Retax: Wirtschaftlichkeit versus Therapiesicherheit
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Es handelt sich bei dem Inhalt dieser Seite um eine frühere Veröffentlichung. Bitte beachten Sie, dass die Aussagen gegebenenfalls nicht mehr der aktuellen Rechts- und Vertragslage entsprechen.
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Die Arzneimittelversorgung als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) muss „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“. Diesen Rahmen gibt der Gesetzgeber in den Paragraphen 12 und 70 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) vor:
12 Wirtschaftlichkeitsgebot
„(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“
Etwas genauer geht der Gesetzgeber in Paragraph 70 SGB V darauf ein: Es kommt nämlich nicht nur auf die Wirtschaftlichkeit, sondern auch auf die Qualität und die Humanität der Versorgung an:
70 Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit
„(1) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden.
(2) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben durch geeignete Maßnahmen auf eine humane Krankenbehandlung ihrer Versicherten hinzuwirken.“
Angenommen es würde sich herausstellen, dass im üblichen „Preiswettbewerb“, bei gleichzeitiger Zuzahlungsbefreiung, die Einnahme von fünf Tabletten à 100 mg preisgünstiger wären als die verordneten 1 x 500 mg, so würde wohl keine Krankenkasse auf die Idee kommen, ihren Versicherten die Einnahme von fünf Tabletten statt der ärztlich verordneten einen Tablette à 500 mg zuzumuten.
Wenn sich die Verhältnisse jedoch nicht mehr so deutlich als unsinnig und therapeutisch absurd offenbaren, dann kann man schon mal eine Retax auf den Weg bringen, die dem DAP-Team mit folgender Nachricht zugesandt wurde:
Das Rezept:
Krankenkasse: | AOK Bayern (IK 108310400) |
Verordnet: | 1 x Botox 200 Einheiten und 1 x Botox 100 Einheiten |
Verordnungs- und Abgabedatum: | 14.09.2017 |
Diese Versorgung wurde wegen „Unwirtschaftlichkeit“ von der Krankenkasse retaxiert, da die Rezeptprüfstelle feststellte, dass die ärztliche Verordnung von zwei Ampullen (200 plus 100 Einheiten) für die Krankenkasse unwirtschaftlich gewesen ist: Bei einer eigenmächtigen Ersetzung durch die Apotheke durch eine Bündelpackung mit drei Ampullen von geringerer Dosierung zu jeweils 100 Einheiten (PZN 00758524), hätte man nämlich 45,97 Euro einsparen können:
Darf eine Krankenkasse lediglich aus wirtschaftlichen Gründen eine exakte ärztliche Klinikverordnung ungeachtet der verordneten Wirkstoffeinheiten/Ampullen und der zu verabreichenden Ampullenanzahl verändern?
Wir sehen dafür zumindest keine Legitimation – weder für die Krankenkasse oder Apotheke, noch durch das SGB V oder durch die das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot ergänzenden Versorgungsverträge. Daher wird die retaxierte Apotheke auch gegen diese, die Therapiesicherheit gefährdende Retaxation, Einspruch einlegen:
Fazit
Diese Retaxation ist aus den genannten Gründen unberechtigt und daher zurückzunehmen.
Bleibt zu hoffen, dass wir von dieser Krankenkasse künftig nicht mehr über solche Retaxationen berichten müssen.
DAP Retaxforum – Dieter Drinhaus
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