Rabattverträge: Höhe der Rabatte bleibt geheim
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Rabattarzneimittel sind für gesetzliche Krankenkassen die wirtschaftlichste Abgabe, das ist jedem Apothekenmitarbeiter klar – nicht zuletzt da die Bevorzugung rabattierter Arzneimittel in den Lieferverträgen vorgeschrieben ist und bei unbegründeter Nichtabgabe eine Nullretaxation folgen kann. Ein Recht, zu erfahren, wie hoch die tatsächlich zwischen Kasse und Pharmaunternehmen vereinbarten Rabatte sind, haben Apotheker aber nicht. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Juni 2020.
Demnach fallen individuell vereinbarte Rabattverträge unter das Geschäftsgeheimnis des Pharmaunternehmens, aber auch das der Krankenkasse. Die Inhalte, also z. B. die Rabatthöhe, können daher nur offengelegt werden, wenn beide Vertragsparteien einverstanden sind.
Wettbewerbsrelevantes Geheimhaltungsinteresse
Die Entscheidung begründet das Gericht damit, dass die vereinbarten Rabatte Rückschlüsse auf die Gewinnmarge des Pharmaunternehmens und die kalkulatorischen Grundlagen zulassen. Außerdem würden andere Krankenkassen erfahren, zu welchen Konditionen das Unternehmen bereit war, dem Rabattvertrag zuzustimmen. Auch dass das entsprechende Arzneimittel (Prograf) auf der Substitutionsausschlussliste steht, rechtfertigt laut BVerwG nicht die Annahme einer fehlenden Wettbewerbsrelevanz, da der Hersteller (in dem Fall Astellas) immer noch im Wettbewerb mit Importeuren steht. Da der Rabattvertrag zum Abgabezeitpunkt nicht unter ein Open-House-Verfahren fiel, sondern individuell ausgehandelt wurde, ist die Rabatthöhe zudem nicht ohne Wettbewerbsdruck und auf eine reine Vorgabe der Krankenkasse hin zustande gekommen, so das Gericht.
Die Offenlegung der Rabatte würde darüber hinaus auch die wirtschaftlichen Interessen der Sozialversicherungen beeinträchtigen. Wären die individuell vereinbarten Rabatte bekannt, könnte das die gesamte Funktionsfähigkeit des Systems von Rabattvereinbarungen (§ 130a Abs. 8 SGB V) in Frage stellen.
Hintergrund
Die Streitigkeiten nahmen ihren Anfang, als ein Bielefelder Apotheker von der ostwestfälischen BKK Diakonie auf null retaxiert wurde, da er einen Rabattvertrag zu Prograf (Astellas) missachtet hatte. Prograf (Tacrolimus) fällt zwar unter den Substitutionsausschluss nach Anlage VII der Arzneimittel-Richtlinie, der Austausch im Verhältnis von Original- zu Importarzneimitteln war und ist aber weiterhin erlaubt, sodass hier auch Rabattverträge zu beachten sind. Um die Retaxation zu entkräften, forderte der Apotheker bei der Kasse die tatsächliche Rabatthöhe für das rabattierte Prograf an. Nachdem die Kasse sich geweigert hatte, kam es zum Gerichtsverfahren, das zunächst positiv für den Apotheker ausging. Das Verwaltungsgericht Minden entschied, dass der Apotheker einen Auskunftsanspruch gegenüber der Kasse hat (VG Minden, Urteil vom 15. Februar 2016, Az.: 7 K 2774/14 – III). Die Kasse wehrte sich jedoch gegen das Urteil und bekam nun vom Bundesverwaltungsgericht Recht.
Das BVG räumt dem Apotheker zwar einen grundsätzlichen Informationszugangsanspruch ein, da es sich bei einer gesetzlichen Krankenkasse um eine Behörde des Bundes handele (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Informationsfreiheitsgesetz – IFG), die Ausschlussgründe überwiegen diesen Anspruch jedoch.