Krankenkasse erkennt handschriftliches „Gebühr frei“-Kreuz nicht an

Nachfolgend ein weiteres Beispiel, wie wenig Beachtung die neue Schiedsvereinbarung (§ 3 Rahmenvertrag) bezüglich nicht mehr zu retaxierender Formfehler in der Retaxpraxis mancher Krankenkassen findet.

Der Fall

Krankenkasse: IKK classic (IK 101500154)
Verordnet:Depo Clinovir FER N3 1 St.
Abgabedatum:01.08.2016

Der ursprünglich aufgedruckte Gebührenstatus „Geb.-pfl.“ wurde handschriftlich vor der Vorlage in der Apotheke von der Arztpraxis auf „Gebühr frei“ geändert.

Dies erkannte die Rezeptprüfstelle der Krankenkasse nicht an und stellte der Apotheke die ihrer Meinung nach zu erhebende Rezeptgebühr in Rechnung:

Die Apotheke erhob daraufhin am 03.07.2017 Einspruch:

1. Einspruch:

„Befreiung erfolgte im Mutterschutz! Gekennzeichnet von der Arztpraxis Dr. ….“

Dieser Einspruch wurde von der Krankenkasse am 06.07.2017, also innerhalb von drei Tagen, abgelehnt. Es war für die Rezeptprüstelle offenbar nicht akzeptabel, dass ein maschinell gesetztes Statusfeld-Kreuz zur Zuzahlung durch den Arzt manuell wieder aufgehoben wurde. Es sei nämlich nicht erkennbar, dass die manuelle Korrektur durch den Arzt selbst vorgenommen wurde:

Dabei sehen sowohl der Rahmenvertrag als auch der Versorgungsvertrag für NRW vor, dass diese Änderung auch durch die Apotheke vorgenommen und abgezeichnet werden darf:

4 (2, 3) Versorgungsvertrag NRW

„l. Kennzeichnung der Gebührenpflicht und der Gebührenbefreiung, soweit zutreffend […] (3) Die Angaben gemäß Absatz 2 werden vom Arzt auf das Verordnungsblatt übertragen; ein Fehlen einzelner Angaben nach Buchstaben a. oder b., c. oder d. 3, e., f. und h. bis m. berechtigt nicht zur Zurückweisung des Verordnungsblattes bei der Abrechnung; Mindestangaben sind jedoch a. oder b., c. oder d. und g., die vollständig auf der Verordnung angegeben sein müssen. Formfehler können im Einzelfall vom Apotheker geheilt werden. Änderungen sind vom Apotheker abzuzeichnen.

Zudem war für die Krankenkasse nicht verständlich, dass nach erfolgter Geburt der Arzt durch seine Kontrazeptivaverordnung eine erneute Schwangerschaft zunächst ausschließen wollte. Daher hat die Apotheke versucht, die erste Einspruchsablehnung aufzuklären:

2. Einspruch:

Und sie hat diesem erneuten Einspruch eine Bestätigung der verordnenden Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe beigelegt:

Auch dieser Einspruch wurde abgelehnt und zudem wurde ein nochmaliger Einspruch ausgeschlossen:

Wie oben beschrieben, wird das vertragliche Recht zur Änderung des Gebührenstatus durch Arzt und Apotheker de facto unwirksam, wenn für die Krankenkasse nicht durch Unterschrift erkennbar ist, wer diese Änderung vorgenommen hat. Daran ändern auch nachträgliche Bestätigungen durch Arzt und Apotheke nichts, obwohl Formfehler-Retaxationen eigentlich nicht mehr vorkommen sollten.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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