Retaxation erlaubt, wenn der Arztstempel fehlt

Das Sozialgericht (SG) Reutlingen hat entschieden, dass eine Null­retaxation gerecht­fertigt ist, wenn auf dem Rezept der Arzt­stempel fehlt. Im strittigen Fall war auf dem Rezept nur die Arzt­unterschrift vorhanden, der Stempel fehlte komplett. Das Gericht vertritt die Ansicht, dass das Fehlen des Stempels kein unbedeutender Form­fehler ist.

Die Apotheke hatte ein Rezept abgerechnet, auf dem der Arztstempel fehlte. Die Unterschrift war vorhanden. Verordnet war das Arzneimittel „Votrient® 400 mg 60 St.“. Die Krankenkasse beanstandete das Rezept mit der Begründung „Arztstempel fehlt, nachträgliche Arztbestätigung/Verordnung wird nicht anerkannt“ und forderte den gesamten Rezeptbetrag von über 4.000 Euro zurück.

Nachdem die Einsprüche – einschließlich einer nachträglichen Bestätigung des Arztes – erfolglos geblieben waren, zog die Apotheke vor Gericht. Das SG Reutlingen hat die Klage im Februar 2019 jedoch abgewiesen.

Das Gericht begründet die Entscheidung wie folgt:

  • Es lag keine gültige ordnungsgemäße vertragsärztliche Verordnung vor, da der Arztstempel fehlte. Dieser muss laut gültigem Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen auf dem Rezept zu finden sein, damit dieses ordnungsgemäß ist.
  • Die Vorgaben der Arzneimittelverschreibungsverordnung wurden nicht eingehalten. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AMVV sind die Arztangaben eine Pflichtangabe auf einer Verschreibung.
  • Der Arzt hätte den Stempel ergänzen müssen. Die Apotheke war zur Ergänzung des gesamten Arztstempels gemäß § 4 Abs. 2 des Arzneiversorgungsvertrages nicht berechtigt.
  • Die Korrektur des Rezeptes hätte vor der Abgabe des Arzneimittels erfolgen müssen.
  • Fehlt der gesamte Arztstempel, handelt es sich nicht um einen unbedeutenden Formfehler.
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