Wissen schützt vor Strafe nicht:
Dosierungsretaxierungen treffen auch Rezepturen
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Nicht nur bei normalen Rezepten, sondern auch bei Rezepten, die eine Rezepturherstellung erfordern, erreichen uns vermehrt Meldungen über Retaxierungen aufgrund fehlender oder falscher Dosierungsanweisung. Dabei handelt es sich hier eigentlich um einen ganz anderen Fall als bei den gewöhnlichen Arzneimittelrezepten.
Hintergrund
Mit der Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) zum 1. November 2020 wurde gesetzlich festgeschrieben, dass ärztliche Verordnungen von Rx-Arzneimitteln eine Dosierungsanweisung enthalten müssen – oder wenigstens auf eine solche verweisen müssen, etwa in Form eines Medikationsplans. Bei Rezepturherstellungen sieht dies allerdings anders aus. Hier gilt schon immer: Die abgebende Apotheke hat das Abgabegefäß nach § 2 Abs. 4a AMVV mit einer ausführlichen Gebrauchsanweisung zu versehen. Auch muss im Rahmen der Plausibilitätsprüfung stets die Gebrauchsanweisung des Arztes überprüft werden. Nicht zuletzt wurden beim berüchtigten Augentropfenskandal, bei dem es zu Verätzungen bei Säuglingen kam, auch die für die Herstellung verantwortlichen Apotheker bestraft. Damit also überprüft werden kann, ob die Dosierung sinnhaft ist, muss diese auch auf dem Rezept vorhanden sein.
§ 7 Abs. 1b Satz 1 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) gibt dazu vor:
7 Abs. 1b Satz 1 ApBetrO
„Die Anforderung über die Herstellung eines Rezepturarzneimittels ist von einem Apotheker nach pharmazeutischen Gesichtspunkten zu beurteilen (Plausibilitätsprüfung). Die Plausibilitätsprüfung muss insbesondere Folgendes berücksichtigen:
- die Dosierung,
- die Applikationsart,
- die Art, Menge und Kompatibilität der Ausgangsstoffe untereinander sowie deren gleichbleibende Qualität in dem fertig hergestellten Rezepturarzneimittel über dessen Haltbarkeitszeitraum sowie
- die Haltbarkeit des Rezepturarzneimittels.“
Darüber hinaus gibt § 14 Abs. 1 Satz 1 der Apothekenbetriebsordnung die Kennzeichnung des Abgabegefäßes vor:
14 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO
„Rezepturarzneimittel müssen auf den Behältnissen und, soweit verwendet, den äußeren Umhüllungen, mindestens folgende Angaben aufweisen:
- Name und Anschrift der abgebenden Apotheke und, soweit unterschiedlich, des Herstellers,
- Inhalt nach Gewicht, Nennvolumen oder Stückzahl,
- Art der Anwendung,
- Gebrauchsanweisung, sofern das Arzneimittel nicht unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird,
- Wirkstoffe nach Art und Menge und sonstige Bestandteile nach der Art,
- Herstellungsdatum,
- Verwendbarkeitsfrist mit dem Hinweis ‚verwendbar bis‘ oder mit der Abkürzung ‚verw. bis‘ unter Angabe von Tag, Monat und Jahr und, soweit erforderlich, Angabe der Haltbarkeit nach dem Öffnen des Behältnisses oder nach Herstellung der gebrauchsfertigen Zubereitung,
- soweit erforderlich, Hinweise auf besondere Vorsichtsmaßnahmen, für die Aufbewahrung oder für die Beseitigung von nicht verwendeten Arzneimitteln oder sonstige besondere Vorsichtsmaßnahmen, um Gefahren für die Umwelt zu vermeiden, und
- soweit das Rezepturarzneimittel auf Grund einer Verschreibung zur Anwendung bei Menschen hergestellt wurde, Name des Patienten.“
Somit ist die Dosierungsangabe bei Rezepturverordnungen unabhängig von den Neuerungen der AMVV aus 2020 zu betrachten – die Pflicht der Angabe einer Gebrauchsanweisung galt hier schon weit früher und ist von der Änderung der AMVV auch unberührt. Das bedeutet, dass eine Dosieranweisung wie „Dj“ oder „gemäß Plan“ nicht zulässig ist. Es muss sich um eine konkrete Anweisung handeln.
Was führte zur Retaxierung?
Fälle, in denen die falsche oder fehlende Dosierungsanweisung auf einer Rezepturverordnung zur Retaxierung geführt hat, erreichen uns immer wieder. Zuletzt traf es dabei unter anderem zwei Apotheker. Einem der beiden wurde ein Rezept über eine Rezeptur vorgelegt, die als „Alternative fürs Gesicht“ gedacht war. Dem Patienten wird dabei sicherlich bewusst gewesen sein, was damit gemeint war. Auch wird der Apotheker sich im Gespräch vergewissert haben, dass der Patient weiß, wie die Rezeptur anzuwenden ist. Allerdings reicht diese Form der Dosisangabe für eine Rezeptur nicht aus – es hätte eine ausführliche Dosierung gebraucht, die erklärt, wann und in welchen Fällen die Rezeptur in welcher Menge zu verwenden ist. Somit kam es zur Retaxierung durch die AOK Sachsen.
In einem weiteren Fall traf es einen Apotheker, dem eine Rezeptur mit der Dosieranweisung „bei Bedarf anzuwenden“ vorgelegt wurde. Auch hier ist diese Dosieranweisung nicht ausreichend – so muss der Bedarfsfall erläutert werden und auch die vorzunehmende Dosierung, sollte dieser Bedarf eintreten.
Fazit
So lästig es sein mag, für jede Rezepturherstellung eine explizite Dosierung beim Arzt zu erfragen und diese auf dem Rezept nachzutragen – zur Retaxvermeidung ist diese Vorgehensweise unerlässlich. Ungenaue Dosisangaben führen vermutlich genauso oft zur Retax wie gänzlich fehlende.
Achtung
In der Ursprungsfassung befand sich ein Hinweiskasten zum Aufbringen der Gebrauchsanweisung auf das Packmittel bzw. einen separaten Zettel. Diese Information stellte sich bei erneuter Prüfung als inkorrekt heraus, weswegen wir den Kasten entfern haben.
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