Lieferengpässe bei anderen Produkten als Arzneimitteln – Retaxfalle vorprogrammiert?
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Lieferengpässe dominieren weiterhin das Tagesgeschäft in Apotheken, vielleicht könnte man mittlerweile gar die Bewältigung von Lieferengpässen als Tagesgeschäft bezeichnen.
Was den Arzneimittelsektor angeht, wurden Apotheken mit dem ALBVVG zumindest einige Erleichterungen und erweiterte Befugnisse im SGB V eingeräumt. Doch leider sind nicht nur Arzneimittel, sondern auch Präparate anderer Produktklassen von Nichtverfügbarkeiten betroffen. Und auch hier wird offenbar retaxiert, wie der folgende Fall zeigt.
Nichtverfügbarkeits-PZN für Diätetikum wird moniert
Eine Apotheke hatte Mitte Juli dieses Jahres ein Rezept zulasten einer AOK über „Renilon 4,0 nitrica Drink 125 ml 16 Stück“ erhalten. Die Packungen, die mit 4 x 125 ml gepackt sind, waren leider nicht verfügbar. Allerdings wurde das verordnete Mittel dringend benötigt, daher gab die Apotheke nach Rücksprache mit dem Arzt eine abweichende Packungsgröße mit 6 x 4 x 125 ml ab. Die Rücksprache wurde auf dem Rezept dokumentiert und zusätzlich die Sonder-PZN für Nichtverfügbarkeit aufgedruckt.
Einige Zeit später erhielt die Apotheke das Rezept jedoch mit dem Hinweis „abweichende Abgabe bezieht sich nicht auf AM“ zurück. Die Apotheke richtete sich nun mit der Frage, was denn in solch einem Fall noch zu tun sei, an das DeutscheApothekenPortal.
Noch keine Regelungen für andere Produktgruppen
Formal ist der Einwand der Krankenkasse gerechtfertigt, denn die Vorgaben zur Abgabe alternativer Packungsgrößen im neuen Abs. 2a des § 129 SGB V beziehen sich nur auf die Abgabe von Arzneimitteln und umfassen nicht die Abgabe von Diätetika. Die angegebene Sonder-PZN gilt nur für Arzneimittel und kann daher nicht für andere Produktgruppen wie in diesem Fall Diätetika herangezogen werden. Um eine andere Packungsgröße abgeben zu können, hätte die Apotheke daher durch den Arzt ein neues Rezept ausstellen bzw. das ursprünglich ausgestellte Rezept ändern lassen müssen. Nun ist die Frage, ob hier im Nachhinein noch eine Heilung/Korrektur möglich ist oder eine ärztliche Bestätigung, dass der Patient das Präparat dringend benötigte und daher die schnellstmögliche Versorgungsform gewählt wurde, akzeptiert wird.
Im vorliegenden Fall könnte man auch damit argumentieren, dass im maßgeblichen Regionalliefervertrag neben der Arzneimittelabgabe auch die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung geregelt und im weiteren Verlauf des Vertragstextes Folgendes zu finden ist:
Ausschnitt aus dem Regionalliefervertrag
„In Fällen eines offensichtlichen Irrtums hinsichtlich der verordneten Menge hat der Apotheker mit dem Vertragsarzt Rücksprache zu halten; entscheidet sich der Vertragsarzt für eine Mengenänderung, hat der Apotheker dies auf dem Verordnungsblatt zu vermerken und abzuzeichnen. Der Begriff ‚Mengenänderung‘ beinhaltet sowohl eine Reduzierung als auch eine Erhöhung der Abgabemenge. Ist der Vertragsarzt nicht erreichbar, so ist ausnahmsweise der Apotheker berechtigt, die Mengenänderung nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmen; das Verordnungsblatt ist vom Apotheker entsprechend zu ergänzen und abzuzeichnen.“
Hier ist also eine Änderung einer „irrtümlichen“ Mengenangabe durch die Apotheke nach Rücksprache mit dem Arzt legitimiert. Man kann natürlich diskutieren, ob die Angabe einer nicht lieferbaren Packung ein offensichtlicher Irrtum ist, aber einen Versuch könnte es wert sein.
Grundsätzlich sollte darauf hingewiesen werden, dass der Patient zeitnah versorgt wurde, dass kein Risiko in der Therapie entstand und dass die GKV auch keinen wirtschaftlichen Schaden davongetragen hat. Aufgrund der momentanen massiven Lieferengpässe sollte solch ein „Fehler“ die Patientenversorgung und die Vergütung der Apotheke nicht in Frage stellen.
Für ähnliche Fälle sollten Apotheken aber eine neue bzw. geänderte Verordnung von der Praxis anfordern, um nicht in die gleiche Situation zu geraten, getreu dem Motto „Vorsicht ist besser als Nachsicht“.
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