Fehlender Apothekenstempel führt zu Retax
Wenn Formalien Probleme machen

Das DeutscheApothekenPortal erreichen täglich vielerlei Anfragen zu Abgabesituationen und Vertragsklauseln, oft aber auch zu Retaxierungen. Eine solche Retaxierung drehte sich kürzlich um den Zuzahlungsstatus und daran vorgenommene Änderungen.

In vielen Apotheken ist der Ablauf gleich: Das Rezept wird vorgelegt, quergelesen und ins Kassensystem eingegeben oder eingescannt. Drei der wichtigsten Punkte, die hier beachtet werden, sind der Zuzahlungsstatus, das Ausstellungsdatum und der Stempel der Arztpraxis mit Unterschrift des Arztes. Während das Fehlen von Ausstellungsdatum, Arztstempel oder Arztunterschrift einen groben Fehler darstellt, der zwangsläufig zu einer Retaxierung führen wird, ist der Befreiungsvermerk für Apotheker oft vernachlässigbar. Das liegt daran, dass dieser händisch ergänzt werden darf und mit Handzeichen und oft auch dem Enddatum der eventuell vorliegenden Befreiung versehen wird. Ein einfaches Prozedere, bei dem eigentlich nichts schieflaufen kann – oder?

AOK Sachsen-Anhalt moniert fehlenden Apothekenstempel

Das DeutscheApothekenPortal erhielt hierzu eine Nachfrage aus einer Apotheke, die genau diesem Trugschluss aufgesessen war. So wurde das Befreiungskennzeichen händisch gesetzt, mit Namenszeichen und Enddatum versehen und in die Abrechnung gegeben. Bei den meisten Kostenträgern wäre der Fall damit abgeschlossen. Nicht so jedoch bei der AOK Sachsen-Anhalt: Diese beruft sich auf § 6 Abs. 3 AMVV und moniert einen fehlenden Stempelaufdruck.

Nun zeigte sich die Apotheke sichtlich irritiert – schließlich behandelt § 6 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln. Einen Abs. 3 gibt es hier zudem gar nicht. Eine erste Vermutung, die Abrechnungsstelle könnte fälschlicherweise die AMVV angegeben, aber eigentlich den Rahmenvertrag gemeint haben, führt auch nicht zur Lösung – denn hier befasst sich § 6 Abs. 3 mit der Höhe der Vergütung. Des Rätsels Lösung findet sich im Arzneimittelversorgungsvertrag der AOK Sachsen-Anhalt. Hier ist nämlich detailliert festgehalten, wie bei fehlendem oder falschem Befreiungsvermerk vorzugehen ist:

6 Abs. 3 Arzneimittelversorgungsvertrag AOK Sachsen-Anhalt

„Hat der Vertragsarzt trotz Vorliegen eines Befreiungsbescheides keine Befreiung nach §§ 61, 62 SGB V vorgenommen, so überprüft der Apotheker die Versichertendaten des vorgelegten Befreiungsausweises mit denen der eingereichten Verordnung. Stellt der die inhaltliche Übereinstimmung fest, wird kein Kostenanteil erhoben und die Zuzahlung mit ‚0‘ gekennzeichnet. Änderungen des Befreiungsstatus werden von der Apotheke dann vorgenommen, wenn der Versicherte den Befreiungsausweis vorgelegt hat. Die Änderungen werden als Stempelaufdruck mit dem Inhalt ‚Befreiungsausweis wurde vorgelegt‘ dokumentiert und abgezeichnet.“

Nun hat die betroffene Apotheke zwar einen Vermerk auf das Rezept aufgebracht und auch abgezeichnet, nicht jedoch den vorgeschriebenen Stempel verwendet. Was auf viele kleinlich wirken mag, bietet also für die AOK Sachsen-Anhalt einen Angriffspunkt für eine Retaxierung. Dennoch sollte hier vonseiten des Abrechnungszentrums Augenmaß bewiesen werden. Weder wurde die Therapiesicherheit gefährdet noch ist der AOK Sachsen-Anhalt ein wirtschaftlicher Schaden entstanden. Auch wurde von der Apotheke ein Vermerk aufgebracht – wenngleich dieser nicht den vorgegebenen Formalien entspricht.

Fazit

Bei der Belieferung von GKV-Rezepten sind oftmals nicht nur die AMVV, der Rahmenvertrag und Rabattverträge zu beachten. Auch die regionalen Verträge der jeweiligen Kostenträger müssen im Auge behalten werden. Da aber bei hunderten Kostenträgern nicht jede Sonderregelung immer präsent ist, wäre hier auf Nachsicht vonseiten der Abrechnungszentren zu hoffen. Schließlich ist ein Kostenträger berechtigt, jederzeit auf eine Retaxierung zu verzichten. In den meisten Fällen wird man hier allerdings auf wenig Verständnis stoßen. Für die Apotheken bleibt daher nur das sorgfältige Prüfen aller zugrunde liegenden Regelungen – oder Retaxierungen in Kauf zu nehmen. Da sich das Abrechnungszentrum der AOK Sachsen-Anhalt im vorliegenden Fall auf die AMVV – also die Arzneimittelverschreibungsverordnung – beruft, jedoch den regionalen Arzneimittelversorgungsvertrag gemeint hat, stehen die Chancen auf einen erfolgreichen Einspruch bei entsprechender Begründung gut.

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