5.900 Euro Retax wegen „Zentrumspreis“?
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Selbst wer als praktisch tätige/r Apotheker/in meint, mit allen eventuell möglichen oder denkbaren Retaxationen vertraut zu sein, wird immer noch durch neue Retaxvariationen überrascht.
Oder wissen Sie, was ein „Zentrumspreis“ ist?
Sicherlich nichts Gutes, da der betroffenen Apotheke die Vergütung um 5.900 Euro gekürzt wurde und als Begründung ein sogenannter „Zentrumspreis“ angeführt wurde, wie folgender Fall zeigt:
Kasse: | Techniker Krankenkasse, IK 108077500 |
Verordnet: | Refacto Af 1000 IE 1 ST x 30 |
Verordnung und Abgabe: | 28.09.2015 |
Es handelt sich um ein gentechnisch hergestelltes Antihämophilie-Präparat, ein verschreibungspflichtiges und erstattungsfähiges Arzneimittel, welches jedoch seit dem 01. Juli 2013 nicht mehr der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) unterliegt:
Voraussetzung für die Erstattung der Krankenkasse ist daher auch ein vereinbarter Vertragspreis und dieser wurde und wird der Apotheke bei der Versorgung zulasten der Techniker Krankenkasse mit 1.196,52 Euro angezeigt:
Der vertraglich vereinbarte Preis ergibt für die ärztlich verordnete Menge einen Abrechnungspreis in Höhe von 35.895,60 Euro nach der oben abgebildeten Formel:
(EK (970,00) x 1,03 + 6,38 Euro) x verordnete Stückzahl + 19 % MwSt.
Dieser Preis wird auch aktuell von unserer Apotheken-EDV ohne weiteren Hinweis übernommen:
Umso erstaunlicher war es für die Apotheke, als ihr die TK ihre Erstattung um 5.917,60 Euro kürzte:
Als Begründung führte die TK „Kürzung auf Zentrumspreis“ an.
Auch die über 8.600 Mitglieder des DAP-Retaxforum hatten keine Infomation darüber, was unter einem „Zentrumspreis“ zu verstehen sei, wo dieser vereinbart ist und weshalb dieser nicht in der Apotheken-EDV angezeigt wird.
Was versteht die TK unter dem retaxierten „Zentrumspreis“?
Die gesetzliche Grundlage für diesen Sondervertriebsweg unter Ausschluss der Apotheken ist der § 47 (1) 2 Arzneimittelgesetz:
47 (1) 2 Arzneimittelgesetz
„(1) Pharmazeutische Unternehmer und Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, außer an Apotheken nur abgeben an
1. […]
2. Krankenhäuser und Ärzte, soweit es sich handelt um a) aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile, die, soweit es sich um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt, von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen […].“
Grundlage dieses speziellen „Zentrumspreises“ für Hämophiliezentren ist ein Urteil des BSG demgemäß Pharm. Hersteller ihre Antihämophilie-Präparate direkt an entsprechend qualifizierte Ärzte liefern dürfen und diese aufgrund des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots auch zum Bezug direkt beim Hersteller verpflichtet sind.
Das BSG verurteilte eine Ärztin, einen Kassen-Regress in Höhe von 16.000 Euro zu bezahlen, da sie die Präparate „unwirtschaftlich“ über eine Apotheke bezogen hatte.
Krankenkassen sehen dieses Urteil als „Verpflichtung“, nicht mehr als diesen sogenannten „Zentrumspreis“ zu bezahlen, selbst wenn das Präparat über eine Apotheke bezogen wurde.
Apotheken dürfen, durch BGH- und BVerwG-Urteile von 2012 bzw. 2015 bestätigt, lediglich als „pharmazeutische Abgabestelle“ für Dritte agieren, da im Grunde ein Direktbezug zwischen Arzt und Pharmazeutischem Hersteller vorgesehen ist.
Apotheken sind demnach von der Versorgung mit Antihämophile-Präparaten gerichtsbestätigt zwar nicht ausgeschlossen, in unserem Fall muss die betroffene Apotheke jedoch zu dem mit den Kassen vereinbarten „Zentrumspreis“ versorgen, obwohl sie zum regulären EK beliefert wurde.
Im aktuellen Fall ergibt sich dadurch ein Verlust in Höhe von ca. 4.600 Euro gegenüber dem eigenen EK. Dauerhafte Verkäufe unter EK-Preis sind wiederum laut einem BGH-Urteil von 2002 verboten. Außerdem ist die Apotheke auch gesetzlich dazu verpflichtet, ärztliche Verordnungen aufgrund des Kontrahierungsgebots zu beliefern.
Dieser Konflikt ist für die Apotheken nicht akzeptabel, da in unserem Beispiel der Apotheke statt des von der TK erstatteten „Zentrumspreis“ ein wesentlich höherer „Vertragspreis“ angezeigt wurde, der sie direkt in die Retaxfalle führte.
Hier sind verbindliche Vorgaben zu vereinbaren, die der Apotheke auch durch ihre EDV angezeigt werden müssen. Zudem müssen solche „Zentrumspreises“ auch vom Kontrahierungszwang ausgenommen und steuerliche Fragen geklärt werden.
DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus
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