Einspruchsablehnung gegen Retax einer zeilenweisen Mehrfachverordnung abgelehnt

Nichts ist unverständlicher als eine Retax einer Verordnung, die eine Woche später durch das Inkrafttreten des neuen Rahmenvertrags nicht mehr zu beanstanden gewesen wäre.

Bereits in der Vorabveröffentlichung des neuen Rahmenvertrags im Januar 2019 war zu lesen, dass sich die Spitzenverbände der Apotheker und der GKV-Kassen darauf geeinigt hatten, dass Mehrfachverordnungen verteilt auf mehrere Zeilen nicht mehr addiert werden dürfen und somit bei Mehrfachabgaben mit Überschreitung der Nmax auch keine Retaxmöglichkeit mehr besteht.

Ein längst überfälliger Schritt, da es weder nachvollziehbar noch therapeutisch sinnvoll war, dass größere ärztliche Verordnungen nur erstattet wurden, wenn die Gesamtmenge ein Vielfaches der Nmax betrug, und zudem auch noch mit dem hier eigentlich unnötigen Vermerk  „Menge ärztl. begründet“ gerechtfertigt werden mussten.

Während Patienten, Ärzte und Apotheken erleichtert diese sinnvolle Vereinbarung im neuen Rahmenvertrag zur Kenntnis nahmen, mussten sie durch unseren Retax Newsletter vom 26.09.2019 erfahren, dass ein Retax-Dienstleister offensichtlich nicht dieser Meinung war, der ihr Auftraggeber – die BKK Siemens – über den GKV-Spitzenverband ausdrücklich zugestimmt hatte.

Daher sollte man bedenken, welchen Eindruck es bei Ärzten, Apotheken und den eigenen Versicherten macht, einer patientenfreundlichen Versorgung, der man selbst und alle anderen GKV-Kassen vertraglich zugestimmt hat, eine Woche vor deren Inkrafttreten zu widersprechen und die Erstattung der fraglichen Verordnung zu verweigern.

Hier die Verordnung, die eine Apotheke dem DAP-Team zusandte und über die wir am 26.09.19 berichteten:

Krankenkasse: Siemens Betriebs­krankenkasse (IK 10843248)
Verordnung Zeile 1:Leganto 4 mg/24 h PFT 84 St. N3 PZN 08873992
Verordnung Zeile 2:Leganto 4 mg/24 h PTF 7 St. N1 PZN 08873868
Abgabe:24.06.19

Die Verordnung wurde auf zwei Verordnungszeilen rezeptiert, so wie es im seit 01.07.19 gültigen Rahmenvertrag vereinbart wurde.

8 Rahmenvertrag „Packungsgrößen“

(1) Enthält eine Verordnung mehrere Verordnungszeilen, ist jede Verordnungszeile einzeln zu betrachten und mit der jeweils verordneten Anzahl von Packungen zu beliefern.

Die BKK Siemens bzw. ihr Retax-Dienstleister hätte auch gemäß dem damals noch eine Woche gültigen alten Rahmenvertrag die Möglichkeit gehabt, auf diese Retaxation zu verzichten:

Auszug aus § 3 des alten Rahmenvertrags „Zahlungs- und Lieferanspruch“

„[…] Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […]

  • die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten,
  • es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. […]“

Beide Bedingungen waren bei der damaligen Versorgung erfüllt, zudem waren beide Leganto-Abgaben für die BKK Siemens rabattiert. Dennoch wurde diese Versorgung aufgrund des damals noch wenige Tage gültigen Rahmenvertrags retaxiert:

Da die BKK Siemens in der Apotheke bisher nicht zu den Krankenkassen zählte, die durch ihre problematische Retaxpraxis bei Apotheken aufgefallen ist, sind wir davon ausgegangen, dass die Retaxation angesichts des nicht entstandenen finanziellen Schadens und der therapiekonformen Versorgung ihres Versicherten zurückgenommen wird.

Gleichwohl hat uns die betroffene Apotheke mittlerweile mitgeteilt, dass die DAVASO - Rezeptprüfung an der Retaxation gemäß der alten therapiewidrigen Vorschrift festhält. Da sich die BKK Siemens hier offenbar nicht selbst einschaltete, um ihren guten Ruf nicht noch weiter zu schädigen, erging folgende Ablehnung an die betroffene Apotheke:

Abb.: Auszug aus der Einspruchsablehnung

Auf die Argumentation in Bezug auf den neuen Rahmenvertrag und die therapiegerechte Verordnung in zwei Verordnungszeilen geht die Rezeptprüfstelle DAVASO nicht ein. Vielmehr teilt sie der Apotheke mit, dass nach ihrer Meinung die „verordnete Gesamtmenge auf der Verordnung ausschlaggebend“ ist.

Bleibt nur die Hoffnung, dass sich diese Meinung nun mit Gültigkeit des neuen Rahmenvertrags geändert hat. Sollten Sie jedoch auch aktuell noch von derartigen Retaxationen betroffen sein, lassen Sie es mich bzw. das DeutscheApothekenPortal bitte wissen.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

Neuen Kommentar schreiben

Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentarfunktion nutzen zu können.

DAP Newsletter

Immer aktuell informiert mit dem DAP Newsletter: zur Newsletter-Anmeldung