E-Rezept-Retax wegen überschrittener Abgabefrist
Die fristgerechte Belieferung von Rezepten ist immer wieder eine Retaxfalle – bei Papierrezepten wie auch bei E-Rezepten. Bei E-Rezepten kommt es erfahrungsgemäß häufig zu Problemen, wenn das E-Rezept zwar fristgerecht abgerufen wird, dann aber das benötigte Arzneimittel bestellt werden muss und erst später abgeholt wird. Erfolgt die Abholung erst nach Fristablauf und wird im Abgabedatensatz dann das Abholdatum automatisch als Abgabedatum gesetzt, so ist mit einer Retax aufgrund einer Fristüberschreitung zu rechnen. Hier hilft nur eine sorgfältige Nachverfolgung, dass bestellte Arzneimittel auch rechtzeitig abgeholt werden.
Zwei Packungen verordnet – nur eine lieferbar
Eine Apotheke berichtete uns von mehreren Retaxationen: Auf den Rezepten waren jeweils zwei Packungen eines Arzneimittels verordnet. Die erste konnte direkt abgegeben werden, die zweite musste bestellt werden. Da der Patient zunächst versorgt war, war die Abholung der zweiten Packung für ihn nicht so dringend und so wurde die zweite Packung erst nach Ablauf der Vier-Wochen-Frist abgeholt. Anhand der Chargendokumentation konnte die Apotheke erkennen, dass die zweite Packung durchaus noch innerhalb der Gültigkeitsfrist in der Apotheke eintraf und seitdem dort lagerte – bis zur verspäteten Abholung.
Bei der Abholung wurde der Abgabedatensatz erstellt und für beide Packungen als Abgabedatum das Abholdatum eingespeist. In der Folge erhielt die Apotheke eine Vollabsetzung, obwohl eine Packung definitiv fristgerecht abgegeben wurde – die zweite wurde wie beschrieben innerhalb der Frist in die Apotheke geliefert und lediglich zu spät abgeholt. Die Apotheke stellte sich nun die Frage, ob hier Einspruch eingelegt werden kann und wie zukünftig mit ähnlichen Rezepten verfahren werden sollte, um nicht in diese Retaxfalle zu tappen.
Verspätete Abgabe dokumentieren!
Grundsätzlich ist der Apotheke eine Fristüberschreitung nach Arztrücksprache erlaubt, wenn diese bei der Abgabe dokumentiert wird. Dies gilt nach § 6 Abs. 2 g7 Rahmenvertrag als unbedeutender Fehler, der nicht zu einer Retax führen darf.
6 Abs. 2 g7 Rahmenvertrag
„Um einen unbedeutenden Fehler im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Buchstabe d) handelt es sich insbesondere: […]
Wenn bezogen auf den Rahmenvertrag: […]
(g7) die Apotheke ein Arzneimittel nach Ablauf der in § 11 Absatz 4 Satz 1 Arzneimittel-Richtlinie vorgesehenen Belieferungszeit von derzeit 28 Tagen nach Ausstellung abgibt. Hierbei gilt, dass die Rücksprache mit der verschreibenden Person und die Gründe für die Fristüberschreitung
- auf einem papiergebundenen Verordnungsblatt dokumentiert und von der Apothekerin / vom Apotheker abgezeichnet werden oder
- bei einer elektronischen Verordnung im elektronischen Abgabedatensatz entsprechend der Regelungen nach § 2 Absatz 17 Satz 4 zur Rezeptänderung ergänzt und mittels qualifizierter elektronischer Signatur signiert werden.“
Wenn also absehbar ist, dass aus Verfügbarkeitsgründen eine (oder mehrere Packungen) voraussichtlich zu spät abgegeben werden, sollte dies nach Arztrücksprache auf dem Rezept bzw. im Abgabedatensatz dokumentiert werden.
Natürlich können Apotheken nie vorher absehen, ob die Arzneimittel fristgerecht abgeholt werden. Ob Apotheken dann in solchen Fällen abzuholende Arzneimittel grundsätzlich per Botendienst zustellen oder die Kundinnen und Kunden nochmals persönlich an die Abholung erinnern, muss jede Apotheke für sich prüfen, aber dies ist immer ein zusätzlicher Aufwand. In jedem Fall braucht es ein gutes Management, um Rezepte, die kurz vor Fristablauf stehen, nachzuverfolgen.
Einspruch einlegen
Im vorliegenden Fall sollte die Apotheke Einspruch einlegen, denn es kann sicher anhand der Daten in der EDV nachgewiesen werden, dass zumindest die erste Packung fristgerecht abgegeben wurde. Für die zweite Packung könnte nachträglich das Einverständnis der verschreibenden Person (nach oben zitiertem Rahmenvertragspassus) eingeholt werden, wobei abzuwarten ist, ob die Krankenkasse dies im Einzelfall auch nachträglich akzeptiert. Außerdem könnte erläutert werden, dass dies ein Versäumnis des Patienten war, der ja durch die erste Packung bereits versorgt war und dementsprechend die Dringlichkeit der Abholung nicht erkannt hat. Somit sollte zumindest die erste Packung erstattet werden.
Was tun bei kurzer Frist?
Zusätzlich fragt die Apotheke, wie nun vor dem Hintergrund einer drohenden Retax mit Rezepten umzugehen ist, bei denen der Abruf erst kurz vor Fristablauf erfolgt, dann aber ein Wochenende folgt und/oder das Arzneimittel bestellt werden muss, sodass eine Fristüberschreitung absehbar ist. Zumindest für solch kurze Fristüberschreitungen von maximal drei Tagen gibt es für „normale“ Rezepte mittlerweile ein Retaxverbot.
Dies ist neben dem SGB V auch in § 6 Abs. 2a des Rahmenvertrags hinterlegt:
6 Abs. 2a Rahmenvertrag
„2a) Unabhängig von den Absätzen 1 und 2 ist eine Retaxation ausgeschlossen, wenn
- die Dosierangabe auf der Verordnung fehlt,
- das Ausstellungsdatum der Verordnung fehlt oder nicht lesbar ist,
- die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 SGB V festgelegte Belieferungsfrist von Verordnungen um bis zu drei Tage überschritten wird, es sei denn es handelt sich um Verordnungen nach § 39 Absatz 1a SGB V, Verordnungen von Betäubungsmitteln oder Verordnungen von Wirkstoffen, für die kürzere Belieferungsfristen festgelegt sind,
- die Abgabe des Arzneimittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
- die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse bei Abgabe des Arzneimittels fehlt und diese nachträglich erteilt wird.“
Dieses Retaxverbot gilt aber nur für „normale“ Rezepte und nicht für Sonderrezepte mit verkürzter Belieferungsfrist!
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