Erst unberechtigte Vollretax, dann „nur“ noch Portoabzug

Genehmigungspflichtige Versorgungen sind vor der Abgabe zu genehmigen, da diese ansonsten nicht erstattet werden. Die Unterlagen sind zur Genehmigung einzureichen und müssen anschließend nicht nochmals an die Verordnung geheftet werden. Ein entsprechender Vermerk auf die vorliegende Verordnung reicht in der Regel aus.
Die Unterlagen können von den Krankenkassen – denen sie ohnehin vorliegen – jederzeit nochmals angefordert werden, wenn ein berechtigter Grund, z. B. Zweifel an der korrekten Abrechnung, vorliegt. Dies sehen in der Regel die Arzneimittelversorgungsverträge so vor, damit die Unterlagen nicht mit der Rezeptabrechnung verloren gehen.

Besonders ärgerlich ist es, wenn sich eine Apotheke entsprechend dieser Vereinbarungen verhält, aber trotzdem retaxiert wird und zudem die Retaxbegründung vage gehalten und erst auf den zweiten Blick zu finden ist.

Retaxiert wurde diese „Taurolock Amp.“-Verordnung vom 4. Juli 2016 von der Protaxplus im Namen der VIACTIV Krankenkasse (IK 104526376). Die betroffene Apotheke soll laut Retaxschreiben diese Versorgung in Höhe von 238,00 Euro aus eigener Tasche bezahlen, da nach Meinung des Rezeptprüfungsdienstleisters die „Abgabe bzw. Abrechnung nicht mit den Bestimmungen der gültigen Verträge konform“ sei:

Auf dem automatisierten Retaxschreiben findet sich keine Begründung für diese Nullretax. Dem angehängten Rezeptimage darf die Apotheke wenigstens entnehmen, dass der Rezeptprüfstelle eine „Anlage fehlt“:

Ob der Prüfstelle die Anlage der erteilten Genehmigung, ein Beleg für die angefallenen Beschaffungskosten oder gegebenenfalls beides fehlt, ist auch daraus nicht ersichtlich.

Nachdem die Apotheke Einspruch erhoben und der Prüfstelle die Genehmigung zugesendet hat – die diese als Rezeptprüfungsdienstleister aufgrund des Genehmigungsvermerks eigentlich auch selbst recherchieren könnte – wurde zumindest das vorab genehmigte Nichtarzneimittel in Höhe von 232,50 Euro vergütet.

Liest man die „Einspruchsablehnung“, so entsteht jedoch der Eindruck, als hätte die Apotheke nur gegen die verweigerte Erstattung der 5,50 Euro Beschaffungskosten Einspruch erhoben und dieser Einspruch sei abgelehnt worden:

Auch hier besteht eine gesetzliche und vertragliche Regelungslücke unserer Versorgungsverträge, da es in der Tat nur eine Erstattungsvereinbarung für Beschaffungskosten für Arzneimittel gibt:

8 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) – Sonderbeschaffung

„Unvermeidbare Telegrammgebühren, Fernsprechgebühren, Porti, Zölle und andere Kosten der Beschaffung von Arzneimitteln, die üblicherweise weder in Apotheken noch im Großhandel vorrätig gehalten werden, können die Apotheken mit Zustimmung des Kostenträgers gesondert berechnen.“

Die gelieferten und zur Vermeidung von katheterassoziierten Infektionen sowie Katheterdurchflussproblemen ärztlich benötigten „Taurolock Katheter Kock Lsg. Amp.“ zählen jedoch als „Nichtarzneimittel“ bzw. „Medizinprodukt“:

Da der zuständige Kostenträger die Meinung vertritt, dass die erteilte Genehmigung nicht die Beschaffungskosten beinhalte, wird die Apotheke wohl auf die Erstattung ihrer Beschaffungskosten verzichten müssen – obwohl dem Kostenträger bekannt sein muss, dass der Artikel nicht über den Großhandel zu beziehen ist:

Wirtschaftlich betrachtet ist die Versorgung ohnehin ein Verlust, wenn Apotheken bei Verordnung einer 10er-Packung von ihren ihnen zugestandenen 5,63 Euro Rohertrag auch noch die Beschaffungskosten in Höhe von 5,50 Euro selbst bezahlen müssen.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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