Dauerproblem: therapeutisch benötigte Mehrfachverordnungen
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Eines der häufigsten Retaxprobleme, die das DAP täglich erreichen, sind therapeutisch benötigte Mehrfachverordnungen, die wir als Apotheken nicht versorgen dürfen oder bei denen wir die Versorgung via Retax dann aus eigener Tasche bezahlen müssen. Die Apotheke hat daher das ständige Problem, sich zwischen einer therapiegerechten, ärztlich gewünschten Versorgung – die sie gegebenenfalls anschließend selbst bezahlen muss – oder der für die Krankenkasse vermeintlich „wirtschaftlichsten“ Abgabe zu entscheiden. Das bedeutet meist eine Reduzierung der verordneten Menge und die Notwendigkeit, dieses dann sowohl dem Patienten als auch dem verordnenden Arzt zu erklären.
Hier ein weiteres Retaxbeispiel zu diesem Problem, welches das DAP erreichte:
Es handelt sich um eine Verordnung der Charité Universitätsklinik, Hochschulambulanz Neurologie. Die Verordnung wurde in Rücksprache mit dem verordnenden Arzt geändert in 200 mg. Aber genau durch diese Änderung in Rücksprache entstand das letztlich retaxierte Problem.
Von der ursprünglichen Verordnung mit 300 mg ist eine für die entsprechende Krankenkasse rabattierte N3-Packung mit 100 Stück im Handel, nicht jedoch von der Stärke 200 mg:
Daher hat die Apotheke zweimal die größte 200-mg-Packung (4 x 21 St.) abgegeben (ohne Normkennzeichen).
Allerdings wurde dann, entgegen der ausdrücklich gewünschten ärztlichen Zweifachverordnung der größten Packung, die Abgabe der Apotheke auf zwei Packungen der kleinsten Packung mit dem N1-Kennzeichen gekürzt (2 x 86,74 = 173,48). Dies ergab eine Belastung – der gemäß dem ärztlichen Willen versorgenden Apotheke – von 454,46 Euro:
Es liegt keine Übereinstimmung der abgegebenen Arzneimittel mit der Verordnung vor (§ 17 ApBetrO).
Dies ist in unserem Fall allerdings nicht ganz zutreffend, denn § 17 ApBetrO regelt nur erkennbare Irrtümer der ursprünglichen Verordnung. In unserem Fall ist der „Irrtum“ erst nach der Rezeptänderung entstanden:
17 (5) ApBetrO
„Die abgegebenen Arzneimittel müssen den Verschreibungen und den damit verbundenen Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Arzneimittelversorgung entsprechen. Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist. Der Apotheker hat jede Änderung auf der Verschreibung zu vermerken und zu unterschreiben.“
Zutreffender wäre der veraltete, hier schon oft kritisierte § 6 (1) Rahmenvertrag:
6 (1) Rahmenvertrag – Abgabe wirtschaftlicher Einzelmengen
„1 Ist bei einer Verordnung unter Angabe der N-Bezeichnung keine Packung, die dem verordneten N-Bereich entspricht, im Handel, ist eine Packung aus dem nächst kleineren N-Bereich abzugeben; falls eine solche Packung nicht im Handel ist, ist die kleinste im Handel befindliche Packung abzugeben. In Zweifelsfällen entscheidet der Vertragsarzt durch Änderung der Verordnung.“
Gleichwohl, beide Paragrafen enthalten die Bestimmung, dass in diesen Fällen letztlich der Arzt zu entscheiden und die Unklarheit zu beseitigen hat. Und genau dies hat er offensichtlich gemäß Rezeptvermerk laut Rücksprache getan: Er hat über die Verordnung, also logischerweise sowohl über die abzugebende Stärke als auch über die benötigte Menge entschieden!
Dass statt der verordneten 2 x N3 der Arzt trotz Rücksprache nun plötzlich 2 x die N1-Packung gewünscht hätte, wird wohl auch die Krankenkasse kaum unterstellen. Die Therapiehoheit und Versorgungssicherheit haben sicher auch für die betroffene Krankenkasse Vorrang vor allgemein gültigen Vereinbarungen. Daher sollte diese Retax, in diesem speziellen Fall und im Interesse künftiger Patientenversorgungen, „kulanterweise“ zurückgenommen werden. Die Neufassung von § 3 des Rahmenvertrags gibt nämlich jeder GKV-Kasse die Möglichkeit dazu.
Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum
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