Nach vier Wochen: Die ärztliche PZN-Auftragspflicht im Apothekenalltag

Die ersten vier Wochen mit der neuen ärztlichen Verpflichtung zum Auftragen der Pharma­zentral­nummer (PZN) sind nahezu vergangen. Zeit, einen ersten Blick aus der Apotheken­praxis auf die durch KBV und GKV-Spitzenverband erwartete Verbesserung durch die ab dem 01.04.2018 gültige Vorschrift des Arzneimittel­versorgungs-Wirtschaftlich­keits­gesetz (AVWG) von 2006 (!) zu werfen.
Zahlreiche Bedenken füllen nämlich seit unserem ersten Bericht über diese neue ärztliche Verpflichtung die Apotheken-Fachpresse.

Manche Arztpraxen – als eigentliche Adressaten der neuen Verpflichtung zum Auftragen der PZN – scheint das Thema jedoch weniger zu beschäftigen als die Apotheken, wie die folgenden Beispiele aus dem Apotheken­alltag der letzten Wochen zeigen:

Verordnungsbeispiel 1: Alle PZN fehlen

Bei keiner der beiden Verordnungszeilen ist die vorgeschriebene PZN zur Vermeidung von Unklarheiten und Rückfragen angegeben.

Viele der diesbezüglich von Apotheken kontaktierten Arztpraxen sind laut Mitteilung von Mitgliedern des DAP-Retaxforums der Meinung, dass es sich bei der gesetzlichen Vorschrift lediglich um eine Empfehlung handle. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie die KBV bereits im Januar 2018 den Ärzten mitteilte: 

Auszug aus den KBV-Nachrichten vom 11.01.2018

Ab April: Monatliche Aktualisierung der Arzneimittel­software
In der Verordnungs­software ist ab 1. April eine monatliche Aktualisierung der Arzneimittel­stammdaten vorgeschrieben. Der Arzt erhält einen Hinweis, wenn der Zeitpunkt des vorgesehenen Updates um fünf Arbeits­tage überschritten ist. Ab April wird außerdem die Pharma­zentral­nummer automatisch auf das Rezept gedruckt, um Fehl­interpretationen in der Apotheke und entsprechende Rückfragen in der Arzt­praxis zu vermeiden.“

Im AVWG steht dazu:

„Auf Rezepten dürfen nur Produkt- beziehungs­weise Wirkstoff­bezeichnung, Wirkstärke, Darreichungs­form, Packungs­größe und gegebenenfalls Norm­größe angegeben werden. Die gleichzeitige Angabe von Packungs­größe und Normgröße ist zulässig. Soweit verfügbar, ist die PZN anzugeben.

Verordnungsbeispiel 2: Alle PZN sind vorhanden

Alle PZN sind korrekt auf der Verordnung angegeben.

Achtung: Dies bedeutet jedoch nicht, dass nun alle ange­gebenen PZN gleichsam den Status eines Aut-idem-Kreuzes haben und quasi in jedem Fall vorrangig abzugeben seien. Alle bisherigen Abgabe­vorschriften sind natürlich weiterhin zu beachten. Daher stimmen bei der Rezept­abrechnung/-kontrolle in der Apotheke die abgegebenen PZN auch nicht immer mit den ärztlich verordneten PZN überein:

Hier musste die Apotheke das ärztlich verordnete Pantoprazol TAD gegen ein lagervorrätiges, ebenfalls rabattiertes Produkt austauschen. Dies geschah vertragskonform und auf Wunsch des Patienten, um diesen ohne Verzögerung zu versorgen.

Verordnungsbeispiel 3: Auch aus medizinischen Versorgungszentren kommen Verordnungen ohne PZN

Verordnungsbeispiel 4: Einmal mit, einmal ohne PZN

Verordnungsbeispiel 5: Nicht nur Aut-idem-Verordnungen erfordern die PZN

Weit verbreitet ist auch der Irrtum, dass die PZN – wie früher – nur bei Verordnungszeilen mit Aut-idem-Kreuz erforderlich ist. Beide Verordnungszeilen müssten hier eigentlich mit einer PZN gekennzeichnet sein!

Verordnungsbeispiel 6: PZN entspricht nicht der Verordnung

Die ärztlich angegebene PZN ist in der aktuellen Arzneimittel-Datenbank nicht mehr vorhanden:

Dieses Problem einer renommierten Software­firma ging mittlerweile vielfach durch die Fach­presse. Bei Änderung der Arzneimittel­verordnung oder bei Übernahme aus der ärztlichen „Hausapotheke“ wurde unverständlicher­weise übersehen, die PZN nochmals zu überprüfen und anzupassen.

Nur in solchen Fällen trifft auch die Apotheke eine Mitwirkungs­pflicht, denn es handelt sich gemäß § 17 (5) ApBetrO um eine „unklare Verordnung“, die nach Abklärung mit dem Arzt entsprechend korrigiert werden muss. Dies ist auf dem Rezept zu dokumentieren (siehe Korrektur und Vermerk => Abb. oben).

Generell gilt:

  • Ist eine PZN vergeben, muss diese von der Arztpraxis auch für jede Verordnungszeile auf die Verordnung gedruckt werden.
  • Dies ist keine unverbindliche „Empfehlung“ für die Arztpraxen, sondern eine gesetzlich bedingte Verpflichtung.
  • Für die Apotheke gibt es derzeit keine diesbezügliche Kontroll- oder Prüfpflicht. Auch unter den Bedingungen für ein „ordnungsgemäßes Rezept“ ist in den Versorgungsverträgen die PZN nicht aufgeführt.
  • Lediglich bei nicht übereinstimmender PZN mit dem Verordnungstext trifft die Apotheke eine Pflicht zur Rücksprache und Abklärung vor der Abgabe des Arzneimittels. Ob sich die Meinung durchsetzt, dass der Verordnungstext in solchen Fällen vorrangig ist, wird die Zukunft zeigen. Bis dahin empfiehlt sich retaxvorbeugend die klärende Rücksprache gemäß § 17 (5) ApBetrO.
  • Eine Retaxation der Apotheken wäre daher weder gesetzeskonform noch vertraglich zu rechtfertigen.
  • Eine aufgedruckte PZN bedeutet nicht: „Austauschverbot“! Die Apotheke muss gegebenenfalls auch weiterhin gemäß der vertraglichen und gesetzlichen Vorschriften substituieren.

Bleibt zu hoffen, dass die Standesvertretung der Apotheker die Zeit findet, die aufgetretenen Probleme mit der KBV zu besprechen und um eine nochmalige Mitteilung an die Ärzteschaft zu bitten, damit die Probleme baldmöglichst abgestellt werden. Insbesondere sollte es nicht möglich sein, dass die Arztpraxis die Angabe der PZN nach Belieben einmal aus- oder einschalten kann, wie folgende Verordnungen aus einer Praxis mit gleichem Datum zeigen:

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus 

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