Retax aufgrund von abweichender BSNR auf Klinikrezept

Klinik­rezepte bereiten Apotheken häufig Schwierigkeiten: Oft werden Formalien nicht korrekt umgesetzt und Rück­fragen mit den verordnenden Ärzten gestalten sich häufig schwierig.

Dennoch müssen die gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben natürlich beachtet werden, ansonsten droht eine Retax. Der folgende Fall zeigt einmal mehr, dass Form­fehler nach wie vor durch Kranken­kassen geahndet werden – auch wenn weder die Arznei­mittel­sicherheit noch die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigt sind. Daher sollten Apotheken bei der Rezept­bearbeitung umso mehr auf die korrekte Umsetzung achten.

Im folgenden Fall tappte eine Apotheke in die „Formfehler-Retaxfalle“. Sie versorgte einen Patienten auf das Rezept einer Klinik hin – allerdings waren auf dem Rezept abweichende BSNR zu finden.

Erfahrungs­gemäß kommen gerade bei Klinik­rezepten häufig Verordnungen vor, bei denen abweichende BSNR angegeben sind. Dies schreibt auch die Apotheke: „Jedes 2. Rezept aus dem Kranken­haus hat unterschiedliche Betriebs­stätten, dann könnte man keinen Patienten versorgen?“

Doch worum ging es eigentlich genau?

Retaxfall: abweichende BSNR auf Klinikrezept

Die Betriebsstättennummer, kurz BSNR, ist eine 9-stellige Nummer, die von der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zugewiesen wird. Durch sie wird der Ort der Leistungserbringung (Betriebsstätte) eindeutig identifiziert. Die BSNR ist unabhängig von der Personalzusammensetzung und ändert sich daher z. B. bei einem Arztwechsel in einer Gemeinschaftspraxis nicht. Die BSNR ist auf den Vordrucken der Rezepte unten rechts bereits aufgedruckt und dient als zusätzliches Sicherheitsmerkmal des Rezeptvordrucks.

Im vorliegenden Fall hatte eine Apotheke ein Rezept beliefert, obwohl auf dem Rezept zwei unterschiedliche BSNR zu finden waren.

Im Rezeptvordruck war in der Codierzeile eine BSNR enthalten, die sich in einer Ziffer von der BSNR der verordnenden Klinikabteilung (aufgedruckt im Personalienfeld und im Arztstempel) unterschied.

Es folgte eine Retax auf null:

Die Apotheke legte über ihren Verband Einspruch gegen diese Retax ein, da es sich hierbei um einen unbedeutenden Fehler handelte, der weder die Arzneimittelsicherheit noch die Wirtschaftlichkeit tangierte. Dieser Einspruch wurde leider abgelehnt.

Was sieht der Rahmenvertrag zur Angabe der BSNR vor?

Grundsätzlich ist in § 6 des Rahmenvertrags bezüglich der BSNR Folgendes vereinbart:

6 Zahlungs- und Lieferanspruch

„(1) Der durch Normverträge näher ausgestaltete gesetzliche Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht im Gegenzug für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht mit Belieferung einer gültigen ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung in papiergebundener oder elektronischer Form. Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn

[…]

b) über die Anforderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) und Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) hinaus in Verträgen nach § 129 Absatz 5 SGB V vom Arzt bei papiergebundenen Verordnungen auf dem Verordnungsblatt aufzutragende Angaben (z. B. LANR, BSNR, Kassen-IK) vorgesehen sind, und diese von der Apotheke ergänzt wurden; hat die Apotheke insoweit keine Ergänzung vorgenommen, entsteht der Vergütungsanspruch trotzdem, es sei denn, die Verträge nach § 129 Absatz 5 SGBV sehen bei fehlenden oder fehlerhaften Angaben eine Retaxation ausdrücklich vor.

c) die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten,

d) es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt.“

Nach Rahmenvertrag darf also nicht wegen einer fehlenden oder abweichenden BSNR retaxiert werden, es sei denn, in regionalen Lieferverträgen ist eine Prüfpflicht vereinbart oder sie haben den Eindruck, dass es sich um eine Fälschung handelt. Der regionale Liefervertrag Nordrhein hat keine solche Prüfpflicht.

Die Apotheke ist natürlich verpflichtet, jedem Verdacht auf eine mögliche Rezeptfälschung (die man beispielsweise an einer unplausiblen BSNR erkennen könnte) nachzugehen. Doch in diesem Fall ergaben sich für die Apotheke dahingehend keine Verdachtsmomente.

Zusätzlich sind in Anlage 8 des Rahmenvertrags weitere Informationen für Verordnungen im Rahmen des Entlassmanagements festgehalten:

6 Zahlungs- und Lieferanspruch

„(1) Die Regelungen nach § 6 des Rahmenvertrages gelten auch für Entlassverordnungen nach § 39 Absatz 1a SGB V.

(2) Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer Verordnung oder Belieferung im Entlassmanagement auch dann, wenn es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. Dies gilt bei papiergebundenen Verordnungen im Entlassmanagement nach § 1 Absatz 1 in folgenden Fällen:

[…]

e. Die BSNR im Personalienfeld stimmt nicht mit der BSNR in der Codierleiste überein und der Apotheker streicht nach Bestätigung der Richtigkeit der BSNR in der Codierleiste durch Rücksprache mit dem Arzt die BSNR im Personalienfeld. In diesem Fall wird mit der Abrechnung nach § 300 SGB V die BSNR aus der Codierleiste übermittelt[.]“

Doch liegt hier überhaupt ein Entlassrezept vor? Zwar fängt die BSNR mit einer 75 an und im letzten Feld des Versichertenstatus ist eine 4 zu finden, allerdings fehlt der Querbalken „Entlassmanagement“, sodass es sich hier nicht eindeutig um eine Entlassverordnung handelt. Zudem gelten, wie in § 6 Abs. 1 der Anlage 8 des Rahmenvertrags zu lesen ist, auch für Entlassverordnungen die allgemeinen Regelungen nach § 6 Rahmenvertrag, die weiter oben dargestellt wurden.

Fazit

Die Apotheke hat den Patienten mit den Arzneimitteln, die durch die Klinik verordnet wurden, unter Berücksichtigung der geltenden Rabattverträge versorgt. Da es sich bei der Beanstandung um einen formalen Fehler handelt, welcher weder die Arzneimittelsicherheit noch die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wesentlich tangiert hat, steht der Apotheke nach § 6 Rahmenvertrag dennoch eine Vergütung zu, vor allem da die Verordnung aufgrund des fehlenden Balkens nicht eindeutig als Entlassverordnung zu identifizieren ist. Grundsätzlich hat die Krankenkasse nach § 6 Abs. 1c auch immer die Möglichkeit, im Rahmen einer Einzelfallentscheidung auf eine Retax zu verzichten:

6 Abs. 1c

„Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […] die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten[.]“

Daher wäre es wünschenswert, wenn dieser Fall noch einmal mit dem nötigen Augenmaß geprüft würde.

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