Preisankerüberschreitung offiziell geregelt

Änderungsvereinbarung zum Rahmenvertrag

Der Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung wurde zum 1. August 2020 angepasst. Geändert wurde § 11, in dem es um den Vorrang der Rabattverträge geht. Hintergrund der Änderungen ist das Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz, mit dem unter anderem beschlossen wurde, dass GKV-Versicherte bei Nichtlieferbarkeit des Rabattarzneimittels und anderer aufzahlungsfreier Alternativen die Mehrkosten nicht selbst bezahlen müssen.

Ergänzt wurden die folgenden Absätze.

11 Abs. 2–4 Rahmenvertrag

„(2) Sind alle rabattierten Arzneimittel, welche nach Absatz 1 auszuwählen wären, bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke zur Abgabe eines gemäß § 2 Absatz 10 lieferfähigen wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V berechtigt. Für die Feststellung der Nichtverfügbarkeit ist in Abweichung von § 2 Absatz 11 der Nachweis durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei einem Großhandel ausreichend. Die Auswahl richtet sich bei Arzneimitteln nach § 9 Absatz 2 nach den Vorgaben in § 12 und bei Arzneimitteln nach § 9 Absatz 1 nach den Vorgaben in § 13. Kann auch aufgrund dieser Regelungen eine Versorgung nicht erfolgen, kann von den Vorgaben der §§ 2 Absatz 7 Satz 5, 12 Absatz 1 Satz 4, 12 Absatz 2 Satz 1 und 13 Absatz 2 Satz 2 abgewichen werden.

(3) Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten. Bezugsgröße für die Bemessung der Zuzahlung nach § 61 Satz 1 SGB V ist der Abgabepreis des Arzneimittels.

(4) Das Nähere zur technischen Umsetzung der vorgenannten Vorgaben der Absätze 2 und 3 regeln die Vertragspartner im Vertrag nach § 300 SGB V in den Technischen Anlagen.“

Hier ist nun festgelegt, dass Apotheken bei Nichtverfügbarkeit des Rabattarzneimittels ein anderes lieferbares wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben dürfen, das den Aut-idem-Kriterien nach § 129 Abs. 1 Satz 2 SGB V entspricht. Dabei ist zunächst die Abgaberangfolge des Rahmenvertrages zu beachten:

  • Bei Arzneimitteln, die ohne Aut-idem-Kreuz verordnet sind und zum Markt preisgünstiger Arzneimittel nach § 12 Abs. 1 Rahmenvertrag gehören, ist wie gehabt zu prüfen, ob eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel lieferbar ist. Wenn dies nicht der Fall ist, darf das nächstpreisgünstigste lieferbare Arzneimittel abgegeben werden. Hier ist zunächst noch auf den Preisanker, den der Arzt mit der namentlichen Verordnung eines bestimmten Präparats setzt, zu achten.
  • Bei Arzneimitteln, die dem importrelevanten Markt zuzuordnen sind, darf laut § 13 Rahmenvertrag ein Arzneimittel ausgewählt werden, das nicht teurer als das verordnete ist, wobei preisgünstige Importe zu bevorzugen sind. Bei Parallelarzneimitteln (Mehrfachvertrieb) darf das abgegebene Arzneimittel zudem nicht teurer als das preisgünstigste der Parallelarzneimittel sein.

Preisankerüberschreitung erlaubt

Sind die Optionen entsprechend der Abgaberangfolge ebenfalls nicht lieferbar, ist nun eindeutig geregelt, dass die Apotheke den Preisanker überschreiten darf. Das gilt sowohl für den Markt preisgünstiger Arzneimittel (§ 12 Abs. 1 Satz 4) als auch für den importrelevanten Markt (§ 13 Abs. 2 Satz 2). Darüber hinaus darf in dem Fall bei Parallelarzneimitteln auch ein teureres als das preisgünstigste Parallelarzneimittel abgegeben werden (§ 12 Abs. 2 Satz 1). Importe, die teurer als das Original sind und üblicherweise als unwirtschaftlich gelten (§ 2 Abs. 7 Satz 5), dürfen ebenfalls in die Auswahl einbezogen werden, wenn es aufgrund von Nichtverfügbarkeit der anderen Optionen erforderlich ist.

Neu ist zudem, dass für den Nachweis der Nichtverfügbarkeit bei Rabattarzneimitteln die Verfügbarkeitsanfrage bei einem Großhandel ausreichend ist. In § 2 Abs. 11 werden für den Nachweis eigentlich zwei Verfügbarkeitsanfragen gefordert.

Dokumentation mit Sonder-PZN 02567024

Für die Dokumentation der Nichtverfügbarkeit, auch bei Preisankerüberschreitung, wird das Sonder­kenn­zeichen 02567024 mit den Faktoren 2 oder 4 verwendet.

Dies ist einem Kommentar der Vertragsparteien in der Änderungsvereinbarung zu entnehmen:

„Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Apotheke zur Umsetzung des Absatz 4 auf dem Arzneiverordnungsblatt in das Feld „Arzneimittelkennzeichen“ das zwischen den Vertragspartnern des Vertrages nach § 300 SGB V – Technische Anlage 1 vereinbarte Sonderkennzeichen zur Nichtverfügbarkeit „02567024“ und in das Feld „Faktor“ die Ziffern „2“ o-der „4“ sowie in das Feld „Taxe“ den Betrag „0“ einträgt.“

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