Kein „Augenmaß“ bei Nullretax einer offensichtlich falsch datierten PC-Verordnung?
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Erinnern Sie sich an unseren Retax-Newsletter vom 18.07.19 „Nichtlieferbarkeitsfaktor weist auf falsche Zeile: Nullretax“? Da im Zusammenhang mit ihrer Ablehnung einer einmonatigen Friedenspflicht zur Einführung des neuen Rahmenvertrags zum 01.07.19 manche Kassen selbstbewusst darauf hinwiesen, dass ihre Retaxationen ohnehin stets mit „Augenmaß“ durchgeführt würden, hatten wir anhand einer Formretax aufgezeigt, dass dies häufig nicht der Realität des Apothekenalltags entspricht.
In diesem Fall freut es mich, mitteilen zu können, dass die betroffene Apotheke gar keinen Einspruch mehr absenden musste, da die Retaxstelle der BARMER – offenbar aufgrund einer Intervention der BARMER – die Retaxation von sich aus zurückgenommen hat. Als Datum des virtuellen Einspruchs wurde das Veröffentlichungsdatum unseres Retax-Newsletters 18.07.19 genannt. Dafür möchten wir uns bei der BARMER ausdrücklich bedanken.
Gleichwohl erreichten uns auch weitere Retaxationen sogenannter „Formfehler“ ohne wirtschaftliche oder pharmazeutische Nachteile, die bereits seit der letzten Neufassung 2016 des bis 30.06.2019 gültigen alten Rahmenvertrags nicht mehr retaxiert werden sollten.
Eine dieser offensichtlichen Formfehler-Retaxationen, die ein erkennbar von der Arztpraxis falsch eingetragenes Verordnungsdatum trug, möchten wir Ihnen heute vorstellen.
PC-Verordnung: | AOK Straubing |
Verordnungsdatum: | 05.11.18 Allerdings in der Arztpraxis irrtümlich bedruckt mit 05.11.16 |
Da in manchen Arztpraxen PC-Verordnungen quasi nur im „Schreibmaschinen-Modus“ und nicht automatisch von der Software ausgefüllt werden können, hat sich bei der Ausstellung leider ein folgenschwerer Fehler eingeschlichen: Statt 05.11.18 wurde auf die Verordnung 05.11.16 geschrieben!
Folgenschwer für die versorgende Apotheke, denn die Rezeptprüfung der AOK Bayern verweigerte der Apotheke die Erstattung der am 06.11.18 erfolgten Versorgung in voller Höhe von 494,35 Euro.
Ein leicht erkennbarer, offensichtlicher Irrtum, denn das tatsächliche Versorgungsdatum 06.11.18 war noch an zwei weiteren Stellen auf dem Originalformular zu erkennen: auf dem Aufdruck der versorgenden Apotheke und in den Stempeln (Arzt und Apotheke) auf der Rückseite der Verordnung.
Dennoch wurde diese PC-Versorgung der Apotheke wegen des falschen Verordnungsdatums nicht erstattet:
Die Rezeptprüfung der AOK beruft sich dabei auf § 3 Abs. 2 des Apothekenvertrags Bayern:
3 Abs. 2 Apothekenvertrag Bayern
e) Datum der Ausstellung der Verordnung durch den Vertragsarzt; ein fehlendes oder ein offensichtlich falsches Ausstellungsdatum darf vom Apotheker aufgrund einer Rücksprache mit dem Vertragsarzt ergänzt bzw. korrigiert werden. Das Ergebnis der Rücksprache hat der Apotheker auf dem Verordnungsblatt zu vermerken.
Diese Vertragsvereinbarung hätte es der Apotheke im Falle des offensichtlich falschen Ausstellungsdatums sogar erlaubt, das Datum nach Rücksprache mit dem Arzt selbst zu korrigieren. Aber leider wurde der Datumsirrtum in der Apotheke und auch in deren Rezeptabrechnungsstelle nicht bemerkt und eine nachträgliche Korrektur durch Apotheke und/oder Arzt räumt die AOK Bayern in ihrer Retaxation nicht ein, obwohl diese vertraglich nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.
Abb.: Ausschnitt aus der Retaxmitteilung der AOK Bayern
Leider ist der Datumsirrtum auch dem Abrechnungszentrum der Apotheke nicht aufgefallen. Daher bleibt zu hoffen, dass sich auch die AOK Bayern – gemäß dem positiven Beispiel der BARMER – auf die Präambel des Arzneimittelversorgungsvertrags Bayern („Die vertragsschließenden Parteien wirken bei der Umsetzung dieses Vertrages vertrauensvoll und in partnerschaftlichem Geist zusammen.“) besinnt und diese Retaxation zurücknimmt.
§ 3 Abs. 1 des damaligen Rahmenvertrags gibt der AOK die Möglichkeit dazu, da weder ein therapeutischer noch ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist:
„[…] Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […] es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. […]“
Wir werden ggf. über den Fortgang dieser unerfreulichen Retaxation berichten.
Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum
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