4 Taxzeilen: Retaxgefahr?

Zunehmend problematisch für unsere Rezepttaxierung wird die mittlerweile sehr umfangreiche Sammlung von Sonder-Pharmazentralnummern, die den Krankenkassen die Abrechnung erleichtern sollen und daher meist unverzüglich in die Apothekenlieferverträge übernommen werden. Mittlerweile ist man erstaunt, wie schnell z. B. unser Rahmenvertrag geändert werden kann, wenn es im Interesse der gesetzlichen Krankenkassen ist. Dagegen müssen Apotheker auf notwendige Änderungen mancher Dauerprobleme meist sehr lange warten – falls diese überhaupt in Angriff genommen werden.

Hinzu kommt, dass alle Sonder-PZN bevorzugt in der ersten Taxzeile stehen sollen, die es jedoch nur einmal gibt. Daher hatten wir hier schon darüber berichtet, wie damit umzugehen ist, wenn mehrere Sonder-PZN bei einer Verordnung zusammentreffen.

Ein ähnliches Problem ist, dass manche EDV-Systeme die Auskunft geben, dass es nicht zulässig sei, mehr als 3 Taxzeilen in einer Verordnung zu bedrucken. Laut anderen Systemen ist es wiederum kein Problem, auch eine vierte Taxzeile zu nutzen. Nun erreichen uns immer wieder Anfragen, ob eine Bedruckung mit vier Taxzeilen u. U. sogar zu Retaxationen führen könnte.

Hier ein aktuelles Beispiel aus meinen Verordnungen, bei der drei Verordnungszeilen auf eine Wunscharznei (Aprovel 150 mg N3 PZN 02766249, eigene Druckzeile, Taxbetrag 0) mit der entsprechenden Sonder-PZN treffen und somit meine EDV eine vierte Taxzeile erzeugen musste.
Die alternative Möglichkeit, nämlich dass der Arzt ein zweites Rezept ausstellt, damit unsere Sonderzentralnummern und seine therapeutisch benötigten Medikamente untergebracht werden können, stößt sowohl in den Praxen als auch bei den Versicherten verständlicherweise auf wenig Verständnis.
Es bleibt die Frage, ob die pragmatische EDV-Lösung gegebenenfalls zu einer Retaxation gegen die Apotheke führen kann.

Wie ist die Rechts- bzw. die Vertragslage?

Apothekerverband Bayern BAV am 07.05.2020

„Sonderkennzeichen mit Taxe „0“ werden zur besseren Lesbarkeit in die erste Taxzeile gedruckt. Dies ist besonders wichtig, wenn Rezepte mit mehr als drei Positionen bedruckt werden. Bitte berücksichtigen Sie dies auch, falls Sie bis zur softwaretechnischen Umsetzung neue Sonderkennzeichen manuell aufbringen. Die Taxe des manuell aufgetragenen Sonderkennzeichens muss im Gesamtbrutto enthalten sein.“

Auch in der Technischen Anlage 1 nach § 300 SGB V Abschnitt 4 findet sich zumindest in Verbindung mit der häufig anzuwendenden Sonder-PZN 02567024 eine Vorschrift, die zeigt, dass die Verwendung von vier Taxzeilen nicht generell ausgeschlossen ist:

„...
Bei einer im Einzelfall aufgrund der Verwendung des Sonderkennzeichens 02567024 notwendigen Bedruckung der vierten Abrechnungszeile haben die Apotheken bzw. beauftragten Rechenzentren sicher zu stellen, dass alle Angaben auf eigene Kosten vollständig erfasst und nach den technischen Vorgaben übermittelt werden.“

Die Apotheken müssen somit „lediglich“ sicherstellen, dass ihre Rechenzentren alle Angaben vollständig erfassen und nach den technischen Vorgaben übermitteln.
Nun wird es gerade bei dieser Sonder-PZN seltener der Fall sein, dass eine vierte Taxzeile erforderlich wird, da die Sonder-PZN 02567024 durch ihren Zeilenbezug und die Faktordifferenzierung verschiedene Fälle abdeckt.

Ein generelles Verbot oder gar eine Retaxberechtigung bei Verwendung einer notwendigen vierten Taxzeile ist jedoch auch aus der Technischen Anlage 1 nicht abzuleiten.

Einen weiteren Hinweis gibt der Abschnitt 4.1 bis 4.2 der Technischen Anlage 1, der Ausnahmen nennt, in denen auf die Sonder-PZN verzichtet werden kann, falls sonst eine vierte Taxzeile erforderlich werden würde.

Technische Anlage 1

„4.1 Taxieren von BtM- und T-Rezept-Gebühren

Bei BtM-Rezepten wird im Anschluss an die verordneten Mittel das Sonderkennzeichen 02567001 in das Feld „Arzneimittelkennzeichen“, die Anzahl der verordneten Betäubungsmittelzeilen in das Faktorfeld und die Summe der BtM-Gebühren in das Feld „Taxe“ eingetragen. Darauf kann ausnahmsweise verzichtet werden, wenn dadurch mehr als drei Arzneimittelkennzeichen zu bedrucken sind. Im Feld „Gesamt-Brutto“ wird die BtM-Gebühr hinzuaddiert. ...

4.2 Taxieren von Noctu-Gebühren

Sofern der Arzt das Feld „Noctu“ angekreuzt hat, wird im Anschluss an die verordneten Mittel das Sonderkennzeichen 02567018 in das Feld „Arzneimittelkennzeichen“, der Wert „1“ in das Faktorfeld und die Noctu-Gebühr in das Feld „Taxe“ eingetragen. Darauf kann ausnahmsweise verzichtet werden, wenn dadurch mehr als drei Arzneimittelkennzeichen zu bedrucken sind. Im Feld „Gesamt-Brutto“ wird die Noctu-Gebühr hinzuaddiert.“

Hoffen wir, dass sich bald eine bessere Lösung finden wird, die weniger von den benötigten Verordnungszeilen belegt und dass man sich die Mühe macht, nach ihr zu suchen.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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