Zwei mal drei macht vier …
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Wenn Abrechnungszentren sich die Welt machen, wie sie ihnen gefällt
Ein Kommentar von Thomas Noll
Nahezu jeder, der einmal im Handverkauf gestanden hat, kennt Verordnungen wie diese: „6 x Fresubin 2 kcal Trinkflaschen PZN 06964704“. Für denjenigen, der den Patienten bestmöglich beliefern möchte, bedeutet dies: Es sind von diesem Artikel, der per PZN definiert ist und 4 Flaschen enthält, 6 Einheiten abzugeben. Wenn es jedoch nach dem einen oder anderen Abrechnungszentrum geht, müssten Sie hier lediglich 6 Flaschen abgeben. Dass dies schmerzhaft teuer werden kann, musste eine Apotheke am eigenen Leib erfahren.
Man soll nicht mit zweierlei Maß messen – hinter dieser Redewendung verbirgt sich im Kern eins: Man kann für einen Sachverhalt nicht die eine Regelung anwenden und für den gleichen Sachverhalt zum gleichen Zeitpunkt dann eine andere. Was hat das mit Apotheken zu tun?
Eine ganze Menge. Zuletzt wurde nämlich erneut eine Apotheke Opfer von „zweierlei Maß“. So wurden zeitgleich zwei Verordnungen eingereicht: zum einen über „5 VE Nutriflex Lipid plus Novo 2500 ml/2530 kcal PZN 13872517“, zum anderen über „2 VE Vitalipid PZN 04836824“, „2 VE Soluvit N PZN 04855425“ und „1 VE Addaven PZN 11057753“. Die Arzneimittel selbst sind für diesen Fall unerheblich – daher konzentrieren wir uns hier auf die Mengen. Eine VE Nutriflex, sprich Verpackungs- oder Verkaufseinheit des Präparats, enthält 5 Beutel mit jeweils 2500 ml Inhalt. Wenn nun also 5 Verpackungseinheiten verordnet sind, so macht das nach Adam Riese 25 Beutel mit jeweils 2500 ml Inhalt. Allerdings gelten Kürzel wie VE, OP oder auch VPE als veraltet und sollen vom Arzt nicht mehr verwendet werden. Für das Abrechnungszentrum war dies natürlich der perfekte Anlass, prompt die Retaxierung folgen zu lassen. Gekürzt wurde dabei auf eine VE, also 5 Beutel, da ja schließlich eine 5 in der Verordnung vorkomme und dies somit die verordnete Menge sei. Das Ergebnis: eine Absetzung in Höhe von 8.000 €. Nun hätte man bei der Abgabe in der Apotheke sicherlich hellhörig werden können und aus der Verordnung ein „5 x 5 x 2500 ml“ machen lassen können, damit die Verordnung eindeutig definiert ist und die Krankenkasse nachvollziehen kann, was genau verordnet ist.
Doch offenbar verstand diese sehr wohl, was mit „1 VE“ gemeint ist. Denn bei der zweiten Verordnung, auf der ebenso Mehrfachverordnungen mit dem Kürzel „VE“ vorgenommen wurden, wurde von Seiten der Krankenkasse nichts beanstandet – hier bestand niemand auf der Abgabe einer einzelnen Ampulle Addaven – es durften die 20 x 10 ml, die in der Packung enthalten sind, abgegeben werden. Die Apotheke, die selbstredend Einspruch einlegte, fügte sogar ein Schreiben des verordnenden Arztes bei, in dem er schilderte, dass die Abgabe exakt seiner Verordnung entsprochen habe und somit ordnungsgemäß durch die Apotheke beliefert worden sei – ohne Erfolg. Die Krankenkasse lehnte den Einspruch ab.
Fälle wie dieser zeigen, wie wichtig es für Apothekenmitarbeiter geworden ist, jede Verordnung doppelt und dreifach zu hinterfragen, vor allem, wenn es um hochpreisige Arzneimittel geht. Wer versucht, den Patienten bestmöglich zu versorgen, hat nicht selten das Nachsehen – selbst wenn vom Arzt bestätigt wird, dass seiner Verordnung genau entsprochen wurde. Die Ironie an diesem Fall ist, dass das Rezept vermutlich problemlos durchgerutscht wäre, wenn anstelle von 5 VE eine Verordnung über 6 VE vorgenommen worden wäre – denn hier wäre dem Mitarbeiter des Abrechnungszentrums sicherlich aufgefallen, dass eine Abgabe von 6 Beuteln Unsinn wäre. Anhand der Tatsache, dass die zweite Verordnung anstandslos hingenommen wurde, drängt sich der Verdacht auf, dass bei den Krankenkassen teils willkürlich nach Fehlern oder Ungenauigkeiten gesucht wird – mit dem Ziel, Kosten einzusparen, und diese Kostenersparnis über das Wohl des Patienten und das des gesamten Gesundheitssystems zu stellen.
Wir hoffen, dass die Retaxierung in Folge eines weiteren Einspruchs zurückgenommen wird. Alles andere wäre ein trauriger Präzedenzfall für die gesamte Apothekenwelt.
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