Formalien-Retax: falscher Faktor bei Sonder-PZN angegeben
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Weicht eine Apotheke von der Abgaberangfolge des Rahmenvertrags ab, so muss dies auf dem Rezept dokumentiert werden, damit dies auch bei der Rezeptprüfung für die Krankenkasse nachvollziehbar ist.
Die Vorgaben dafür finden sich in § 14 Rahmenvertrag:
14 Abweichung von der Abgaberangfolge
„(1) Dass kein rabattbegünstigtes Fertigarzneimittel nach § 11 Absatz 2 oder kein preisgünstiges Fertigarzneimittel nach § 12 zum Zeitpunkt der Vorlage der Verordnung verfügbar war, hat die Apotheke durch einen Beleg nach § 2 Absatz 11 nachzuweisen. Sofern die Apotheke kein rabattbegünstigtes bzw. kein preisgünstiges Fertigarzneimittel wegen Nicht-Verfügbarkeit abgibt, hat sie bei papiergebundenen Verordnungen auf dem Arzneiverordnungsblatt das zwischen den Vertragspartnern vereinbarte Sonderkennzeichen anzugeben. Bei der elektronischen Verordnung ist in diesem Fall das entsprechende Kennzeichen im Dispensierdatensatz anzugeben und mittels elektronischer Signatur zu signieren.“
Für die Dokumentation bei Nichtverfügbarkeit ist die Angabe der Sonder-PZN sowie des entsprechenden Faktors erforderlich. Der entsprechende Großhandelsbeleg wird der Apotheke vom Großhandel zur Verfügung gestellt und kann bei Bedarf zur Vorlage bei der Krankenkasse ausgedruckt werden. Im Rahmen der Corona-Sonderregelungen sind jedoch Erleichterungen für die Apotheke vorgesehen.
Retax: falscher Faktor angegeben
Offensichtlich sollten Apotheken aber genauestens darauf achten, dass der korrekte Faktor mit der Sonder-PZN 02567024 kombiniert wird, denn ansonsten kann eine Retax drohen – wie im folgenden Beispiel.
Einer Apotheke wurde im August 2020 ein Rezept zulasten der BARMER vorgelegt. Verordnet war „Candesartan AAA 16 mg TAB 98 ST. N3 PZN 09531816“.
Die Apotheke versorgte den Patienten mit dem verfügbaren Candesartan von ratiopharm, da die Rabattarzneimittel nicht lieferbar waren, und dokumentierte diese Vorgehensweise mit der Sonder-PZN 02567024 plus Faktor 3. Zudem wurden die entsprechenden Großhandelsbelege in der Apotheke gespeichert.
In Zeiten der Corona-Pandemie hat die Apotheke also den Patienten zeitnah mit einem verfügbaren, wirkstoffgleichen Arzneimittel versorgt und die Abweichung von der eigentlich vorgesehenen Abgaberangfolge auf dem Rezept dokumentiert.
Doch es folgte eine Retax auf null, und zwar mit der Begründung, dass kein Rabattarzneimittel abgegeben worden sei.
Erst ein genaueres Hinsehen erklärt den eigentlichen Grund dieser Retax – denn eine entsprechende Dokumentation durch die Apotheke war ja erfolgt.
Die Sonder-PZN ist zwar angegeben, wurde jedoch nicht mit dem passenden Faktor kombiniert. Der angegebene Faktor 3 dokumentiert die Nichtverfügbarkeit preisgünstiger Arzneimittel, nicht aber die Nichtverfügbarkeit von Rabattarzneimitteln.
Im Rahmen der Corona-Pandemie gibt es für Apotheken nach SARS-CoV-2-AMVersVO Erleichterungen bei den Austauschregelungen, damit eine reibungslose Versorgung der Patienten weiterhin gesichert bleibt.
Nach § 1 Abs. 3 und 4 der SARS-CoV-2-AMVersVO gilt:
1 Abs. 3 und 4 SARS-CoV-2-AMVersVO
„(3) Abweichend von § 129 Absatz 1 Satz 1 bis 5 und 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und dem Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dürfen Apotheken, wenn das auf der Grundlage der Verordnung abzugebende Arzneimittel in der Apotheke nicht vorrätig ist, an den Versicherten ein in der Apotheke vorrätiges wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben; ist kein wirkstoffgleiches Arzneimittel in der Apotheke vorrätig und ist das abzugebende Arzneimittel auch nicht lieferbar, darf ein lieferbares wirkstoffgleiches Arzneimittel abgegeben werden. Sofern weder das auf der Grundlage der Verordnung abzugebende noch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorrätig oder lieferbar ist, dürfen Apotheken nach Rücksprache mit dem verordnenden Arzt ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel an den Versicherten abgeben; dies ist auf dem Arzneiverordnungsblatt zu dokumentieren. Satz 2 gilt entsprechend für den Fall, dass der verordnende Arzt den Austausch des Arzneimittels ausgeschlossen hat. Apotheken dürfen ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern dadurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:
- die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung definierten Messzahl,
- die Packungsanzahl,
- die Entnahme von Teilmengen aus Fertigarzneimittelpackungen, soweit die abzugebende Packungsgröße nicht lieferbar ist, und
- die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.
Im Fall der Verschreibung von Substitutionsmitteln nach § 5 Absatz 6 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung findet Satz 4 Nummer 1, 2 und 4 keine Anwendung.
(4) Abweichend von den Regelungen in dem Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch findet in den Fällen des Absatzes 3 keine Beanstandung und Retaxation statt.“
Einspruch der Apotheke wurde abgelehnt
Die Apotheke legte Einspruch gegen diese Retax ein und belegte die Nichtverfügbarkeit der Rabattarzneimittel nochmals mittels Großhandelsbeleg. Dennoch wurde der Einspruch abgelehnt. Die Krankenkasse besteht darauf, dass die Apotheke den Faktor 2 bzw. 4 hätte aufdrucken müssen, lässt dabei jedoch die Sonderregelungen der Corona-Pandemie außer Acht.
Fazit: Retax sollte zurückgenommen werden
In diesem Fall handelt es sich um einen rein formalen Fehler in der Dokumentation der Apotheke. Es ist der Krankenkasse kein wirtschaftlicher Schaden entstanden (es wäre kein Rabattarzneimittel lieferbar gewesen) und die Arzneimittelsicherheit wurde ebenfalls nicht tangiert. Nach SARS-CoV-2-AMVersVO war der vorgenommene Austausch des Arzneimittels zur zeitnahen Versorgung des Patienten legitimiert – und wurde mit Sonder-PZN dokumentiert (wenn auch mit Faktor 3 statt mit Faktor 6). Da die SARS-CoV-2-AMVersVO ebenfalls vorsieht, dass Retaxierungen in solchen Fällen nicht stattfinden, sollte diese Retax zurückgenommen werden.
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