Einspruch abgelehnt: Kein Handlungsspielraum der Krankenkasse bei einer 7.000-Euro-Retax?
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Vor zwei Wochen stellten wir an dieser Stelle eine „Rubbelretax“ vor (Retaxfall: Achtung bei Rezeptkorrekturen): Eine Apotheke hatte erst nach der Rezeptbelieferung bemerkt, dass der Abgabezeitraum bei einer Verordnung über zwei Packungen NutropinAq bereits abgelaufen war, und dies nachträglich mit Tipp-Ex korrigiert. Dies entspricht natürlich nicht den rechtlichen Vorgaben – bei einem abgelaufenen Rezept hätte die Apotheke ein neues Rezept anfordern oder zumindest die Fristüberschreitung nach Arztrücksprache und die Gründe dafür dokumentieren müssen. Dann wäre eine Retax nach § 6 Abs. 2 Buchst. g7 Rahmenvertrag nicht erlaubt gewesen:
6 Abs. 2 Buchst. g(7) Rahmenvertrag
Um einen unbedeutenden Fehler im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Buchstabe d) handelt es sich insbesondere: […]
g) Wenn bezogen auf den Rahmenvertrag […]
(g7) die Apotheke ein Arzneimittel nach Ablauf der in § 11 Absatz 4 Satz 1 Arzneimittel-Richtlinie vorgesehenen Belieferungszeit von derzeit 28 Tagen nach Ausstellung abgibt. Hierbei gilt, dass die Rücksprache mit der verschreibenden Person und die Gründe für die Fristüberschreitung auf einem papiergebundenen Verordnungsblatt dokumentiert und von der Apothekerin / vom Apotheker abgezeichnet werden oder bei einer elektronischen Verordnung im elektronischen Abgabedatensatz entsprechend der Regelungen nach § 2 Absatz 17 Satz 4 zur Rezeptänderung ergänzt und mittels qualifizierter elektronischer Signatur signiert werden.
Einspruch abgelehnt
Da solch eine Begründung aber nicht auf dem Rezept vorhanden war, erfolgte eine empfindliche Retax über mehr als 7.000 Euro. Ein Einspruch mit Erläuterung der Abgabesituation (der Kunde besucht die weiter entfernt liegende Ambulanz nur alle 6 Monate und reicht die für seinen Sohn dort ausgestellten Rezepte nur nach Bedarf in der Apotheke ein; es wurden zeitgleich mehrere Rezepte für den Patienten eingereicht und nur dieses eine war bereits abgelaufen; der Sohn wurde mit den nun dringend benötigten Arzneimitteln versorgt) wurde von der Krankenkasse abgelehnt – sie bleibt bei der Argumentation, dass „eine bereits abgelaufene Verordnung so wieder in den Gültigkeitszeitraum gebracht wurde“. Zudem wurde in der Ablehnung des Einspruchs erklärt, dass auch eine nachträgliche Bestätigung des Arztes nicht anerkannt wird und dass eine Stornierung nicht möglich ist.
Dabei hätte die Krankenkasse im Einzelfall einen gewissen Entscheidungsspielraum und könnte die Apotheke trotz des Fehlers ganz oder zumindest teilweise vergüten. Dies ist in § 6 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenvertrags festgehalten. Davon machen die Krankenkassen aber erfahrungsgemäß nur selten Gebrauch – auch wenn sie damit den hohen wirtschaftlichen Schaden der Apotheke durch diese Retax abfedern könnten.
Leider handelte es sich bei der Fristüberschreitung auch um einen Zeitraum von mehr als 3 Tagen, denn in solch einem Fall wäre nach dem durch das ALBVVG festgelegten § 129 Abs. 4d SGB V eine Retaxation mittlerweile verboten.
Daher gilt weiterhin die Maxime: Vor allem bei Hochpreisern müssen Apotheken die ausgestellten Rezepte sorgfältig prüfen! Trotz der mit dem ALBVVG vereinbarten Retaxverbote gibt es weiterhin Fehler, die zu Nullretaxationen führen können, und dies wird offenbar von den Krankenkassen auch weiterhin durchgesetzt.
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