Retax: Substitutionsausschlussliste – Generische Verordnung
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Der politisch gewollte Grundsatz des neuen Schiedsvertrags sollte sein, dass Formretaxationen künftig unterbleiben, wenn durch die Versorgung einer formal nicht korrekten Verordnung weder dem Patienten noch seiner Krankenkasse ein Nachteil entstand. Leider konnten wir in den vergangenen eineinhalb Jahren nicht einmal über einen Fall berichten, in dem eine Krankenkasse oder deren Retaxdienstleister es bei einer Mitteilung an die Apotheke bewenden ließen, ohne ihr die erfolgte Versorgung noch via Retax zu belasten.
So auch im nachfolgenden Fall, den die betroffene Apotheke dem DAP-Team mitteilte.
Krankenkasse: | DAK-Gesundheit (IK 103467998) |
Verordnung: | Tacrolimus 1 mg Hartkapsel 4 x N3! (4 x 100 Stück) – ärztlich begründet – |
Abgabedatum: | 16.12.2016 |
Bei Tacrolimus handelt es sich um einen therapeutisch problematischen Wirkstoff mit geringer therapeutischer Breite, den der Gemeinsame Bundesausschuss gemäß Anlage VII b Arzneimittel-Richtline (Substitutionsausschlussliste) vom Austausch gegen wirkstoffgleiche Arzneimittel ausgeschlossen hat (Aut-idem-Ausschluss):
Teil B der Anlage VII zur Arzneimittel-Richtlinie:
- Antiepileptika:
- Carbamazepin (Retardtabletten)
- Phenobarbital (Tabletten)
- Phenytoin (Tabletten)
- Primidon (Tabletten)
- Valproinsäure, auch als Natriumvalproat und Valproinsäure in Kombination mit Natriumvalproat (Retardtabletten)
- Antikoagulantien:
- Phenprocoumon (Tabletten)
- Herzwirksame Glykoside:
- Beta-Acetyldigoxin (Tabletten)
- Digitoxin (Tabletten)
- Digoxin (Tabletten)
- Immunsuppressiva:
- Ciclosporin (Weichkapseln und Lösung zum Einnehmen)
- Tacrolimus (Hartkapseln)
- Opioid-Analgetika:
- Buprenorphin (Transdermale Pflaster mit unterschiedlicher Applikationshöchstdauer, z. B. bis zu 3 Tage bzw. bis zu 4 Tage)
- Hydromorphon (Retardtabletten mit unterschiedlicher täglicher Applikationshäufigkeit, z. B. alle 12 bzw. alle 24 Stunden)
- Oxycodon (Retardtabletten mit unterschiedlicher täglicher Applikationshäufigkeit, z. B. alle 12 bzw. alle 24 Stunden)
- Schilddrüsenhormone:
- Levothyroxin-Natrium (Tabletten)
- Levothyroxin-Natrium + Kaliumjodid (fixe Kombination, Tabletten)
Damit die Apotheke aber weiß, welches Tacrolimus-Präparat abgegeben werden muss, ist eine exakte Verordnung des Präparates mit Handelsnamen und/oder PZN erforderlich. So verlangt es auch der aktuelle Arzneimittelversorgungsvertrag der Ersatzkassen vom 1. April 2016:
4 Abgabebestimmungen
„(13) Analog zu Absatz 12 kann bei Verordnungen mit Fertigarzneimitteln, die von der Substitutionsausschlussliste erfasst sind, ein Austausch zwischen importiertem Arzneimittel und Bezugsarzneimittel erfolgen. Reine Wirkstoffverordnungen, ohne Nennung des konkreten Handelsnamens, sind als unklare Verordnung einzustufen. In diesem Fall bedarf es einer vorherigen Abklärung hinsichtlich des tatsächlich abzugebenden Fertigarzneimittels mit dem Verordner.“
Diese Vorgabe wurde jedoch vom verordnenden Arzt der Universitätsklinik nicht beachtet.
Ein „Fehler“, der der versorgenden Apotheke via Retax über 1.564,00 Euro in Rechnung gestellt wurde:
Allerdings hatte die Apotheke durchaus Gründe für ihre Versorgungsentscheidung:
- Die Verordnung wurde an einem Freitag vorgelegt (16.12.2016). Zu diesem Zeitpunkt ist es für die Apotheke häufig nicht möglich, den verordnenden Arzt für eine von der Kasse verlangte Rezeptänderung vor der Abgabe zu erreichen.
- Gleichwohl handelt es sich bei Tacrolimus um einen Arzneistoff zur Prophylaxe von Transplantatabstoßung und damit um eine „vitale“ Indikation, bei der unbeabsichtigte Umstellungen der Medikation bereits zu schwerwiegenden Zwischenfällen geführt haben.
- Somit lag ein dringender Fall vor. Die Patientin und ihre Medikation waren der Apotheke von früheren Verordnungen bekannt, daher war es für die Apotheke auch nicht zu vertreten, die bisherige Medikation auszutauschen – was ihr laut Ziffer 3 („Abgabe in Notfällen ohne Rücksprache“) des Kommentars zum neuen Rahmenvertrag auch zugestanden wird:
- Da die bisherige Medikation „Tacpan 1 mg Hartkapseln 100 St.“ für die Krankenkasse zudem rabattiert war, entstand der Krankenkasse auch kein wirtschaftlicher Nachteil.
Gleichwohl hat die Rezeptprüfstelle den Einspruch der Apotheke gleich zweimal abgelehnt. In ihrer zweiten Einspruchsablehnung teilt die Krankenkasse der Apotheke vorsorglich auch mit, dass sie weitere Einsprüche nicht mehr beantworten würde, da das Prüfverfahren gemäß § 17 Arzneiversorgungsvertrag nach ihrer Meinung damit abgeschlossen sei:
Zudem wurde der Apotheke schon in der ersten Einspruchsablehnung mitgeteilt, dass eine nachträgliche Arztbestätigung/Verordnung nicht anerkannt würde.
Was bleibt ist wieder eine nicht ordnungsgemäße Verordnung des Arztes, die trotz medizinisch korrekter Versorgung und ohne wirtschaftlichen Nachteil für die Krankenkasse in voller Höhe durch die versorgende Apotheke bezahlt werden soll.
DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus
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