Entlassrezepte – Packungsgrößenchaos wie vor Corona?

Während der Corona­pandemie wurden mit der SARS-CoV-2-AMVersVO auch für Entlass­rezepte Erleichterungen bei Verordnung und Abgabe geschaffen. Vor allem die Möglichkeit, Packungs­größen bis zur N3 zu verordnen, war eine große Entlastung, denn vorher waren Fragen zu abgabe­fähigen Packungs­größen an der Tages­ordnung.

Leider wurde diese Ausnahme nicht verlängert – zum Leidwesen von Ärzten, Apotheken und letztlich auch Patienten. Denn die Lücken, die die Verein­barungen zum Entlass­management hinsichtlich der Verordnungs­fähigkeit von größeren Packungen als N1 lassen, wurden bislang nicht überall gestopft.

Nur eine Packung des kleinsten N-Bereichs

In § 4 der Anlage 8 des Rahmenvertrags ist definiert, was Apotheken auf Entlassrezepte abgeben dürfen:

  • Eine Packung des kleinsten N-Bereichs oder eine kleinere Packung
  • Ist ein kleiner N-Bereich definiert, aber keine Packung aus diesem Bereich im Handel, kann keine Packung abgegeben werden.
  • Ist eine größere Packung verordnet worden, kann eine Packung des kleinsten definierten N-Bereichs abgegeben werden.
  • Ist kein N-Bereich für einen Wirkstoff definiert, handelt es sich um eine nicht erstattungsfähige Verordnung.

Nun lassen sich mit diesen Vorgaben sicherlich viele Verordnungen beliefern, auch wenn das in vielen Fällen für die Apotheke einen erhöhten Prüfaufwand bedeutet. Ist zum Beispiel eine N3-Packung verordnet, muss zunächst geprüft werden, ob es wirklich keinen kleineren definierten N-Bereich gibt. Die N3 darf nur abgegeben werden, wenn der N3-Bereich auch der gemäß PackungsV einzige definierte N-Bereich ist, wie im folgenden Beispiel: Verordnet wurde Nexavar 200 mg 112 St. N3. Es gibt keine kleineren Packungen im Handel, dennoch stellt sich im Entlassmanagement aufgrund der Rahmenvertragsvorgaben die Frage, ob die große Packung abgegeben werden darf. Laut PackungsV sind die N-Bereiche wie folgt definiert:

Da der N3-Bereich der einzige definierte Bereich ist, kann die verordnete N3-Packung in diesem Fall abgegeben werden.

Anders sieht es aus, wenn eine größere Packung (als kleinste im Handel befindliche Packung) verordnet ist, es aber kleinere definierte N-Bereiche gibt, wie in folgendem Fall: Verordnet wurde Atmadisc 25 µg/125 µg, 120 St. N2. Eine kleinere Packung dieser Stärke gibt es nicht, aber laut PackungsV ist ein N1-Bereich definiert.

Hier könnte die Apotheke gemäß Rahmen­vertrag das Rezept nicht zulasten der GKV beliefern, sondern müsste entweder vom Haus­arzt eine normale Verordnung anfordern oder es den Patienten privat bezahlen lassen.

Ausnahmeregelung der Krankenkassen?

In solchen Fällen ist durchaus die schnelle Patienten­versorgung in Gefahr. Die Ersatz­kassen haben aus diesem Grund schon vor einiger Zeit im Arznei­versorgungs­vertrag nachge­bessert:

6 Entlassmanagement

„(1) In Ergänzung zu Anlage 8 des Rahmen­vertrages verständigen sich die Vertrags­partner auf nach­folgende Regelungen:
a) Sind nur Packungen im Handel, deren Größe das kleinste definierte Packungs­größen­kenn­zeichen über­schreitet, so stellt die Abgabe der kleinsten verfüg­baren Packung einen unbedeutenden Fehler nach § 6 Rahmen­vertrag dar, der nicht zur Zurück­weisung des Verordnungs­blattes gemäß § 3 führt. Die Apotheke hat in diesen Fällen einen Vermerk und das verein­barte Sonder­kenn­zeichen 06460731 auf dem Verordnungs­blatt gemäß § 3 aufzu­tragen.“

Bei Rezepten zulasten einer Ersatzkasse haben die Apotheken also auch im oben geschilderten Fall die Möglichkeit, die Patienten zulasten der GKV mit dem benötigten Arzneimittel zu beliefern – sie müssen es aber auf dem Rezept per Sonder-PZN dokumentieren.

Bei Regionalkassen müssen Apotheken die jeweiligen Verträge prüfen, teilweise findet man dazu aber auch auf den Internetseiten der Krankenkassen Informationen. So beispielsweise bei der AOK im Bereich Leistungserbringer. Dort ist folgender Passus hinsichtlich der VERORDNUNG zu finden:

Internetseite der AOK

„Insbesondere sind folgende Regeln zu beachten:
Die Höchst­menge der verordneten Arznei­mittel wird entsprechend der gesetzlichen Vorgabe auf eine Packung mit dem kleinsten Kenn­zeichen N1 begrenzt. Falls eine solche Packung nicht im Handel ist, kann ausnahms­weise auf die kleinste verfügbare Packung, zum Beispiel auch eine N2-Packung, zurückge­griffen werden. Sonstige in die Versorgung nach § 31 SGB V einbe­zogene Produkte wie Verband­mittel oder Harn- und Blut­test­streifen können für einen Zeit­raum von bis zu sieben Tagen verordnet werden.“

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