T-Rezept-Retax: Menschlicher Fehler wird mit Retax über fast 11.000 Euro bestraft
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Bei T-Rezepten gelten aus nachvollziehbaren Gründen verschiedene Sonderregelungen, die dazu dienen, die Therapie mit den so risikobehafteten Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid und Thalidomid so sicher wie nur irgend möglich zu gestalten. Daher gilt auch eine verkürzte Einlösefrist: T-Rezepte müssen innerhalb von 6 Tagen nach Ausstellungsdatum beliefert werden. Dies wurde nun einer Apotheke zum Verhängnis – obwohl sie sogar noch eine neue, gültige Verordnung besorgt hatte.
T-Rezept über Lenalidomid
Eine Apotheke erhielt Ende Juni 2022 ein T-Rezept zulasten der DAK-Gesundheit über „Lenalidomid 10 mg 2 x 21 St. HKP“. Das Rezept wurde freitags in der Apotheke vorgelegt und das bestellte Arzneimittel Lenalidomid Accord konnte erst am folgenden Montag abgegeben werden. An diesem Montag fiel der Apotheke allerdings auf, dass die Abgabefrist nun um einen Tag überschritten war. Eine Abrechnung auf das vorliegende Rezept war daher nicht möglich. Aus diesem Grunde kümmerte sich die Apotheke um ein neues Rezept, welches der Arzt auf besagten Montag datierte. Dummerweise wurde letztlich doch das Rezept mit der abgelaufenen Gültigkeitsfrist zur Abrechnung eingereicht – das neu ausgestellte Rezept verblieb in der Apotheke.
Retax über knapp 11.000 Euro
Dieser Fehler fiel der Apotheke leider erst auf, als die Retax in existenzbedrohender Höhe ein halbes Jahr später in der Apotheke eintraf: Die Krankenkasse kürzte die Abrechnungssumme auf 0 und teilte der Apotheke einen Absetzungsbetrag von 10.938,98 € mit. Ein Schock für die Apotheke, denn solch eine Retaxsumme ist mehr als nur ein harter Einschnitt für eine Apotheke.
Über ihren Apothekerverband legte die Apotheke Einspruch gegen die Retax ein, denn sie hatte ja komplett richtig gehandelt:
- Es war aufgefallen, dass die Abgabefrist des ursprünglichen T-Rezeptes überschritten war!
- Es wurde ein neues, gültiges Rezept durch den Arzt eingefordert!
- Fehler sind menschlich und von den beiden Rezepten, die sich letztlich nur durch das neue Ausstellungsdatum unterschieden, wurde das bereits abgelaufene in die Abrechnung gegeben.
- Es bestand durch die Vorgehensweise zu keiner Zeit ein Sicherheitsrisiko für den Patienten, er wurde (und wird weiterhin) therapiegerecht durch die Apotheke versorgt.
- Der Krankenkasse entstand keinerlei wirtschaftlicher Schaden, im Gegenteil, die Apotheke gab ein Rabattarzneimittel ab.
Der Arzt bestätigte zudem in einem Schreiben, dass der Patient regelmäßig bei ihm in Behandlung ist und auch im betroffenen Versorgungszeitraum eine Therapie mit Lenalidomid geplant war.
Diese Argumente wurden auch im Einspruch aufgeführt und zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Krankenkasse trotz eines Fehlers die Möglichkeit hat, eine Leistung ganz oder teilweise zu vergüten. Dies ist in § 6 Abs. 1 Rahmenvertrag festgehalten:
6 Abs. 1 Rahmenvertrag
„[…] Der Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […]
c) die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten,
d) es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt.“
Da die Apotheke das Sicherheitsrisiko des abgelaufenen Rezeptes erkannt und für eine neue Verordnung gesorgt hat und dann letztlich lediglich die beiden Rezepte auf dem Weg zur Abrechnung vertauscht wurden, ist dies sicher als formaler Fehler auszulegen, der ebenfalls nach dem oben zitierten Rahmenvertragsausschnitt nicht den Vergütungsanspruch der Apotheke gefährdet.
Einspruch abgelehnt – und nun?
Umso entsetzter war die Apotheke, als die Krankenkasse diesen Einspruch ohne weitere Erläuterung oder Begründung ablehnte. Es wurde in keinster Weise darauf eingegangen, dass die Apotheke ein neues Rezept eingeholt hatte und damit die Arzneimitteltherapiesicherheit zu keinem Zeitpunkt gefährdet war. Ebenso wenig war der Krankenkasse ein wirtschaftlicher Schaden entstanden – dieser entsteht aber in diesem Fall in großem Maße der Apotheke, die den Versicherten auch nach diesem Vorfall weiterhin mit den benötigten Arzneimitteln versorgt.
Die Apotheke hatte sich zumindest eine Teilerstattung erhofft und war umso enttäuschter, als sie nicht einmal eine Begründung der Einspruchsablehnung seitens der Krankenkasse erhielt. Dadurch wird der Eindruck erweckt, dass die Begründung des Einspruchs gar nicht berücksichtigt wurde. Bevor die Apotheke nun in dieser Sache einen Anwalt einschaltet, möchte sie für eine gütliche Einigung zunächst noch einmal den persönlichen Kontakt zur Krankenkasse aufnehmen. Wir wünschen dafür viel Erfolg und drücken der Apotheke die Daumen für einen positiven Ausgang!
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