Andauerndes Ärgernis: Retax bei Original mit Aut-idem-Kreuz
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Dass ein Aut-idem-Kreuz alleine nicht den Austausch zwischen Original und Import verhindern kann, ist mittlerweile bekannt. Bei Nichtbeachtung droht in vielen Fällen eine Retax. Im Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen wurde daher eine Regelung getroffen, die den Ärzten die Möglichkeit gibt, einen Austausch auch zwischen Original und Import zu unterbinden, wenn sie der Meinung sind, dass ein Austausch die Therapie gefährdet.
In § 5 Abs. 9 des AVV der vdek-Kassen heißt es:
5 Abs. 9 des AVV der vdek-Kassen
„Hat der Vertragsarzt ein Fertigarzneimittel unter seinem Produktnamen und/oder seiner Pharmazentralnummer unter Verwendung des Aut-idem-Kreuzes verordnet, ist dies im Verhältnis von importiertem und Bezugsarzneimittel mangels arzneimittelrechtlicher Substitution unbeachtlich. Dies gilt nicht, wenn der Arzt zusätzlich zum Aut-idem-Kreuz auf der Verordnung vermerkt hat, dass aus medizinisch-therapeutischen Gründen die Abgabe des verordneten Arzneimittels erfolgen soll.“
Durch einen zusätzlichen Vermerk kann der Arzt demnach seiner ärztlichen Therapiehoheit Gewicht verleihen und so auch den Austausch zwischen Original und Import verbieten. Dies gibt allen Seiten Sicherheit: dem Arzt bei der Verordnung, der Apotheke bei der Rezeptbelieferung und natürlich auch dem Patienten, der sein vertrautes Präparat erhält.
Retaxgefahr bei Primärkassen
Doch wie sieht es aus, wenn bei Primärkassen eine entsprechende Vereinbarung im Liefervertrag fehlt? Hier besteht eine große Retaxgefahr, wie eine Apotheke leider direkt an mehreren Verordnungen erfahren musste.
Der Arzt verordnete zulasten der AOK Rheinland/Hamburg auf mehreren aufeinander folgenden Verordnungen das Original Prograf. Verordnet wurde jeweils mit Aut-idem-Kreuz, da die Patientin ausdrücklich das Original erhalten sollte.
Nachfolgend ein Beispiel einer Verordnung:
Zum Abgabezeitpunkt gab es allerdings in der Stärke 1 mg einen Rabattvertrag über einen Import. Aufgrund des Aut-idem-Kreuzes gab die Apotheke jedoch das Original ab. So ging die Apotheke auch bei den folgenden Verordnungen vor. In jedem Fall folgte leider im Nachgang eine Retaxation. Die Krankenkasse retaxierte auf den VK-Preis des Rabattartikels und zog zusätzlich eine Pauschale zum Ausgleich des entgangenen Rabatts ab.
Da der Apotheke direkt mehrere Rezepte der gleichen Patientin retaxiert wurden, legte die Apotheke im Einspruchsverfahren eine Bestätigung des Arztes vor, dass ausdrücklich nur das Original gewünscht und ein Austausch auf einen Import keine Therapieoption war, da bei der Patientin eine gravierende Erkrankung (Transplantation) vorlag. Dem Einspruch der Apotheke wurde trotzdem nicht stattgegeben.
Abschließend sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der Prograf-Wirkstoff Tacrolimus in den Darreichungsformen Hartkapseln und retardierten Hartkapseln auf der Substitutionsausschlussliste steht. Diese hat zwar wie das Aut-idem-Kreuz alleine auch keinen Einfluss auf den Austausch zwischen Original und Importen, zeigt aber deutlich, dass ein Austausch von Tacrolimus-Präparaten kritisch zu sehen ist.
Wie können Ärzte und Apotheken vorgehen, solange der Sachverhalt nicht vertraglich geklärt ist?
Die Retaxation entspricht zwar den vertraglichen Grundlagen, doch stellt sich trotzdem die Frage, wie Ärzte und Apotheken vorgehen können, wenn sie einen Patienten aus welchen Gründen auch immer ausdrücklich nur mit dem Original versorgt wissen wollen. Nach den aktuellen vertraglichen Voraussetzungen scheint dies zumindest bei Primärkassen nur über eine Verordnung auf Privatrezept möglich zu sein oder über den Weg der Wunscharznei. In beiden Fällen müsste der Patient das Arzneimittel selbst bezahlen, wobei er bei Anwendung der Wunscharzneimittelregelung zumindest einen Teil der Kosten durch die Krankenkasse erstattet bekäme. Dennoch kann doch auch dies nicht Sinn der Sache sein, wenn man gesetzlich krankenversichert ist und prinzipiell einen Anspruch auf Kostenerstattung hat.
Natürlich kann die Apotheke auch zunächst versuchen, Vorbehalte gegenüber der Importabgabe auszuräumen, denn es handelt sich letztlich ja um das gleiche Präparat. Dennoch ist jedem Apothekenmitarbeiter aus der Praxis bekannt, dass Importe oft Verunsicherung verursachen können, da die Packungen beispielsweise fremdsprachige Aufdrucke aufweisen. In solch einem Fall gäbe es noch die Möglichkeit, den Austausch durch Anbringen Pharmazeutischer Bedenken zu verhindern. Dies müsste die Apotheke auf jeden Fall durch ausreichende Dokumentation auf dem Rezept belegen, dann darf keine Retaxation erfolgen.
Letztlich wäre es aber wünschenswert, wenn diese Sachlage endlich wie bei den Ersatzkassen vertraglich geregelt würde und man den Ärzten auch bei Primärkassen ein Werkzeug an die Hand gäbe, ein Original in Fällen, die dies ausdrücklich nötig machen, austauschsicher zu verordnen.
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