Regionale Sondervereinbarungen bei Nichtlieferbarkeit

Im Zusammenhang mit der Nichtverfügbarkeit und Nichtlieferbarkeit von Arzneimitteln mehren sich bei DAP derzeit die Berichte von Retaxationen mancher Krankenkassen. Diese haben häufig eigene Vorstellungen von den erforderlichen Nachweisen, selbst wenn alle vertraglichen Formalien seitens der Apotheke erfüllt sind.

Und eigentlich sind die rahmenvertraglichen Vereinbarungen nach dem Kommentar des DAV eindeutig:

Leider müssen offenbar viele Apotheken derzeit andere Erfahrungen machen.

In unserem Retax-Newsletter von letzter Woche hatten wir zum Schluss erwähnt:
„Es ist weder akzeptabel, dass diese von einzelnen Kassen abweichend interpretiert werden, noch, dass zu diesem wichtigen Thema ggf. von Regionalkassen abweichende Vereinbarungen getroffen werden.“

Genau um diese Sondervereinbarungen auf Regionalebene – die leider häufig den betroffenen Apotheken gar nicht bekannt sind – geht es in unserem heutigen Retaxbericht.
Nachdem eine Apotheke nach Rücksprache mit dem DAP-Team Einspruch gegen ihre vorliegenden Nullretaxationen erhoben hatte, wurden lediglich zwei Palexia-Retaxationen teilweise reduziert:

Verordnung 1: AOK Sachen-Anhalt IK 101097006

Auf der Verordnung hat die Apotheke alle Vorgaben erfüllt: Sonder-PZN, Faktor und handschriftlicher Vermerk über die Nichtlieferbarkeit.

Dennoch wurde der Einspruch nicht vollständig anerkannt, sondern die Retax nur prozentual und auch nur bei zwei Verordnungen reduziert.

Zumindest war nun der Grund für die Retaxation erkennbar: „Korrektur der Preisberechnung lt. Vertrag/Vereinbarung“. Der Erstattungsbetrag wurde um 143,44 Euro − 42,69 Euro = 100,75 Euro reduziert

Verordnung 2: AOK Sachen-Anhalt 101097006

Auch auf dieser Verordnung hat die Apotheke alle Vorgaben erfüllt: Sonder-PZN, Faktor und handschriftlicher Vermerk über die Nichtlieferbarkeit.

Auch in diesem Fall wurde dem Apotheken-Einspruch nicht stattgegeben, sondern stattdessen die Retaxierung um ca. 70 % gekürzt.

Und dies erfolgte laut Schreiben der AOK im Einvernehmen mit dem LAV der betroffenen Apotheke:

Des Weiteren wird hier mitgeteilt, dass dieses „Entgegenkommen“ der AOK Sachsen-Anhalt nicht für Retaxationen aus z. B. Pharmazeutischen Bedenken gilt und dass die beiden genannten Verordnungen aufgrund der bisher von der betroffenen Apotheken erreichten „Rabattquote“ (bezogen auf die Rabattvertragserfüllung bei Palexia im Mai und Juni 2019) um ca. 25 % verringert werden (dies bedeutet allerdings im Umkehrschluss, dass nach wie vor ca. 75 % des Retaxbetrags bestehen bleiben).
Bestehen bleiben daher auch die übrigen Palexia-Retaxationen der Apotheke, die sich auf geltend gemachte Compliance-Probleme bezogen.

Der betroffenen Apotheke wurde von der AOK und ihrem LAV empfohlen, dieser vertraglichen Regelung innerhalb von 14 Tagen schriftlich zuzustimmen, andernfalls würde dieses vertragliche „Entgegenkommen“ der Apotheke nicht zugutekommen und die Retaxationen würden in voller Höhe bestehen bleiben.
Letztlich bleibt somit nur die Möglichkeit, zuzustimmen oder es auf dem Klageweg auszutragen.

Die erforderliche Einverständniserklärung der betroffenen Apotheke:

Verständlicherweise ist die Apotheke nicht mit diesem angeblichen Entgegenkommen der AOK einverstanden und kritisiert zudem, dass automatisch auch ihre Filiale mit einbezogen wurde und keine Großhandelsbelege akzeptiert werden, obwohl der Krankenkasse natürlich bekannt ist, dass Herstellerbelege kaum zu bekommen sind und selbst bei stark beschränkter Lieferfähigkeit noch von einer Lieferfähigkeit ausgegangen wird.

Hier muss dringend eine Klärung auf Bundesebene herbeigeführt werden, damit nicht noch weitere Apotheken entgegen den Rahmenvertragsregelungen wegen kassenseits gewünschter Defektbelege retaxiert werden.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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