Muss bei einer „herstellerneutralen“ Importverordnung immer das billigste Präparat abgegeben werden?
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Die erste Euphorie zur Neuregelung des Rahmenvertrags vom 01. Juni 2016 macht nun leider zunehmend den Realitäten der täglichen Retaxpraxis in unseren Apotheken Platz.
Die vdek-Kassen haben informiert, dass – entgegen der Mitteilung des DAV – für sie die neuen Vereinbarungen nicht für Abgaben vor dem 01. Juni 2016 anzuwenden sind. Von der DAK und auch von einigen BKKen liegen uns bereits einige Retaxationen vor, die zwar nach dem 01. Juni 2016 ausgesprochen wurden, aber weiterhin nach den alten Vertragsvorgaben retaxiert wurden, da die betroffene Abgabe vor dem 01. Juni 2016 erfolgte.
Diese Probleme deuteten sich bereits vor Inkrafttreten des neuen Rahmenvertrags an, denn bereits Ende Mai 2016 forderte beispielsweise die Barmer Nachverhandlungen, da die neuen Regelungen viel zu großen Interpretationsspielraum zulassen würden und in der Praxis letztlich völlig unklar bliebe, ob eine Retaxierung erfolgen müsse oder nicht.
Mittlerweile zeigen die aktuellen Retaxationen zunehmend, dass offenbar auch die Formulierung im Kommentar des DAV zum neuen Rahmenvertag („für alles Bekannte weist der Rahmenvertrag nunmehr Regelungen auf und garantiere Rechtssicherheit“), wohl tatsächlich etwas zu optimistisch war.
Nachfolgend eine aktuelle Retaxation aus dem DAP-Retaxforum, bei der es um die weiterhin ungeregelte Frage geht, ob und von welchem „Preisanker“ die Apotheke bei einer „herstellerneutralen“ Importverordnung zur Bestimmung der erforderlichen Abgabe ausgehen darf:
Retaxfall 1: Importeur nicht namentlich benannt
Krankenkasse: | BKK Gildemeister Seidensticker |
Verordnet: | Reimport Mimpara 60 mg 28 St. FTA N2 |
Abgabe: | Original der Firma Amgen PZN 00619142 |
Die Rezeptprüfstelle stellt sich auf den Standpunkt, dass trotz der nicht näher definierten Angabe „Reimport“ als Preisanker der billigste Reimport anzunehmen ist und somit auch abzugeben war. Diese Meinung war weder nach bisherigem Rahmenvertrag noch nach regionalen Verträgen legitimiert.
Ob jedoch aufgrund der fehlenden Firmenangabe des Importeurs von einer unklaren Verordnung, die eine Rücksprache erfordert, oder von einer Verordnung des Erstanbieters auszugehen ist oder ob eines der 3 Günstigsten Aut-idem-Präparate abzugeben ist, ist auch im neuen Rahmenvertrag für unbestimmte Importverordnungen nicht geregelt!
Trotz einer fehlenden vertraglichen Regelung retaxierte der Rezeptprüfungsdienstleister der BKK Gildemeister Seidensticker auf das damals nach Rabattabzug billigste Importpräparat:
Da es für diese Retax weder damals noch heute eine Legitimation gab, ist diese zurückzunehmen.
Retaxfall 2: Importeur namentlich verordnet
Gleichzeitig mit der Retax 1 wurde die betroffene Apotheke auch bezüglich einer weiteren Importverordnung retaxiert: gleicher Rezeptprüfungsdienstleister, andere BKK. Hier lag der Fall jedoch etwas anders, denn der Arzt hatte den gewünschten Importeur namentlich benannt:
Krankenkasse: | Novitas BKK |
Verordnet: | Xarelto 20 mg Gerke 98 FTA N3 |
Abgabe: | das Original der Firma Bayer Vital PZN 08461433 |
Hier trifft die Retaxbegründung tatsächlich zu, denn der gewünschte Importeur „Gerke Pharma“ wurde vom Arzt ausdrücklich benannt und somit für die Apotheke ein feststellbarer „Preisanker“ gesetzt:
Der Kassenpreis nach Abzug der Rabatte betrug für das verordnete Importprodukt 302,87 Euro (= „Preisanker“) und für das abgegebene Original 303,59 Euro.
Somit war die Retax in Höhe der Preisdifferenz von 72 Cent berechtigt, da kein vorrangiger Rabattvertrag existierte und die Apotheke ihr Überschreiten des vorgegebenen „Preisankers“ nicht auf der Verordnung begründet hatte.
DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus
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