur Verantwortung gezogen werden sollte. Bleibt zu hoffen, dass es demnächst auch entsprechende Ergänzungen zum Rahmenvertrag geben wird.

Unklar bleibt bei drei weiteren Verordnungen, wieso diese laut Angabe der AOK Niedersachen verspätet eingereicht wurden. Zumal es sich um Verordnungen handelt, die in unterschiedlichen Monaten von der Apotheke versorgt wurden:

Versorgung 28.02.18 / Verordnung 28.02.18

Versorgung 06.04.18 / Verordnung 05.04.18

Versorgung 03.05.18 / Verordnung 03.05.18

Wir sehen, dass es sich um Verordnungen unterschiedlicher Monate handelt, die alle laut Angabe der Rezeptprüfstelle mehr als 1 Jahr verspätet abgerechnet wurden.
Natürlich lag es nahe, sich bei der eigenen Rezeptabrechnungsstelle diesbezüglich zu erkundigen, was die betroffene Apotheke auch tat.
Aber erstaunlicherweise bestätigte auch die eigene Rezeptabrechungsstelle, dass diese Verordnungen verspätet abgerechnet wurden.

Welche Möglichkeit hat die Apotheke nun noch, um nachzuprüfen, ob diese Rezepte tatsächlich verspätet eingereicht wurden? Hilft hier eine Überprüfung der eigenen Abrechnungs-Rezeptunterlagen?
Da es keinen Grund gibt, an der Bestätigung der eigenen Abrechnungsstelle zu zweifeln, bleibt die eigentlich noch wichtigere Frage, wie es zu einer verspäteten Abrechnung unterschiedlicher Monate kommen konnte und wie dies künftig vermieden werden kann.
Haben Sie hier eigene Erfahrungen oder Tipps, die der betroffen Apotheke hilfreich sein könnten? Dann lassen Sie es mich bitte wissen!

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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